Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben in einem Auto

Sieben in einem Auto

Titel: Sieben in einem Auto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
Vom Netzwerk:
Kartoffeln fangen an zu kochen. So mit richtigem Feuer ist das viel schöner.“
    „Finde ich auch“, stimmte Sascha zu. „Und es geht auch viel schneller.“
    Herr Heger schüttelte den Kopf.
    „Nein, schneller geht es nicht. Man muß das Feuer ja erst anzünden und warten, bis es richtig brennt, das nimmt alles Zeit in Anspruch. Stimmungsvoller ist es natürlich. Aber wer hat heute noch Zeit für Stimmungen beim Kaffeekochen oder bei der Zubereitung des Mittagessens? Heute muß alles ruckzuck gehen, Zeit ist Geld bei den meisten Menschen. Stimmungen hebt man sich für den Urlaub auf. Das tun wir ja auch, wie ihr gerade erlebt.“
    „Mit dem Feuer fing alles an“, sagte Sascha sinnend. „Unser Erdkundelehrer hat uns erzählt, daß der Mensch durch das Feuer erst zum Menschen wurde. Vorher hockte er als Affe auf den Bäumen und fraß Kokosnüsse und Bananen.“ Jan blickte seinen großen Bruder zweifelnd an.
    „War der Mensch früher ein Affe?“ fragte er.
    „Ja“, antwortete Sascha, „das weiß man genau.“
    „Warst du auch mal ein Affe?“
    „Klar!“ rief Conny. „Und du bist heute sogar noch einer.“ Jan tippte sich an den Kopf.
    „Ich meine doch ein’n richtigen Affen, Mensch!“ empörte er sich. „Und nicht so was Beschimpfiges!“
    Sascha klopfte Jan auf die Schulter.
    „Unser Ur-Ur-Ur-tausendmal-Urgroßvater war ein Affe. Seine Kinder wurden nach und nach Menschen. Das ist schon ganz lange her. Wir wurden alle schon als Menschen geboren.“
    Frau Heger hatte inzwischen die Eier aufgeschlagen, verrührt und in die Pfanne getan. Sie achtete darauf, daß nichts anbrannte, und verteilte dann alles gerecht an die Kinder, ihren Mann und sich selbst.
    „Meint einer, daß er zuwenig gekriegt hat?“ fragte sie. „Der kann mit mir tauschen.“ Die Kinder schauten kritisch auf ihren Teller und die der anderen, aber keiner wollte mit dem Teller der Mutter tauschen, denn auf dem war auffällig weniger als auf allen übrigen. Herr Heger schnitt für jeden eine Scheibe Brot ab, und dann nahmen sie das erste Abendessen in ihrer neuen Wohnung ein.
    Im Herd knisterten und knallten die Holzscheite, und vor den Fenstern wuchs die Nacht. Frau Heger stand auf, um das elektrische Licht einzuschalten, aber ihr Mann bat sie, es noch auszulassen.
    „Wir sind ja fast fertig mit dem Essen“, sagte er, „und brauchen kein Licht. Wenn wir die Herdklappe wieder öffnen, wirft das Feuer seinen Schein in die Küche, das ist viel stimmungsvoller. Dabei kann man gut Geschichten erzählen.“
    „Auja“, drängte Jan, „erzähl uns eine Geschichte!“
    Aber dazu kam es nicht, denn in diesen Sekunden aufmerksamer Erwartung, in denen keiner sprach, sich alle nur, wie schon so oft, darauf einstellten, eine gleichermaßen zum Lachen reizende wie spannende Geschichte zu erleben, hörten sie, daß in dem Zimmer über ihnen etwas auf den Fußboden polterte.
    „Was war das?“ fragte Frau Heger erschrocken. „Da oben ist doch nur unser Stefan!“
    Sie hielten den Atem an und lauschten. Da vernahmen sie, wie etwas über den Fußboden schlurfte und tappte.
    „Ist das ein Einbrecher?“ fragte Jan ängstlich.
    „Nein“, antwortete Herr Heger, „ich glaube eher, ein Ausbrecher. Kommt, wir schauen mal nach, bevor unser Stefan die Treppe herunterkollert.“
    Sie hasteten alle nach oben in das Schlafzimmer der Eltern, machten Licht und sahen, daß das Kinderbett leer war. Eine der senkrechten Streben an der Seite fehlte, die hatte Stefan wohl herausgedrückt und auf den Fußboden poltern lassen. Durch die Lücke mußte er dann hinausgeklettert sein. Aber wo steckte er? Auf dem Balkon? Das konnte sein, denn die Tür war nur angelehnt.
    Frau Heger flatterte das Herz.
    „Mein Gott“, flüsterte sie, „da kann er doch runterfallen!“
    „Unmöglich“, sagte Herr Heger, „die Zwischenräume zwischen den Brettern sind zu klein, da paßt er nicht durch.“
    „Und wenn ein Brett herausgebrochen ist?“ fragte Frau Heger aufgeregt. „Bei so einem alten Haus ist doch bestimmt nicht mehr alles in Ordnung.“
    „Gar nicht vom Balkon gefallen!“ rief Jan in diesem Augenblick. „Krabbelt unterm Bett rum, hier unter mein’m Bett! Kommst du mal raus, du Schlingel!“ lockte er. „Mußt doch nicht unter Jans Bett rumkrabbeln, kriegt Jan doch Angst!“
    „Nun schau sich einer den Racker an!“ rief Herr Heger und lachte. „Zerlegt im Dunkeln seinen Käfig in alle Einzelteile, steigt aus, tappt über den Balkon in das

Weitere Kostenlose Bücher