Sieben Pfoten für Penny - Das Schloss der weißen Pferde - Brezina, T: Sieben Pfoten für Penny - Das Schloss der weißen
zusammen und betrachtete das Bild durch schmale Schlitze.
Noch immer beunruhigte sie etwas, ohne dass sie es benennen konnte.
»Das Feuer ist am frühen Morgen ausgebrochen. Es heißt, dass jemand den Brand gelegt hat. Das konnte jedoch nie bewiesen werden. Damals lebten viel mehr Menschen hier als heute.« Nikolai sah zu Penny. Sie spürte seinen Blick und lächelte ihn aufmunternd an.
»Heute wohnen hier nur noch meine Großmutter, meine Eltern und ich. Berta natürlich auch. Oliver ist unser einziger Mitarbeiter. Er hat eine kleine Wohnung bei den Stallungen.« Nach einer kurzen Pause fuhr Nikolai fort. »Das Feuer brach über den Schlafräumen aus. Ohne die Pferde, die laut gewiehert haben, wäre es wahrscheinlich viel zu spät entdeckt worden.« Nikolai berührte Penny wieder am Ellbogen. Ein sanfter Schauer kroch ihr über die Haut. Er war nicht unangenehm. Wieder sahen sie sich an und lächelten.
Nikolai führte Penny zur linken Wand zu einem kleinen Bild. Es zeigte einen dunkelhäutigen Mann in einem orangefarbenen Gewand.
»Wer ist das?«, wollte Penny wissen.
»Ein Maharadscha aus Indien. Ein Verehrer der Urgroßmutter meiner Großmutter. Er hat ihr die weißen Pferde geschenkt.«
Für Penny klang das alles wie aus einem Märchenbuch.
»Du denkst jetzt bestimmt, dass sich das alles nach einer erfundenen Geschichte anhört«, bemerkte Nikolai in diesem Augenblick.
»Kannst du Gedanken lesen?«, platzte Penny heraus.
»Das war nicht schwierig zu erraten«, meinte Nikolai lachend. »Es kommt sogar noch kitschiger! Der Maharadscha hatte damals angekündigt, dass die Pferde meine Vorfahrin Luisa vor großem Unheil bewahren würden. Sie sollten ihre Freude und ihr Schutz sein, genau wie seine Liebe.«
Penny bekam große Augen. »Das klingt wirklich megakitschig. Und, haben die beiden geheiratet?«
»Das war nicht möglich, Luisa war bereits mit dem damaligen Grafen Dieter verheiratet. Sie hat bestimmt, dass die weißen Pferde hier auf Schloss Ratstätt bleiben, und sie soll gesagt haben, dass das Schloss und seine Bewohner immer stark und gesund sein werden, solange es hier die weißen Pferde gibt. Wer ihren Wunsch missachtet, soll von Unglück und Krankheit heimgesucht werden. Angeblich war es ihre Art, dem Maharadscha zu beweisen, wie sehr sie sein Geschenk schätzte und wie dankbar sie ihm dafür war.«
Ein paar Räume weiter wurden Stühle gerückt.
»Wir gehen besser schnell in den Salon«, meinte Nikolai rasch. Nur schwer konnte sich Penny von dem Raum mit dem Pferdebild losreißen. In ihrem Kopf hörte sie noch immer das Schlagen der Hufe, das Schnauben und Wiehern, das Prasseln der Flammen und das Knacken des Holzes in der Hitze des Feuers. Sie konnte den Rauch förmlich riechen und gleichzeitig den Maharadscha in seinem orangefarbenen Gewand durch den Park wandeln sehen, begleitet von einer jungen, strahlenden Frau. Gräfin Luisa von Ratstätt.
»Penny!«, drängte Nikolai. Diesmal nahm er sie nicht sanft am Arm, sondern fester am Handgelenk und zog sie hinter sich her.
Geheimnisvoll und geisterhaft
Nikolais Mutter machte einen sehr nervösen Eindruck. Ihre Hände zitterten stark. Unruhig spielte sie mit ihrer doppelten Perlenkette. Und immer wieder warf sie Penny ein unsicheres Lächeln zu.
Penny lächelte zurück und machte ein Kompliment über die Kette. In Wirklichkeit interessierten sie Perlen nicht im Geringsten. Sie wollte einfach etwas Nettes sagen.
»Danke. Ich habe die Perlen von Mutter bekommen«, antwortete Frau von Ratstätt leise.
Während Berta das Tablett mit den Teetassen brachte, sah Penny sich ein wenig um. Auch im Salon waren die Wände mit Seidentapeten bespannt. Sie zeigten einen üppigen grünen Dschungel mit Paradiesvögeln und Schmetterlingen. Die Darstellungen mussten früher prachtvoll geleuchtet haben. Heute waren sie dunkel und an den Rändern gewellt und ausgefranst.
Am Tisch mit den geschnitzten Beinen saßen die alte Gräfin am Kopfende, Nikolais Eltern auf einer Seite und Penny und Nikolai ihnen gegenüber.
Berta servierte den Tee und verschüttete dabei viel.
»Mutter, ich habe gehört, Fina soll es bereits besser gehen«, sagte Frau von Ratstätt mit gesenkter Stimme.
»Frau Dr. Moosburger hat ein kleines Wunder bewirkt, nicht wahr?«, warf Nikolai ein.
Maria-Therese von Ratstätt nippte an ihrem Tee.
»Man kann das Pferd wieder reiten, dazu ist es schließlich bestimmt«, lautete ihr Kommentar.
»Frau von Ratstätt«, sagte Penny in Richtung
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