Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Titel: Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Menschen. Oben auf dem Podest hatte der Weiße beide Arme ausgestreckt, als wollte er die ganze Menge an seine Brust ziehen. Viele Männer und Frauen blickten verträumt zu ihm auf, so als stünde dort oben nicht ein hagerer Prediger, sondern der Erlöser persönlich.
    Abakus blickte über die Köpfe der Menschen hinweg auf den Weißen, dann nickte er. Zum ersten Mal sah er Dea direkt an. »Du hast Recht, Mädchen. Ich weiß nicht, warum gerade du ihn erkannt hast, aber du hast tatsächlich Recht. Das da vorne ist kein Mensch.«
    Goten nickte anerkennend.
    Abakus gab den Soldaten einen Wink. Sie sprangen von ihren Pferden und verteilten sich unauffällig in der Menge. Abakus und Goten warteten, bis die Männer Positionen nahe des Podiums bezogen hatten, dann verließen sie den Pferdewagen.
    »Du bleibst hier«, zischte Goten Dea zu, als sie ebenfalls aussteigen wollte.
    »Aber ich hab ihn doch entdeckt!«
    »Du bleibst!«
    Abakus trat von hinten an Goten heran und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Die Kleine ist etwas Besonderes. Lass sie mitkommen.«
    Goten schaute überrascht auf, dann seufzte er und nickte. Dea sah ihm an, wie schwer es ihm fiel, nachzugeben. Er machte sich tatsächlich Sorgen um sie. Ihr wurde ganz schwindelig bei diesem Gedanken.
    »Du hältst dich die ganze Zeit hinter mir, verstanden?«, sagte er. »Egal, was geschieht.«
    Sie nickte zackig wie ein Soldat. »Wie Ihr befehlt, Meister Goten!«
    Abakus lächelte amüsiert, aber Gotens Stirn zerfurchte sich nur noch tiefer. Dea überlegte, ob ihm wohl gerade klar wurde, dass eine Tochter zu haben mehr bedeutete, als hin und wieder ein paar Kleidungsstücke zu kaufen. Er würde lernen müssen, mit Widerworten zu leben. Armer Goten! Das war in der Tat eine neue Erfahrung für ihn.
    Die Menge teilte sich widerwillig, als Abakus und Goten nebeneinander über den Platz schritten. Dea hielt sich nah hinter ihnen, um nicht durch das Gedränge von ihnen getrennt zu werden.
    Sie hatten etwa die Hälfte des Weges bis zum Podest zurückgelegt, als der Weiße in seiner feurigen Rede innehielt. Er hatte die beiden Hexenjäger entdeckt. Schlagartig sanken seine Arme herunter. Er fletschte die Zähne wie ein wildes Tier, das bereit ist für einen Kampf auf Leben und Tod.
    Zu Deas Verwunderung blieben Abakus und ihr Vater völlig gelassen. Das animalische Gehabe des Dämons beeindruckte sie nicht im Geringsten; es schien fast, als hätten sie dergleichen schon unzählige Male miterlebt.
    Sie hatte Mühe, zwischen den beiden Hexenjägern hindurch zum Podium zu blicken. Trotzdem sah sie, wie sich Abakus’ Soldaten von allen Seiten auf den Prediger zuschoben. Ein heftiges Raunen und Flüstern rauschte wie eine Welle durch die Menschenmenge. Einige Männer und Frauen schienen aus dem Bann des Dämons zu erwachen, doch die meisten blickten nur verwirrt und fragend zu dem teuflischen Prediger empor. Einige stimmten Gebete und kirchliche Gesänge an.
    Auf ein Handzeichen Abakus’ schnappte die Falle zu. Plötzlich stürmten von allen Seiten die Bewaffneten auf das Podest des Predigers. Der Dämon heulte laut auf, als er von mehreren Männern gepackt wurde. Sein Gesicht hatte jetzt nichts Menschliches mehr an sich, auch wenn Dea vermutete, dass sie die Einzige war, die diese Verwandlung wahrnahm. Was Goten und Abakus anging, so war sie nicht sicher; doch von den übrigen Menschen erkannte keiner, was wirklich vorging, nicht einmal die Soldaten, die den Dämon festhielten.
    Abakus, Goten und Dea erreichten den Rand des Podests. Hinter ihnen ertönte das Wehklagen und Lamentieren der Menschen, die sich um ihre Erlösung betrogen fühlten. Allein die Anwesenheit der Soldaten und ihrer blitzenden Waffen hielt die Mutigen unter den Anhängern des Weißen auf ihren Plätzen.
    Der Dämon zischte hasserfüllt, als Abakus an ihn herantrat. Doch dann fiel der Blick seiner geschlitzten Raubtieraugen auf Dea.
    »Ich erkenne dich«, zischte seine Stimme. Sie klang, als sprächen mehrere Männer gleichzeitig, einer bösartiger als der andere. »Ich hätte meinen Anhängern befehlen sollen, dich zu zerfleischen!«
    Abakus sprang auf das Podest und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Der Schädel des Dämons wurde von der Gewalt des Schlages zur Seite geschleudert. Als er wieder aufschaute, war sein Blick weiterhin auf Dea gerichtet.
    »Ich sehe deine Zukunft, Menschenkind.« Die Kreatur lachte hämisch auf, ein gehässiges, Abscheu erregendes Jauchzen. »Ich sehe viel

Weitere Kostenlose Bücher