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Sieben Jahre später

Sieben Jahre später

Titel: Sieben Jahre später Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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Modelagenturen beherrschen dieses Spiel perfekt, und oft verdiene ich nur so viel, dass ich ihre Provision und die Reisekosten bezahlen kann.
    Als ich auf den Bürgersteig trete, bricht einer meiner Absätze ab, und ich erreiche die Butte aux Cailles schließlich humpelnd, die Schuhe in der Hand, mein Selbstbewusstsein schwer angeschlagen.
    Noch nie habe ich von diesem auf einem Hügel liegenden Viertel gehört. Es gleicht noch einem kleinen, zeitlosen Dorf. Hier findet man keine breiten Avenuen oder haussmannschen Bauten, sondern kleine Pflasterstraßen und Provinzhäuser. Ich komme mir vor wie Alice »hinter den Spiegeln«.
    Mein Hotel in der Rue des Cinq Diamants ist ein altes schmales Haus mit einer etwas heruntergekommenen Fassade. Erschöpft und durchnässt betrete ich die schäbige Hotelhalle und reiche der Wirtin den Ausdruck meiner Reservierung.
    »Zimmer 21, Mademoiselle. Ihr Cousin ist vor einer Stunde angekommen«, verkündet sie mir, ohne mir meinen Schlüssel zu geben.
    »Mein Cousin? Was reden Sie da?«
    Ich verlange ein anderes Zimmer, sie antwortet mir, das Hotel sei ausgebucht. Ich bitte sie, die Polizei zu rufen, sie sagt mir, der Mann habe die Rechnung bereits bezahlt.
    Was hat diese verrückte Geschichte zu bedeuten?
    Wütend steige ich die Treppe hinauf, lasse meinen Koffer auf halber Höhe stehen und gehe in den zweiten Stock, um gegen die Tür von Zimmer 21 zu trommeln.
    Keine Antwort.
    Ohne mich aus der Fassung bringen zu lassen, gehe ich hinaus auf die Straße und umrunde das Hotel. Ich suche das Zimmerfenster des Eindringlings und schleudere einen meiner Pumps hinauf. Ich verfehle mein Ziel, aber ich habe ja noch einen zweiten Schuh. Dieses Mal prallt er gegen die Scheibe. Einige Sekunden verstreichen, bis ein Mann das Fenster öffnet und den Kopf herausstreckt.
    »Machen Sie hier diesen Radau?«, beklagt er sich.
    Ich kann es nicht glauben. Es ist … Sebastian Larabee, der verklemmte Geigenbauer aus Manhattan. Ich kann meine Wut kaum bezähmen.
    »Was tun Sie in meinem Zimmer?«
    »Stellen Sie sich vor, ich versuchte zu schlafen. Zumindest … bevor Sie einen derartigen Lärm gemacht haben.«
    »Und nun werden Sie mir den Gefallen tun, das Weite zu suchen!«
    »Nein, das glaube ich nicht«, antwortet er gelassen.
    »Mal im Ernst, warum sind Sie in Paris?«
    »Um Sie zu sehen.«
    »Um mich zu sehen? Aber warum? Und wie haben Sie mich überhaupt gefunden?«
    »Ich habe Ermittlungen durchgeführt.«
    Ich seufze. Na gut, der Typ hat sie nicht alle. Er muss auf mich fixiert sein. Es ist nicht das erste Mal, dass ich einem Verrückten begegne. Dabei war mir dieser hier ganz normal erschienen, freundlich, sanft …
    Ich bemühe mich um eine gleichgültige Miene.
    »Was genau erwarten Sie von mir?«
    »Eine Entschuldigung.«
    »Ach ja? Und warum?«
    »Erstens, weil Sie mir vor drei Monaten meine Brieftasche gestohlen haben.«
    »Die habe ich Ihnen doch zurückgegeben! Das war ein Spiel. Eine Möglichkeit, Ihre Adresse herauszufinden.«
    »Sie hätten mich nur danach fragen müssen, ich hätte Sie vielleicht sogar eingeladen!«
    »Ja, aber das wäre weniger lustig gewesen.«
    Eine Straßenlaterne beleuchtet das nasse Pflaster der Sackgasse. Sebastian Larabee bedenkt mich mit seinem schönsten Lächeln.
    »Weiterhin werfe ich Ihnen vor, sich davongemacht zu haben, ohne Ihre Adresse zu hinterlassen.«
    Ich schüttle den Kopf. »Was hat das schon zu bedeuten?«
    »Immerhin haben wir miteinander geschlafen, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Ja und? Ich schlafe mit jedem«, erwidere ich, um ihn zu provozieren.
    »Dann schlafen Sie heute eben draußen.« Damit beendet er das Gespräch und schließt das Fenster.
    Es ist dunkel und kalt. Ich bin erschöpft, aber verblüfft. Jedenfalls habe ich nicht die Absicht, mich von diesem Typ so behandeln zu lassen.
    »Na gut, Sie wollten es nicht anders!«
    An der Hauswand steht ein Plastikcontainer. Trotz meiner Müdigkeit steige ich darauf und ziehe mich an der Regenrinne hoch. Auf einem Blumenkasten abgestützt, lege ich im ersten Stockwerk eine Pause ein, bevor ich meine Kletterpartie fortsetze. Als ich nach oben blicke, sehe ich Sebastian hinter der Scheibe, dessen Gesicht sich verzerrt. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er mich entsetzt an.
    »Sie brechen sich noch das Genick!«, ruft er, nachdem er das Fenster aufgerissen hat.
    Überrascht weiche ich zurück und verliere fast das Gleichgewicht. In letzter Sekunde halte ich mich an der Hand fest, die er

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