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Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Titel: Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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standen; dann schob er Dea hinter eine mächtige Steinsäule, wo sie vor den Blicken der übrigen Männer geschützt waren.
    »Dea, verdammt!«, zischte er zornig. »Hast du eine Ahnung, wo du hier bist? Kinder haben hier drinnen nichts zu suchen. Diese Leute verstehen gewiss keinen Spaß, wenn jemand gegen die Gesetze verstößt.«
    Dea musterte ihn. »Das klingt ja so, als hättest du Angst vor deinen eigenen Leuten.«
    »Angst um dich, Dea«, gab er leise zurück. »Und das da sind nicht ,meine Leute’.«
    Sie holte tief Luft, und dann erzählte sie ihm alles, was vorgefallen war. Von der Versammlung auf dem Platz, von dem Prediger in Weiß. Und davon, wie sich sein Gesicht vor ihren Augen in die Fratze eines Dämons verwandelt hatte – und dass es niemand außer Dea bemerkt hatte.
    Goten hörte ihr aufmerksam zu, und sie bemerkte voller Dankbarkeit und Stolz, dass er nicht einen Herzschlag lang an ihren Worten zweifelte. Er nahm sie ernst, und das war das wertvollste Geschenk, das er ihr machen konnte.
    Nachdem sie geendet hatte, sagte Goten: »Es ist gut, dass du zu mir gekommen bist. Ich weiß nicht, warum gerade du die Maskerade des Dämons durchschaut hast, aber es gibt wohl keinen Zweifel, dass es sich tatsächlich um einen handelt. Jetzt ist es an uns, diesen Weißen einmal genauer anzusehen.«
    »Sofort?«
    »Bevor er all diese Menschen ins Unglück führt.«
    Goten straffte sich, dann trat er hinter der Säule hervor. »Warte hier«, sagte er zu Dea. »Es gibt jemanden, den ich darüber in Kenntnis setzen muss.«
    Dea sah zu, wie er sich entfernte und zum fernen Kopf der gewaltigen Tafel eilte.
    Dort saß, auf einem leicht erhöhten Stuhl, ein Mann mit breiten Schultern und einem mächtigen weißen Bart, der über der Brust gegabelt war. Der Schädel des Hexenjägers war weitgehend kahl, nur rund um seinen Hinterkopf fiel wallendes langes Haar über die Kapuze seiner Kutte. Er hatte tief liegende Augen, sehr dunkel und Furcht einflößend, aber solange Dea ihn auch anstarrte, blieb er doch ein gewöhnlicher Mensch. Keine Veränderung zum Dämon wie bei dem Prediger in der Stadt. Falls ihr Talent, die Maskerade des Bösen zu durchschauen, eine bleibende Angelegenheit war, so konnte sie nun zumindest sicher sein, dass das Oberhaupt aller Hexenjäger kein verkappter Dämon war.
    Ein verkappter Dämon, wiederholte Dea im Stillen. Jetzt vermutete sie schon hinter jedem, der ihr nur über den Weg lief, eine Ausgeburt der Hölle. Aber trotzdem – der Mann hatte grausame Augen, und sie wollte am liebsten nichts mit ihm zu tun haben. Nun fiel ihr auch sein Name wieder ein – Abakus!
    Goten blieb neben ihm stehen, verbeugte sich flüchtig und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Die Miene des obersten aller Hexenjäger verfinsterte sich noch weiter. Schließlich erhob er sich von seinem Stuhl. Alle Gespräche im Saal verstummten.
    »Mein Freund Goten ließ mir gerade eine Nachricht von erheblicher Bedeutung zukommen«, sprach Abakus würdevoll.
    Ein Raunen ging durch die Versammlung, und manch neidvoller Blick traf Goten. Viele hier wünschten sich, von Abakus »Freund« genannt zu werden.
    »Verzeiht, wenn wir den Beginn unserer Beratung noch eine kurze Weile hinauszögern müssen«, fuhr Abakus fort. »Goten und ich werden bald wieder bei euch sein.«
    Damit löste er sich von der Tafel und eilte zu einem Seitenausgang im hinteren Teil der Halle. Goten winkte Dea herbei, die sofort zu ihm lief und an seiner Seite hinter Abakus herging. Im Saal ließen sie aufgeregtes Murmeln und zahlreiche überraschte Mienen zurück.
    Ein Pferdewagen brachte Abakus, Goten und Dea durch die Straßen der Stadt zu dem Platz, auf dem der Weiße seine Predigt hielt. Ihnen folgte ein Dutzend Berittener mit blitzendem Rüstzeug und scharfen Klingen.
    Dea verhielt sich still und gab sich Mühe, niemals den Blick des obersten Hexenjägers zu kreuzen. Abakus sprach kein Wort mit ihr, tat vielmehr so, als wäre sie gar nicht anwesend. Nur einmal bemerkte sie, dass er sie verstohlen musterte. Sie fragte sich, ob er wohl wusste, dass sie Gotens leibliche Tochter war.
    Abakus sah aus wie jemand, vor dem man keine Geheimnisse haben konnte, nicht einmal der gefürchtete Goten. Obwohl beide es in Statur und finsterer Ausstrahlung durchaus miteinander aufnehmen konnten, ordnete Goten sich dem Mann sichtlich unter. Dea überraschte das ein wenig – so zurückhaltend hatte sie ihren Vater zuvor noch nie erlebt.
    Der Platz war immer noch voller

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