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Sieben Leben

Sieben Leben

Titel: Sieben Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Aschberg
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Herzelsberger“, flötete Ilse. „Freut uns auch,
Sie zu sehen“. Ich hätte Ilse einen Kuß geben können.
    „Leute, ich versuche zu arbeiten“, meldete sich Martin zu
Wort.
    „Ja, ja, schon gut. Wir haben alle zu arbeiten“, schnaufte
Herzelsberger. „Ich wollte...“
    Er wurde vom Klingeln meines Telefons unterbrochen. Martin
schlug stumm die Hände über dem Kopf zusammen. Dann klingelte es auch bei ihm.
Er nahm ab und schon nach wenigen Augenblicken tagte er mit erhobener Stimme
auf den Anrufer ein.
    Ich nahm ebenfalls ab.
    „Hallo, wie sieht es denn mit dem Sachsenbrau-Angebot aus?“,
wollte eine Frauenstimme wissen. Die Verbindung war ziemlich schlecht, aber es
schien Frau Berger zu sein. Auch eine Kollegin aus dem Außendienst, und die
benutzten prinzipiell das Handy, auch wenn die Netzstärke gegen Null tendierte
und ein Festnetztelefon in Griffweite stand.
    „Das Sachsenbrau-Angebot?“, fragte ich, um Zeit zu schinden.
Ich kannte den Fall. Sehr knifflig.
    Auf Leitung 2 blinkte es. Jemand versuchte mich intern zu
erreichen. Das konnte warten.
    Frau Berger sagte etwas, aber ich verstand es nicht. Zum Teil
lag das an der schlechten Verbindung, zum Teil daran, dass Martin mittlerweile
fast in seinen Hörer schrie, um die ganz beachtliche Geräuschkulisse in unserem
Büro zu übertönen.
    Leitung 3 blinkte ebenfalls.
    Auf Anregung unseres Chefs hatten wir ein neues
Telefonsystem eingeführt, mit dem jeder von uns bis zu drei Leitungen
gleichzeitig bedienen konnte. Wir nahmen wir an, dass sich Gertenschläger davon
eine bessere Erreichbarkeit für unsere Kunden versprach. Mir persönlich war
nicht klar, warum sich unsere Erreichbarkeit verbessern sollte, nur weil jetzt
dreimal so viele Kunden wie vorher in der Warteschleife mit Musik beschallt
werden konnten. Aber ich war ja noch am Lernen.
    Herzelsberger räusperte sich vernehmlich. Er wollte etwas
loswerden und mochte es gar nicht, wenn er warten mußte. Martin wurde noch
lauter und fuchtelte mit beiden Händen bedrohlich in der Luft herum.
    Frau Berger sagte wieder etwas, was ich nicht genau
verstand. Ich schickte Leitung 3 in die Warteschleife. Da gab es beruhigende
Musik. Leitung 2 ließ ich einfach weiter blinken. War ja nur ein internes
Gespräch.
    ‚Sie haben eMail erhalten!‘ Ich mußte demnächst unbedingt
einen Blick auf meinen Computer werfen.
    „Passen Sie auf“, unterbrach ich Frau Berger willkürlich in
ihre Wortfetzen hinein. „Haben Sie dem Kunden den schon die
Einverständniserklärungen geschickt?“
    „E...nv...ä...din is...?!“, rauschte es fragend in der
Leitung.
    „Genau, Frau Berger! Die muß jeder Kunde unterzeichnen,
vorher können wir da gar nichts machen.“
    „...?...“, rauschte es.
    „Wie bitte, Frau Berger? Die neuen Formulare? Ah, die
bekommen Sie direkt von der Rechtsabteilung. Ja, genau!“ Die Antwort der Berger
war im wesentlichen ein Rauschen, aber sinngemäß erschien es mir, als ob sie
nicht viel davon hielt, direkt mit der Rechtsabteilung zu sprechen. Das hätte
es ja noch nie gegeben und überhaupt, wozu ich denn eigentlich da sei?
    Falls sie mich damit motivieren wollte, machte sie ihre
Sache nicht besonders geschickt.
    „Also gut, Frau Berger, dann verbleiben wir so“, säuselte
ich in den knisternden Äther. „Sie melden sich wieder, wenn Sie die Unterlagen
beisammen haben.“ Ohne eine Erwiderung abzuwarten, die ich weder verstanden noch
gemocht hätte, legte ich auf.
    Leitung 2 blinkte mit einer Penetranz, die schon fast an
Unverschämtheit grenzte. Auch auf meinem Bildschirm blinkte jetzt etwas. Der
Computer konnte nicht nur sprechen, er warnte bei bestimmten Ereignissen auch
optisch. Zum Beispiel wenn man zu viele unbearbeitete eMails in seinem
elektronischen Eingangskorb hatte.
    Leitung 3 hingegen hatte aufgegeben. Sehr gut. Die Wirkung
einer Überdosis Richard Clydermann war nicht hoch genug einzuschätzen.
    ‚Sie haben eMail erhalten! Ihr Eingangskorb ist voll, bitte
löschen Sie eMail!‘
    Frank begann sich langsam von Tamara zu lösen. Benebelt von
ihrem Parfum, das selbst unseren Kaktus auf der Fensterbank auszudörren drohte,
waren seine Augen ganz stumpf und glasig.
    „Also jetzt aber...“, legte Herzelsberger los. Ich beachtete
ihn nicht. Das Blinklicht von Leitung 2 begann mich zu hypnotisieren. Ich
schaute auf’s Display. Ein interner Anruf. Drei Nullen am Ende! Solche
Rufnummern hatten doch nur Vorstände. Vorstände drei Nullen, Bereichsleiter
zwei Nullen,

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