Sieben Wind
und ihr in die Augen schaute, wusste er, dass dem nicht so war. Er konnte nur noch ein «Sieben?», herauswürgen. Und Lucy war nicht in der Lage zu antworten, sondern fing an zu weinen. Isak stand auf, nahm ihr den Teller aus der Hand, stellte ihn ab und umarmte sie. Und er konnte fühlen, wie schwer ihr dies hier fiel. Und auch er konnte seinen Kummer nicht zurückhalten.
Dann trocknete Isak seine Tränen und die von Lucy. «Was ist passiert? Wo ist Sieben?»
Lucy, immer noch zitternd, setzte sich aufs Bett und antwortete leise.
«Er ist vor sechs Tagen gegangen.»
« Gegangen, aber warum das denn? Und wohin?»
« Ich weiß es nicht. Er verließ mich vor sechs Tagen, ohne ein Wort zu sagen.»
« Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Da muss er schon schwerwiegende Gründe haben.»
« Ja, als er verschwand, sprach eine Stimme zu mir, die sagte, dass ich mir keine Sorgen um ihn machen solle, da er ein besonderer Junge sei, dem ein außergewöhnliches Schicksal vorbestimmt sei. Dass von seinem Tun das Schicksal Qooks abhängen würde. All das, was wir fürchteten und nicht wagten auszusprechen, ist eingetroffen, Isak. Sieben wurde auserkoren und die Stimme gab mir Beruhigung, dass unser Junge nicht einer Dummheit hinterher ist, sondern seiner Bestimmung. So sehr dies auch mein Herz betrübt, hatte ich kein Recht, ihn zurückzuhalten. Und jetzt vermisse ich ihn so schrecklich und schäme mich vor dir, ihn doch nicht aufgehalten zu haben. Er ist doch noch ein Kind.»
« Du brauchst dir keine Sorgen machen Lucy. Du hast das Richtige gemacht. All meine Befürchtungen hatten also ihre Berechtigung. Keiner von uns kann das Schicksal eines anderen aufhalten. Nur ich mache mir Vorwürfe, nicht hier gewesen zu sein, damit ich ihn hätte begleiten können. Und jetzt habe ich nicht mal ein Lebewohl von ihm.»
« Nicht ganz! Er hat einen Abschiedsbrief geschrieben, bevor er uns verließ.»
« Einen Abschiedsbrief?»
« Ja!», antwortete Lucy und stand auf, um den Brief zu holen.
« Hier», sagte sie und überreichte ihn Isak.
Isaks Hände zitterten, als er den Brief in die Hände nahm. Er schwitzte und traute sich nicht ihn zu öffnen.
Doch Lucy sprach: «Lese ihn, er wird dir helfen», sagte sie und ging. Isak öffnete den Brief und fing an zu lesen.
Abschiedsbrief
Meine liebe Familie,
Ich muss leider gehen. Wohin, das weiß ich nicht.
Wie lange und wieso, das darf ich euch leider nicht sagen.
Aber es muss sein. Weil ich euch liebe, muss ich so von euch Abschied nehmen. Um euch zu schützen und mir die Reise leichter zu machen, da ich fürchte, ihr würdet mich begleiten, doch das dürft ihr nicht. Nicht, wenn ihr mich liebt.
Denn ich gehe, um wiederzukommen. Um euch alle wieder in den Armen zu halten. Damit alles so wird, wie es vor meiner Reise war.
Liebe Tante Lucy sei mir nicht böse, dass ich deinen Podo mitnehme. Doch das wird das Einzige sein, was mich auf meiner langen Reise in kalten und einsamen Nächten an euch und eure Wärme und Liebe erinnern wird, neben meinen Gedanken und Erinnerungen. Und mir dann in dunklen Stunden ein Lächeln schenken wird.
Ich möchte dir und Onkel Lu aus ganzem Herzen danken, dass ihr mich als einen von euch aufgenommen und mein Leben so schön und vielfältig gemacht habt. Ich habe euch immer als Tante und Onkel angesehen und werde dies auch immer tun, das kann nichts auf der Welt ändern. Und auch dir, lieber Großvater Isak, möchte ich danken. Für deine Liebe und Aufmerksamkeit, die du mir schenktest. Ich war nicht immer einfach und dennoch hast du dir nie anmerken lassen, wenn ich mal deine Geduld überstrapazierte. Ich weiß über alles Bescheid. Ich bin sehr froh, dass du mich aufgezogen hast. Und es macht mich stolz, dich Großvater nennen zu dürfen. Und dies wird sich auch niemals ändern. Doch jetzt muss ich Lebewohl sagen und gehen, wohin es mich auch immer führt. Zum Glück ist Can bei mir, der mir eine große Stütze sein wird. Auch er bedankt sich für die Herzlichkeit und Liebe, die ihr ihm geschenkt habt.
Wir beide hätten gewünscht euch persönlich Lebewohl zu sagen, doch sollte es nicht so sein. Und nun müssen wir aufbrechen, in der Hoffnung, euch alle bald wieder zu sehen.
Denn hier ist unsere Heimat und noch viel wichtiger: unsere Familie.
Und ich bitte euch nochmals: Folgt uns nicht. Bitte, Tante Lucy, halte die beiden, Isak und Lu, davon ab, Dummheiten zu machen, vor allem Onkel Lu.
Bis bald
In Liebe
Euer Sieben
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