Sieben Jahre später
Flüchtiger beigetragen hatte, die man nach schweren Straftaten oder nach spektakulären Gefängnisausbrüchen gesucht hatte. Zumeist waren es Franzosen gewesen, aber auch einige Ausländer, nach denen mit internationalem Haftbefehl gefahndet worden war. Sie nahm einen großen Schluck Kaffee, biss in ein Croissant und fuhr mit ihrer Arbeit auf dem Laptop fort. Die erste Partie hatte sie verloren, sie war aber fest entschlossen, die nächste zu gewinnen.
Constance, die sich in Tonys WLAN eingeloggt hatte, sammelte einige zusätzliche Informationen im Internet. Der Name Sebastian Larabee war im Netz reichlich vertreten. Er war in seinem Fach ein echter Star. Sie klickte einen Link an, der zu einem Porträt führte, das die New York Times zwei Jahre zuvor über ihn gebracht hatte. Der Titel lautete: »Der Mann mit den goldenen Händen«. Mit ungewöhnlich gutem Gehör und bemerkenswertem Know-how begabt, war Larabee dem Artikel zufolge in der Lage, herausragende Geigen zu bauen, die bei Blindtests sogar die Stradivaris auf deren ureigenem Terrain schlugen. Larabees Äußerungen waren fesselnd und voller ungewöhnlicher Details über die Geschichte des Geigenbaus und über die leidenschaftliche Beziehung, die einige Violinvirtuosen mit ihrem Instrument verbindet. Mehrere Fotos illustrierten den Artikel. Man sah Larabee, sehr elegant gekleidet, in seiner Werkstatt. Beim Betrachten dieser Fotos konnte man sich ihn nur schwer vorstellen, wie er in einer schmutzigen Bar von Brooklyn einem Drogenhändler die Kehle durchschnitt …
Constance unterdrückte ein Gähnen und machte einige Dehn- und Streckübungen. Bisher war es ihr gelungen, Müdigkeit und Lähmungserscheinungen von sich fernzuhalten. Solange sie sich mit ihren Ermittlungen beschäftigte, fühlte sie sich sicher, aber sie musste unter Spannung bleiben und vorankommen.
Sie schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Wo hatten Larabee und seine Exfrau die Nacht verbracht? Jetzt war ihnen die Polizei auf den Fersen, also war Schluss mit komfortablen Luxushotels und Dinner auf Ausflugsschiffen. Früher oder später würde man sie schnappen. Früher oder später würde es ihnen an Geld, Hilfe und Kontakten mangeln. Auf der Flucht zu sein ist die Hölle, vor allem für Menschen, die keine knallharten Kriminellen sind. Unter normalen Umständen wäre Constance nicht beunruhigt gewesen. Sie hätte einfach nur wie eine Spinne ihr Netz weben und auf eine falsche Bewegung lauern müssen. Instinkt und Glück waren wichtig, aber Fälle wie diese löste man vor allem mit Geduld und Disziplin. Also mit Zeit. Die war in einem solchen Fall der beste Verbündete. Aber Zeit war genau das, was ihr fehlte. Sie musste die beiden heute schnappen.
Theoretisch konnte die BNRF die Mitarbeit anderer Polizeiabteilungen in Frankreich und der Gendarmerie beantragen, um sehr schnell Telefonüberwachungen einzurichten, Leute zu beschatten und sofortigen Zugriff auf alle Unterlagen in Zusammenhang mit dem Fall zu erhalten. Internationale Angelegenheiten waren hingegen schwieriger zu bearbeiten. Die Informationen aus dem Ursprungsland waren häufig bruchstückhaft und trafen nicht sofort ein.
Bei der Aktenprüfung hatte sie bemerkt, dass die Ermittlungen in New York hauptsächlich von einem gewissen Lieutenant Lorenzo Santos vom 87. Revier in Brooklyn durchgeführt wurden. Sie schaute auf ihre Armbanduhr. In New York war es zwei Uhr morgens. Zu spät, um Santos anzurufen. Es sei denn …
Sie beschloss, ihr Glück zu versuchen, rief die Zentrale des Kommissariats an und bat in fast perfektem Englisch, mit dem Lieutenant verbunden zu werden.
»Santos«, meldete sich eine angenehme tiefe Stimme.
Glück gehabt.
Kaum hatte Constance ihren Dienstgrad genannt, als sich der New Yorker Beamte nach dem neuesten Stand der Ermittlungen erkundigte. Der Typ war aus demselben Holz geschnitzt wie sie: ein Jäger, der nur für seinen Beruf lebte. Er äußerte sein Bedauern, als Constance ihm erklärte, dass die Larabees noch immer flüchtig seien, und stellte ihr viele Fragen über die Fortschritte ihrer Nachforschungen. Constance nutzte die Gelegenheit, um ihm ihr Anliegen vorzutragen. Sie hätte gern Einsicht in die letzten Telefonrechnungen und Kontoauszüge von Sebastian Larabee erhalten.
»Diese Unterlagen liegen mir vor«, bestätigte Santos. »Lassen Sie mir einen offiziellen Antrag zukommen, dann schicke ich sie Ihnen.«
»Ich brauche sie sofort!«, beharrte sie.
Sie gab ihm
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