Sieben Jahre später
seine Hornbrille auf.
»Ich habe den Auftrag, Mister und Misses Sebastian Larabee um elf Uhr von dem Delta-Airlines-Flug aus New York abzuholen. Das sind Sie doch, oder?«
Die beiden nickten erstaunt.
»Wer hat den Wagen reserviert?«, erkundigte sich Nikki.
»Das weiß ich nicht, Madame. Da müssen Sie im Sekretariat des Luxury Cab nachfragen. Das Einzige, was ich Ihnen sagen kann, ist, dass die Reservierung heute Morgen in unserer Firma bestätigt worden ist.«
»Und wo sollen Sie uns hinbringen?«
»Nach Montmartre, Monsieur. Zum Grand Hôtel de la Butte , und das ist, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, eine hervorragende Wahl für einen romantischen Urlaub.«
Sebastian musterte ihn. Innerlich kochte er vor Wut.
Ich bin nicht zu einem romantischen Urlaub hier. Ich bin hier, um meinen Sohn zu finden!
Nikki beruhigte ihn mit einer Handbewegung. Der Chauffeur war vermutlich nur eine Randfigur in einem groß angelegten Spiel, von dem er nichts wusste. Es war besser, das Risiko einzugehen, ihm zu folgen, ohne Aufsehen zu erregen, und zu sehen, wohin er sie bringen würde.
Also gingen sie mit ihm, wenn auch äußerst skeptisch.
Der Mercedes fuhr über die Autoroute du Nord.
Spencer hatte einen Klassiksender eingestellt und bewegte den Kopf im Rhythmus von Vivaldis Vier Jahreszeiten .
Im Fond des Wagens sahen Sebastian und Nikki die Ortsschilder auf dem Weg zur Hauptstadt vorbeiziehen: Tremblay-en-France, Garges-lès-Gonesses, Le Blanc-Mesnil, Stade de France …
Sie waren seit siebzehn Jahren nicht mehr in Paris gewesen. Sie erinnerten sich an diese erste Reise, doch die Sorge um ihren Sohn hinderte sie daran, den Bildern nachzuhängen.
Der Wagen fuhr über den Périphérique und dann über die Boulevards des Maréchaux zum alten Montmartre. Die Bäume hatten ihr Herbstgewand angelegt, und leuchtend rot gefärbtes Laub bedeckte die Bürgersteige.
Spencer bog in eine Sackgasse, die von Villen gesäumt war. Nachdem sie durch ein schmiedeeisernes Tor gefahren waren, erreichten sie einen üppigen, wilden Garten – eine ländliche Insel im Herzen der Hauptstadt. Die Limousine hielt vor dem Hotel: ein großes weißes Gebäude von schlichter Eleganz.
»Ich wünsche den Herrschaften einen wundervollen Aufenthalt«, sagte der Chauffeur und lud ihr Gepäck aus.
Noch immer auf der Hut, betraten Nikki und Sebastian die Halle. Der Retroswing eines Jazztrios empfing sie. Das Interieur war stilvoll und behaglich wie ein liebevoll eingerichtetes Privathaus. Die geometrischen Formen des Art-déco-Mobiliars erinnerten an die 1920er- und 1930er-Jahre: Klubsessel, Buffet aus Maulbeerfeige, Le-Corbusier-Lampen, Konsolen aus poliertem Holz, Einlegearbeiten aus Elfenbein und Perlmutt.
Die Rezeption war verwaist. Zur Linken des Eingangs lag ein kleiner Salon, der in eine Bibliothek überging und zum Lesen einlud, zur Rechten befand sich ein langer Mahagonitresen, der als Cocktailbar diente.
Als sie das Klappern von Absätzen auf dem gefliesten Boden hörten, drehten sich die beiden um und erblickten in der Tür zum Speisesaal die elegante Erscheinung der Hausherrin.
»Ich nehme an, Sie sind Monsieur und Madame Larabee? Wir haben Sie erwartet. Herzlich willkommen im Grand Hôtel de la Butte «, sagte sie in perfektem Englisch.
Mit ihrem Pagenkopf, der knabenhaften Silhouette und dem Laméschlauchkleid, das über dem Knie endete, schien sie direkt einem Roman von Francis Scott Fitzgerald entsprungen. Sie trat hinter die Rezeption, um mit dem Ausfüllen der Papiere zu beginnen.
»Moment, entschuldigen Sie bitte«, sagte Sebastian, »aber woher kennen Sie uns?«
»Wir haben nur fünf Zimmer, und das Hotel ist ausgebucht. Sie waren die Einzigen, die noch nicht angereist sind.«
»Wissen Sie, wer unser Zimmer reserviert hat?«
Die Frau antwortete verwundert: »Das waren doch Sie selbst, Monsieur Larabee!«
»Ich?«
Sie sah auf den Bildschirm ihres Computers. »Die Reservierung wurde vor einer Woche über unsere Homepage vorgenommen.«
»Ist das Zimmer schon bezahlt?«
»Ja. Am Tag der Reservierung mit einer American Express Card auf den Namen Mister Sebastian Larabee.«
Ungläubig beugte sich Sebastian zu dem Bildschirm vor. Transaktion und Kartennummer waren deutlich zu erkennen. Kein Zweifel war möglich: Sein Konto war ausspioniert worden.
Verunsichert sah er Nikki an. Welches perverse Spiel spielten diejenigen, die sie hierher gelockt hatten?
»Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Nein, nein«, antwortete
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