Sieben Jahre Sehnsucht
preisgegeben hatte, als sie sollte. Rasch lenkte sie auf ein anderes Thema über. »Ich habe mich über Ihren Besuch neulich sehr gefreut. Ich wünschte, Sie würden mir öfter Ihre Aufwartung machen.«
»Ich wünschte, das könnte ich, Hester.« Seine Stimme war leise und vertraut, sein Blick verhangen. »Ich werde es versuchen.«
Sie verabschiedeten sich. Bei der Rückkehr in den Laden gelang es Hester nur mit größter Willensanstrengung, sich nicht nach Michael umzudrehen. Niemand würde sich etwas dabei denken, wenn sie sich kurz mit dem Schwager ihrer Schwester unterhielt. Etwas anderes wäre es freilich, wenn man sie dabei beobachtete, wie sie sich den Hals nach ihm verrenkte.
Als sie sich wieder zu ihren Bekannten gesellte, bemerkte Lady Bencott: »Der Titel passt zu Tarley.«
Hester nickte, doch sie wusste um den Kummer und die Belastungen, die mit dieser neuen Stellung verbunden waren.
»Mit etwas Glück, Emily«, fuhr Lady Bencott fort, »werden Sie mit einem neuen Hut seine Aufmerksamkeit erregen und eine gute Partie an Land ziehen.«
»Oh, ich wünschte, ich hätte dieses Glück.« Em nahm einen weiteren unvorteilhaften Hut von ihren hübschen rabenschwarzen Locken. »Ich schwärme schon seit geraumer Zeit für ihn.«
Angesichts Emilys verträumten Tons spürte Hester einen Stich in der Brust. Sie sagte sich, es sei lediglich ein Symptom der Schwangerschaft, nichts Dramatisches oder Ungeheuerliches … wie Eifersucht.
»Du wolltest mich sprechen?«
Michael blickte vom Schreibtisch auf, als seine Mutter sein Arbeitszimmer betrat. Trotz der nicht unbeträchtlichen Größe des Zimmers schien die schlanke Gestalt der Countess of Pennington den ganzen Raum einzunehmen. Diese Präsenz verdankte Elspeth Sinclair ihrer enormen Willenskraft und ihrem selbstbewussten Auftreten, was durch ihre Schönheit und ihre Eleganz auf das Vortrefflichste unterstrichen wurde.
»Ja.« Er legte die Feder beiseite und erhob sich. Während er um den Mahagoni-Schreibtisch herumging, bat er seine Mutter mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen, ehe er sich lächelnd ihr gegenübersetzte. »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
Seine Mutter sah ihn aufmerksam an. Der Schmerz über den Verlust ihres geliebten Sohnes spiegelte sich in den Tiefen ihrer dunklen Augen, und Trauer umgab sie wie eine düstere Wolke. »Du weißt, du brauchst nur zu fragen. Wenn es in meiner Macht steht, dir zu helfen, so werde ich es tun.«
»Danke.« Er sammelte sich, überlegte, wie er sein Anliegen am besten formulieren sollte.
»Wie geht es dir?« Elspeth verschränkte die Hände im Schoß und hob ihr Kinn. Ihr Haar war an den Schläfen von silbernen Strähnen durchzogen, doch ihr Gesicht wies kaum Anzeichen von Alterung auf. Sie war immer noch schön und bewundernswert gefasst. »Ich habe versucht, dir so viel Privatsphäre wie möglich zu gewähren, aber ich gestehe, ich mache mir Sorgen um dich. Seit Benedict von uns gegangen ist, bist du nicht mehr derselbe.«
»Das gilt für uns alle.« Laut ausatmend, lehnte er sich zurück.
Dieses Gespräch stand schon seit einiger Zeit an. Seine Mutter hatte bemerkenswerte Zurückhaltung gezeigt, wenn man bedachte, dass sie normalerweise über jedes Detail, das ihre engste Familie betraf, genau informiert werden wollte. Während Pennington auf dem Land trauerte, weilte Elspeth nun bereits seit Wochen in der Stadt und bewegte sich so unauffällig wie nur möglich an der Peripherie von Michaels neuem Leben. Sie traf Freunde und nahm an gesellschaftlichen Unternehmungen teil, doch Michael kannte den wahren Grund für ihr Kommen, nämlich um für ihren verbliebenen Sohn eine Stütze zu sein, während er – erfolglos – versuchte, die innere Leere auszufüllen, die der Tod seines Bruders hinterlassen hatte.
»In aller Unschuld«, sagte Michael jetzt matt, »haben wir Benedict immer als selbstverständlich angesehen. Es ist uns niemals in den Sinn gekommen, dass er eines Tages von uns gehen und uns hilflos zurücklassen könnte.«
»Du bist nicht hilflos«, wandte Elspeth ein. »Du hast sehr wohl die Fähigkeit, deinen neuen Verpflichtungen auf deine Weise nachzukommen. Niemand verlangt, dass du alles genau so machst wie Benedict. Du kannst deinen eigenen Weg gehen.«
»Ich versuche es.«
»Du gibst dir sehr viel Mühe, dich in die Form zu zwängen, die dein Bruder hinterlassen hat. Bitte glaube nicht, dass dein Vater und ich das von dir erwarten.«
Michael lächelte. »Er ist ein Vorbild,
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