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Sieben Jahre später

Sieben Jahre später

Titel: Sieben Jahre später Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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Bier und legte das Vorhängeschloss zurück in Nikkis Tasche. Dabei entdeckte er eine Schachtel Zigaretten, zündete sich eine davon an und nutzte die Gelegenheit, um ihre Brieftasche zu durchsuchen. Wie erwartet fand er ein neueres Foto ihrer Kinder. Wenn sie auch am gleichen Tag geboren waren, war es doch schwierig, eine Ähnlichkeit festzustellen. Jeremy war ein Nikovski, Camille eine Larabee – ihrer Mutter glich sie nicht im Geringsten. Sie war zwar hübsch, hatte aber ein rundes Gesicht mit Grübchen und Stupsnase. Jeremy hatte hingegen Nikkis polnischen Einschlag geerbt. Eine kühle, unnahbare Schönheit, gerade Nase, sehr helle Augen, glattes Haar, großer, schlanker Körperbau. Diese Ähnlichkeit hatte sich mit der Zeit noch verstärkt und bereitete Sebastian Unbehagen.
    Er zog wieder an seiner Zigarette und erinnerte sich an das, was Nikki ihm vorhin vorgeworfen hatte. Hatte er wirklich egoistisch seine Eigenliebe über die Liebe zu seinen Kindern gestellt? Sicher war die Behauptung übertrieben, aber es war auch etwas Wahres daran.
    Von seinen eigenen Blessuren verblendet, hatte er unbewusst vor allem versucht, sich an Nikki zu rächen. Von seinem Groll angetrieben, hatte er sie bestrafen, sie für das Scheitern ihrer Beziehung und ihre Trennung bezahlen lassen wollen. Dabei hatte er sicher seinen Kindern am meisten geschadet. Sein Wunsch, die Erziehung der Zwillinge strikt zu trennen, war absurd und unverantwortlich. Das war ihm natürlich nicht erst seit heute klar, doch vorher hatte er stets gute Gründe zur Rechtfertigung seines Verhaltens gefunden.
    Im Mondlicht starrte Jeremy auf das Foto seines Sohnes. Ihre Beziehung war distanziert, unbestimmt und von Missverständnissen geprägt. Natürlich liebte Sebastian ihn, aber auf eine abstrakte Art, der es an Wärme und Herzlichkeit mangelte.
    Das war zum großen Teil seine Schuld. Er hatte seinen Sohn nie mit Wohlwollen betrachtet. Er verglich ihn ständig mit Camille, und diese Gegenüberstellung fiel nicht zu Jeremys Vorteil aus. Zu schnell hatte er ihm misstraut, ihn als schwarzes Schaf abgestempelt. So unsinnig das auch sein mochte, war er doch stets davon ausgegangen, dass Jeremy ihn nur enttäuschen könnte, ähnlich wie vorher seine Mutter, der er so sehr glich.
    Bei ihren letzten Begegnungen hatte es keine Gemeinsamkeiten mehr gegeben. Manchmal hatte er ihn in eine Ausstellung oder ein Streicherkonzert mitgenommen, aber eigentlich nur, um Jeremys mangelndes Interesse an solchen kulturellen Ereignissen zu bedauern. Das war ungerecht, weil er sich nie die Zeit genommen hatte, ihn zur Kunst oder klassischen Musik hinzuführen.
    Als er mit Nikki sein Zimmer durchsucht hatte, war er erstaunt gewesen über die vielen Filmbücher in den Regalen. Sicher aus Angst vor seinem Sarkasmus hatte Jeremy ihm nichts von seinem Wunsch erzählt, eine Filmhochschule zu besuchen und Regisseur zu werden. Er war von seinem Vater nie in irgendeiner Entscheidung bestärkt worden.
    Sebastian trank sein Bier aus und betrachtete die Säule der Bastille, die in der Ferne schimmerte.
    War noch Zeit, seine Fehler und Irrtümer wiedergutzumachen? Konnte er den Dialog mit seinem Sohn erneut aufnehmen? Vielleicht, aber dazu musste er ihn zunächst einmal finden.
    Am Stummel seiner Zigarette zündete er sich eine neue an und beschloss, nicht bis zum nächsten Tag zu warten, um die polnische Telefonnummer zu wählen.
    Er überzeugte sich davon, dass Nikki fest schlief, und steckte das Vorhängeschloss in seine Tasche.
    Dann verließ er das Boot.

Kapitel 40
    Ob es in Paris überhaupt noch Telefonzellen gibt ?, fragte er sich, als er über den Boulevard oberhalb des Kais lief.
    Zunächst glaubte er an sein Glück, als er eine der für die Hauptstadt typischen Kabinen aus Glas und Aluminium entdeckte. Aber sein Optimismus war nur von kurzer Dauer, denn die Kabine war demoliert und der Hörer abgerissen.
    Er erreichte die Place de la Bastille, hielt sich aber nicht länger dort auf, da vor der Oper zwei Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei standen.
    In der Rue du Faubourg-Saint-Antoine gab es wieder eine Telefonzelle, doch ein Obdachloser hatte sich mit Kartons und Decken darin zum Schlafen eingerichtet.
    Sebastian setzte seine Suche fort und wurde vor der Metrostation Ledru-Rollin fündig.
    Er schob Nikkis Kreditkarte in den Apparat und wählte die in das Schloss gravierte Nummer.
    Um ins Ausland zu telefonieren, musste er vor der Landeskennzahl zwei Nullen wählen. Er versuchte

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