Sieben Leben
mir, jedenfalls nahm ich das an, aber sein Blick war fest auf unsere Miss
Bauchnabel geheftet.
„Ich wollte fragen, ob...“
Es klingelte. „Moment...“, beschied ich Frank und nahm das Gespräch entgegen.
‚Sie haben eMail erhalten!‘, tönte es aus dem Computer.
„Sagen Sie, was ist jetzt mit der Faber-Sache?!“, tönte es
aus dem Hörer. Faber Söhne, 400 Mitarbeiter, Umstellung von Direktversicherung
auf Pensionskasse. Einer der kniffligen Fälle auf meinem Schreibtisch.
„Wir tun, was wir können“, versuchte ich unseren
Außendienstmann zu beruhigen.
„Ja, ja, ich tue hier auch, was ich kann. Und wenn ich heute
kein Angebot rausschicke, dann haben wir ein Problem. Wo bleiben denn die
verdammten Unterlagen? Ich hatte gerade den alten Faber persönlich an der Strippe“.
„Verstehe...“. Ich ließ den Hörer sinken und blickte
hilfesuchend zu Martin hinüber. Der schüttelte wild den Kopf und deutete auf
seine Uhr.
„Also“, nahm ich mein Gespräch wieder auf, „wir tun was wir
können. Ich habe den Fall auf höchste Priorität gesetzt. Mehr kann ich nicht
versprechen.“
„Sie wissen aber schon, dass ich unseren Vertriebschef ganz
gut kenne, oder?“. Ich rollte mit den Augen. Ja, wußte ich. Es gab in diesem
Unternehmen nicht einen Außendienstler, der nicht irgendein hohes Tier persönlich
gut kannte. Vor allem, wenn es Terminprobleme gab.
„Wir tun wirklich unser Bestes“, versuchte ich zu
beschwichtigen.
„Hallo“, sagte Ilse und gesellte sich zu unserer illustren
Runde. Ich freute mich, sie zu sehen und nickte ihr freundlich zu.
‚Sie haben eMail erhalten!‘
„So ein Schwachsinn“, brummte ich. Eigentlich in Richtung
Computer, denn die synthetische Stimme begann mir auf den Geist zu gehen. Ich
hatte allerdings noch den Telefonhörer in der Hand.
„ Wie bitte ?“,
wollte der Außendienstmann irritiert wissen.
„Ich sagte, die Faber-Sache ist schon so gut wie erledigt“, säuselte
ich in den Hörer.
Der Vertriebskollege bellte irgendwas zurück und legte auf.
„Streß?“, fragte Ilse.
„Gerade einiges los.“ Ich sah Ilse an. Im Vergleich mit
Tamara wirkte sie ein wenig blaß. Aber das war nicht besorgniserregend,
schließlich war es eine Lebensaufgabe von Tamara, andere Frauen neben sich
verblassen zu lassen.
Ich war mir ziemlich sicher, dass bei Ilse auch nach
intensiver Suche nirgendwo versteckte Piercings aufblitzen würden. Dafür
schimmerte in ihren Augen so etwas wie Mitgefühl.
„Ich wollte fragen, ob ihr heute die Sache mit der
Rechtsabteilung klären könnt“, platzte Frank mit seinem Anliegen heraus, kaum
dass ich den Hörer aus der Hand gelegt hatte. „Wir brauchen die neuen
Bedingungen für die Einverständniserklärungen, sonst kommen wir in Teufels
Küche.“
„Ist das wirklich so dringend?“, wollte ich wissen. Ich war
doch nicht der Kummerkasten der Abteilung.
„Dringend? Machst Du Witze?“. Das Thema schien Frank so zu
bewegen, dass er sogar seinen Blick von Tamara losriß.
„Wir haben unterschriebene Verträge draußen“, sagte er. „Wenn
wir nicht schleunigst die Einverständniserklärungen einholen, dann gute Nacht.
Ich sehe schon die ersten Klagen auf uns zukommen. Vielleicht könnt ihr auch
gleich das mit der Haftung abklären?! Ich hab’ noch nichts von den
Rechtsfritzen bekommen von wegen Beschränkungsklausel.“
„Das wollte Gertenschläger doch letzte Woche abklären“, wunderte
ich mich.
„Genau.“ Die Unterstützung kam von Ilse.
„Schon, schon, aber jetzt muß halt auch mal was passieren.
Sonst sehen wir alt aus“, beschwor uns Frank.
„Also gut, ich nehm’s mit.“ Irgendwas machte ich falsch.
„Dank‘ Dir“, meinte Frank, wandte sich ab und prallte
frontal mit Herzelsberger zusammen. Besser gesagt, prallte frontal von Herzelsberger
ab und taumelte benommen in Tamara hinein. Herzelsberger nahm davon keine Notiz
und navigierte seine beeindruckenden 130 Kilo Lebendgewicht in Richtung meines
Schreibtisches. Wie Tamara es schaffte, trotz Bleistiftabsätzen und Frank, der
ihr nun quasi um den Hals hing, nicht ins Straucheln zu geraten, war eine
kleine Meisterleistung.
‚Sie haben einen Termin!‘ informierte mich mein Computer
völlig ungerührt.
„Was denn hier los? Volksversammlung, oder was? “, keuchte
Herzelsberger anstelle einer Begrüßung oder gar einer Entschuldigung. Ein
bißchen kurzatmig war er von Natur aus, und heute kam anscheinend noch
schlechte Laune dazu.
„Hallo Herr
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