Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends
Weise.
»Es war ein anstrengender Tag«, wich Abakus aus.
»Wir haben gesehen, was du vollbracht hast«, entgegnete Goten. »Recht eindrucksvoll, nicht wahr?« Aber er wartete nicht auf eine Antwort, sondern drehte sich um und zog sich durch den Türspalt zurück ins Innere der Festung.
Goten nickte Dea kurz zu, dann folgte er dem Hexenmeister. Dea ging als Letzte hinterher. Hinter ihrem Rücken schloss sich das Portal wie von Geisterhand.
Als sie sich umschaute, erkannte sie, dass sie durch eine weite Halle gingen, deren Decke von breiten Steinsäulen gestützt wurde.
»Teile dieser Festung stammen noch von den Römern«, erklärte Abakus, während er vorausging. »Die Teile, die sie aus Holz errichtet haben, wurden später aus Stein neu gebaut. Aber diese Halle und ein paar andere Winkel der Festung sehen wohl noch genauso aus wie vor tausend Jahren.«
Dea hatte nicht die geringste Ahnung, wer die Römer waren, aber sie sah, dass Goten schweigend nickte. Sie würde ihn später fragen, was es damit auf sich hatte.
Abakus führte sie aus der Halle über einen verschneiten Innenhof in ein weiteres Gebäude. Dort betraten sie schließlich einen Saal, in dessen Mitte eine gewaltige Tafel aus rissigem Holz stand. Daran saßen sechs Frauen in dunklen Gewändern. Die Kleider waren aufwändig und exotisch geschneidert, anders als alles, was Dea je zuvor gesehen hatte.
Die Blicke der Frauen musterten erst Goten und blieben schließlich an Dea hängen. Hexenaugen!, durchfuhr es sie, und sie fragte sich mit einem Schaudern, ob die Frauen ihr vielleicht gerade ihren Willen raubten, ohne dass sie es merkte.
Abakus nahm auf einem erhöhten Stuhl am Ende der Tafel Platz und sah Goten eingehend an.
»Ich spüre, wie meine Kräfte zurückkehren«, sagte er und legte den Gehstock vor sich auf den Tisch. »Spätestens morgen früh bin ich wieder der Alte. Nun, Goten, du hast es dir also überlegt?«
»Ja.«
»Das heißt, du willst mein Angebot annehmen?«
»Das will ich gern«, erwiderte Goten zu Deas Schrecken. Aber sie ahnte, dass er irgendeine raffinierte List einfädelte. »Unter einer Bedingung.«
Abakus hob eine Augenbraue, und ein Raunen ging durch die Reihe der Hexen. »Welche wäre das?«, fragte der oberste Hexenmeister.
»Ich will, dass meine Tochter bei mir bleiben kann. Und mehr noch: Ich will, dass deine Hexen sie in der schwarzen Kunst unterrichten und sie zu einer der ihren machen. Du weißt, dass sie das Talent dazu hat.«
Dea traute ihren Ohren nicht. Sie – eine Hexe? Aber das konnte er doch nicht von ihr verlangen! Das nicht!
Abakus blickte von Goten zu Dea und musterte sie. »Talent hast du, das ist wohl wahr. Die Tatsache, dass du den Dämon auf dem Marktplatz durchschaut hast, beweist, dass mehr in dir steckt, als es von außen den Anschein hat. Du bist kein gewöhnliches Mädchen. Ganz gewiss nicht.« Er lächelte, aber es sah keineswegs freundlich aus.
»Und die Prophezeiung des Dämons über deine weitere Zukunft lässt natürlich hoffen. Leid und Elend müssen die ständigen Begleiter einer Hexe sein, denn nur dann ist sie so ganz nach meinem Geschmack.« Er schaute mit einem verschlagenen Grinsen in die Runde der Hexen. »Nicht wahr?«
Die sechs Frauen nickten eifrig und kicherten.
Wieder wandte er sich an Dea. »Diese sechs sind die mächtigsten Hexen weit und breit, vielleicht auf der ganzen Welt. Wenn sie dich ausbilden, wirst du eine von ihnen werden. Und wie sie wirst du mir bedingungslos gehorchen. Willst du das tun?«
Sie spürte sich selbst nicken, brachte aber kein Wort heraus. Verstohlen schaute sie zu ihrem Vater hinüber, doch er blickte starr an ihr vorbei auf Abakus, so als fürchtete er sich vor dem stummen Vorwurf in ihren Augen.
»Ja«, krächzte sie schließlich. »Ja, das will ich tun.« Und sie hoffte bei Gott, dass dies alles tatsächlich ein Bestandteil von Gotens Plan war, Abakus’ Hexenbund zu zerschlagen. Unheilvoll erinnerte sie sich an die Zweifel, die ihr gekommen waren, als Goten ihr zum ersten Mal von seinem Vorhaben erzählt hatte. Er war ihr Vater, gewiss. Aber was, wenn er sie hereingelegt hatte? Wenn er selbst ein Hexer wie Abakus werden wollte und sich deshalb dem Arkanum anschloss? Schließlich musste Abakus irgendetwas in ihm gesehen haben, etwas Besonderes, sonst hätte er ihm wohl kaum das Angebot gemacht, Mitglied des Bundes zu werden – zumal das Arkanum neben Abakus nur aus Frauen zu bestehen schien.
Aber, nein, ihr Vater war auf der Seite
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