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Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Titel: Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Scheibe der Eingangstür einen Lichtstrahl – das war Mrs. Sheridans Art, sie einzuladen. Unter dem Vorwand, sich zu versichern, dass alles in Ordnung sei, steckte Zofia den Kopf durch die Tür. Ein großes Fotoalbum lag aufgeschlagen auf dem Teppich, daneben ein paar Kekse in einer fein ziselierten, aus Afrika mitgebrachten Schale. Reine wartete in ihrem Sessel gegenüber dem Olivenbaum, dessen Zweige sich ins Atrium ausbreiteten. Jetzt trat Zofia ein, legte sich bäuchlings auf den Boden und begann, in einem der alten ledergebundenen Alben zu blättern, mit denen die Regale des Raumes vollgestellt waren. Ohne jemals den Olivenbaum aus den Augen zu lassen, kommentierte Reine ein Foto nach dem anderen.
    Zofia stieg die Stufen in den ersten Stock hinauf, drehte den Schlüssel im Schloss und stieß die Tür mit dem Fuß hinter sich zu. Sie warf ihr Schlüsselbund auf den Konsolentisch, ihre Jacke über die Garderobe, zog die Hemdbluse im kleinen Salon aus, stieg im Schlafzimmer aus ihrer Hose und trat schließlich ins Badezimmer. Sie drehte die Hähne der Dusche weit auf, und die Rohrleitungen fingen an zu dröhnen. Sie drückte auf den Knauf, und das Wasser strömte über ihr Haar. Durch die kleine geöffnete Fensterluke drang der Glockenschlag der Grace Cathedral. Sie zählte mit.
    »O nein, nicht schon sieben!«, stöhnte sie.
    Sie verließ das Bad, in dem es angenehm nach Eukalyptus roch, und trat in ihr Schlafzimmer. Sie öffnete den Wandschrank, zögerte zwischen einem Pullunder und einem ihr zu großen Männerhemd, einer Baumwollhose und einer alten Jeans, entschied sich für die Jeans und das Hemd und krempelte die Ärmel hoch. Sie befestigte ihren Piepser am Gürtel, schlüpfte in ein Paar Turnschuhe und hüpfte zum Eingang, damit sich die Fersenkappen aufrichteten, ohne dass sie sich bücken musste. Sie griff nach dem Schlüsselbund, beschloss, die Fenster offen zu lassen, und stieg die Treppe hinunter.
    »Ich komme heute Abend spät zurück. Wir sehen uns morgen. Wenn Sie irgendetwas brauchen, dann rufen Sie mich einfach auf meinem Piepser an, einverstanden?«
    Miss Sheridan murmelte eine Litanei, die Zofia perfekt zu deuten wusste. Etwas, das so viel heißen sollte wie: »du arbeitest zu viel, Mädchen, man lebt nur einmal«.
    Und das stimmte. Zofia war ständig mit der Sache der anderen beschäftigt, ihre Tage waren ausgefüllt, sie gönnte sich nicht die kürzeste Pause, nicht einmal zum Essen oder zum Trinken, denn Engel stärkten sich nie. Wie großzügig und intuitiv Reine auch war, sie konnte nichts von dem ahnen, was selbst Zofia kaum »ihr Leben« hätte nennen können.
    *
    Die schweren Glocken dröhnten noch vom siebten und letzten Schlag. Grace Cathedral, die auf dem Nob Hill thronte, lag den Fenstern von Lukas’ Suite gegenüber. Er nagte genussvoll an einem Hähnchenknochen, biss den Knorpel am Ende des Schenkels ab und stand auf, um sich die Hände an den Vorhängen abzuwischen. Er zog sein Jackett an, betrachtete sich im großen Spiegel über dem Kamin und warf beim Hinausgehen der Dame am Empfang ein spöttisches Lächeln zu, woraufhin diese sofort den Kopf senkte. Unter dem Vordach rief ein Hotelboy ein Taxi herbei, in das er kletterte, ohne ihm ein Trinkgeld zu geben. Er hatte Lust auf ein schönes neues Auto, und der einzige Ort, an dem man an einem Sonntag eines aussuchen konnte, war der Handelshafen, wo die verschiedensten Modelle nach dem Ausladen aus den Frachtschiffen zunächst abgestellt wurden. Er bat den Chauffeur, ihn zum Pier 80 zu fahren … Dort könnte er einen Wagen nach seinem Geschmack stehlen.
    »Geben Sie Gas, ich hab’s eilig!«, sagte er zum Fahrer.
    Der Chrysler bog in die California Street ein und fuhr die Straße hinunter zur Unterstadt. Er brauchte kaum sieben Minuten, um das Geschäftsviertel zu durchqueren. An jeder Kreuzung schimpfte der Fahrer und legte seinen Notizblock zur Seite; alle Ampeln wechselten auf Grün und hinderten ihn daran, das Ziel seiner Fahrt aufzuschreiben, wie es das Gesetz vorsah. »Als würden sie es absichtlich machen«, knurrte er an der sechsten Ampel. In seinem Rückspiegel sah er Lukas lächeln, und die siebte Ampel schaltete auf Grün.
    Als sie den Eingang zum Hafen erreichten, stieg plötzlich dichter Rauch aus dem Kühlergrill, der Wagen hustete und blieb am Straßenrand stehen.
    »Das hat mir gerade noch gefehlt!«, seufzte der Fahrer.
    »Ich zahle nicht«, erklärte Lukas mit schneidender Stimme. »Wir sind nicht ganz am

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