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Sieben Phantastische Geschichten

Sieben Phantastische Geschichten

Titel: Sieben Phantastische Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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unterhalb der Wache aufstieg. Auf dem Dach brannten noch ein paar Lampen, und 100 Meter entfernt ging ein Polizist über den Steg, der sich über die Straße spannte, seine Schritte hallten durch die Dunkelheit.
    M. saß auf seinem Stuhl, Ellbogen zwischen den Knien, und kniff sich in die Beine, um sie wieder ein bißchen zum Leben zu erwecken.
    Schließlich warf der Arzt einen Blick auf die Anklageschrift.

    Name Franz M.
    Alter 20
    Beruf Student
    Adresse 3599719 West, 783. Str., Ebene 549-7705-45 KNI (Ortsb.)
    Angeklagt wegen Landstreicherei
    »Erzählen Sie mir von diesem Traum«, sagte er und bog ein Stahllineal zwischen den Händen, während er M. ansah.
    »Ich denke, Sie haben schon alles gehört, Sir«, sagte M.
    »Die Einzelheiten.«
    M. rutschte verlegen hin und her. »Soviel war das gar nicht, und die paar Dinge, an die ich mich noch erinnern kann, sind auch schon ziemlich undeutlich.«
    Der Arzt gähnte. M. wartete und begann dann, alles, was er bereits an die zwanzig Mal erzählt hatte, zu wiederholen.
    »Ich hing über flachem, freiem Boden, mitten in der Luft; es sah irgendwie so aus wie der Boden einer großen Arena. Die Arme hatte ich seitwärts ausgestreckt, und ich blickte hinunter und schwebte dahin –«
    »Warten Sie«, unterbrach ihn der Arzt. »Wissen Sie ganz genau, daß Sie nicht geschwommen sind?«
    »Ja«, sagte M. »Das weiß ich ganz genau, daß ich das nicht getan habe. Um mich herum war überall Luft. Das war das Wichtigste überhaupt. Es gab keine Wände. Nichts. Alles war leer. Sonst kann ich mich an nichts mehr erinnern.«
    Der Arzt fuhr mit dem Finger die Linealkante entlang. »Weiter.«
    »Na ja, und durch den Traum bin ich dann auf die Idee gekommen, eine Flugmaschine zu bauen. Ein Freund hat mir geholfen.«
    Der Arzt nickte. In Gedanken verloren nahm er die Anklageschrift und zerknüllte sie in der Hand.

    »Sei nicht albern, Franz!« protestierte Gregson. Sie stellten sich in die Schlange in der Drugstore-Cafeteria. »Das widerspricht doch den Gesetzen der Hydrodynamik. Wie willst du dich denn in der Luft halten?«
    »Angenommen, man besäße einen festen Flügel aus Stoff«, erklärte Franz, während sie sich an den Luken vor beizwängten. »Sagen wir mal, so an die drei Meter breit, wie diese zusammengesetzten Teile in den Wänden, und unter der Tragfläche wären vorn Griffe. Und man würde dann von der Galerie des Coliseum Stadions springen. Was, glaubst du, würde passieren?«
    »Man würde ein Loch in den Boden schlagen. Wieso ?«
    »Nein, sag mal im Ernst.«
    »Wenn der Flügel groß genug wäre und halten würde, dann käme man wie ein Papierpfeil heruntergeschwebt«
    »Man würde gleiten«, sagte Franz.
    »Genau.« Dreißig Ebenen über ihnen donnerte ein Intercity-Expreß über sie hinweg, so daß die Tische und das Besteck in der Cafeteria klapperten und klirrten. Franz wartete, bis sie einen Tisch gefunden hatten, dann beugte er sich nach vorn und vergaß ganz zu essen.
    »Und nehmen wir mal an, man würde einen Propeller daran festmachen, ungefähr so wie ein batteriebetriebener Ventilator, oder wie eine von diesen Raketen, die sie bei den Schlafwagen verwenden. Und die genügend Schubkraft aufbringt, um den Körper in der Luft zu halten. Was dann?«
    Gregson zuckte mit den Schultern. »Wenn es einem gelänge, das Ding unter Kontrolle zu bringen, dann würde man, würde man …« Er runzelte die Stirn und sah Franz an. »Wie heißt das noch gleich? Wie du es immer nennst.«
    »Fliegen.«
    »Im Prinzip ist diese Maschine ganz simpel, Matheson«, bemerkte Sanger, der Physikdozent, als sie die wissenschaftliche Bibliothek betraten. »Die Grundregeln des Venturi-Prinzips. Aber wozu soll das gut sein? Mit einem Trapez erreicht man denselben Effekt, und noch dazu auf ungefährlichere Art. Bedenken Sie doch vor allem auch den Platz, den man dazu braucht. Riesig. Ich kann mir kaum vorstellen, daß die Verkehrsbehörden so etwas auch nur im geringsten fördern würden.«
    »Ich weiß selbst, daß es sich hier nicht durchführen läßt«, gab Franz zu. »Aber in einem großen, freien Gebiet müßte es möglich sein.«
    »Da könnten Sie recht haben. Ich schlage vor, Sie setzen sich sofort mit dem Arena Garden auf Ebene 347-25 in Verbindung«, witzelte der Dozent. »Ich bin überzeugt, dort wird man froh sein, von Ihrem Plan zu hören.«
    Franz lächelte höflich. »Der wäre nicht groß genug. Eigentlich hatte ich mehr an ein Gebiet mit völlig freiem Raum gedacht. Am besten

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