Sieben Jahre später
zu seinem Assistenten.
»Ein wahres Gemetzel, Sie werden sehen, Lieutenant!«, warnte Mazzantini und hob das Absperrband an.
Und es war in der Tat kein schöner Anblick, der sich dem Cop beim Betreten der Bar bot.
Decker lag mit verdrehten Augen, vor Entsetzen verzerrtem Mund und aufgeschlitztem Bauch auf dem Billardtisch. Am Boden, einen Meter entfernt, eine weitere Leiche: ein Koloss mit kupferfarbenem Teint und Tätowierungen im Gesicht, dem man die Kehle mit einer langen Glasscherbe durchgeschnitten hatte.
»Wer ist das?«, fragte er und kniete sich neben den Toten.
»Keine Ahnung«, erwiderte Mazzantini. »Ich habe ihn durchsucht und weder Brieftasche noch Papiere entdeckt. Hingegen habe ich in einem Etui an seinem Knöchel ein Messer gefunden.«
Santos untersuchte den Inhalt der transparenten Plastiktüte, die sein Mitarbeiter ihm hinhielt. Es handelte sich um ein Messer mit Ebenholzgriff und einer scharfen Klinge.
»Er hat es nicht benutzt«, fuhr Mazzantini fort, »aber wir haben noch eine andere Entdeckung gemacht.«
Santos nahm das neue Beweisstück in Augenschein: ein KA-BAR-Kampfmesser mit einem breiten Ledergriff und einer fünfzehn Zentimeter langen Stahlklinge, wie es bei der amerikanischen Armee verwendet wurde. Mit dieser Waffe war vermutlich Drake Decker getötet worden.
Santos runzelte die Stirn. In Anbetracht der Lage der Leichen musste mindestens ein weiterer Mann zugegen gewesen sein.
»Hast du nicht gesagt, jemand hätte den Notruf alarmiert?«
»Ja, warte, ich habe die Aufzeichnung hier. Der Anruf wurde von einem Handy aus getätigt. Wir verfolgen die Spur, es wird nicht lange dauern.«
»Okay«, sagte Santos und erhob sich. »Sag Cruz, er soll möglichst deutliche Aufnahmen von der Gesichtstätowierung des Typen machen und auch das Messer fotografieren. Sobald du die Bilder hast, leite sie mir per Mail weiter. Ich will sie Reynolds vom Dritten Revier zeigen. Sie haben eine Anthropologin in ihrer Abteilung, die uns vielleicht weiterhelfen kann.«
»In Ordnung, Lieutenant, ich kümmere mich darum.«
Bevor er die Kneipe verließ, sah sich Santos noch einmal um: Weiße Overalls, Latexhandschuhe, Mundschutz – die Kriminaltechniker verrichteten schweigend ihre Arbeit. Mit UV-Lampen, Pinseln und Pulver bewaffnet, sammelten sie alle möglichen Beweisspuren, ehe der Ort versiegelt würde.
»Alles voller Fingerabdrücke, Lieutenant«, sagte Cruz, der Einsatzleiter.
»Auch an der Glasscherbe?«
»Ja, an der Außenseite. Sie sind frisch und deutlich. Amateurarbeit. Wenn der Kerl registriert ist, können wir innerhalb weniger Stunden seine Identität feststellen.«
Kapitel 23
Die Maschine der Delta Airlines landete um elf Uhr vormittags bei strahlendem Sonnenschein auf dem Flughafen Charles-de-Gaulle. Vor Erschöpfung hatten Nikki und Sebastian fast den ganzen Flug über geschlafen. Die paar Stunden Ruhe hatten ihnen gutgetan und gaben ihnen die Möglichkeit, den neuen Tag mit klarem Kopf zu beginnen.
Sie verließen das Flugzeug und warteten vor der Zollabfertigung.
»Und womit sollen wir anfangen?«, fragte Nikki und schaltete ihr Handy wieder ein.
»Lass uns zunächst zur Metrostation Barbès fahren. Wir könnten die Angestellten befragen und versuchen herauszufinden, woher der Film aus dieser Überwachungskamera kommt. Das ist doch eigentlich unsere einzige Spur.«
Sie nickte wortlos und zeigte dem Beamten ihren Pass.
Dann gingen sie an den Gepäckbändern vorbei in die Ankunftshalle. Hinter der Absperrung drängten sich die Menschen: Familien, die es eilig hatten, ihre Angehörigen zu sehen, Verliebte, die ungeduldig auf ihren Partner warteten, Fahrer, die Namensschilder in die Höhe hielten. Während Sebastian auf die Taxis zusteuerte, hielt ihn Nikki am Ärmel zurück.
»Sieh mal da!«
Inmitten der Menge hielt ein Mann in einem tadellosen Anzug eine Tafel in die Höhe.
Mr & Mrs LARABEE
Verblüfft sahen sie sich an. Niemand wusste, dass sie in Paris waren … außer den Entführern von Jeremy.
Mit einem Kopfnicken kamen sie überein, sich zu erkennen zu geben. Vielleicht führte diese Spur zu ihrem Sohn.
Der Mann empfing sie herzlich und sagte mit leichtem Oxford-Akzent: »Willkommen in Paris. Mein Name ist Spencer. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
»Warten Sie mal, was soll das Theater? Wo fahren wir hin?«, fragte Sebastian beunruhigt.
Stoisch, aber ein wenig hochmütig, zog Spencer ein Papier aus der Innentasche seiner Jacke, faltete es auseinander und setzte
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