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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Schlueter
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seine Kollegen auch nur im Geringsten geahnt, dass für einen der sieben menschlichen
     »Ausflüsse« – gemeint ist der Speichel – später der »neutrale« p H-Wert 7 ermittelt werden sollte, hätten sich den Altmeistern der Medizin angesichts der verdichteten Faktenlage vermutlich wohlig
     die Nackenhaare gekräuselt – nicht ahnend, dass sich darunter exakt sieben Nackenwirbel befinden   –, eine jener vielen anatomischen Eigentümlichkeiten im Übrigen, die wir mit fast allenVögeln und Säugetieren gemeinsam haben, vom Specht bis hin zur Giraffe.
    Den Hauptgrund, warum Hollywoods Megastar der 1930er Jahre, Greta Garbo, sich mit 37   Jahren von der Leinwand verabschiedete, um sich für den Rest ihres Lebens in ihrem New Yorker Siebenzimmerappartement von
     der übrigen Welt abzuschließen, hatte die gebürtige Schwedin einmal so beschrieben:
Alle sieben Jahre wischt eine Hand
über mich drüber und ich werde älter.
Auch wenn es sich hierbei wohl eher um eine subjektive Einschätzung handelte, fußte die Annahme der Schwedin auf einer langen
     abendländischen Auffassung:
Das vierte Lebensjahrsiebt ist die Blütezeit des Lebens,
hatte der jüdisch-hellenistische Denker Philon von Alexandria (ca. 15 vor Christus – 40 nach Christus) die gängige Lebensjahrsiebtelung
     fortgeschrieben. Ferner:
     
    Das fünfte Lebensjahrsiebt ist der Zeitraum der Verehelichung
    Das sechste bringt die Reife des Verstandes
    Das siebente die Veredelung der Seele durch die Vernunft
    Das achte die Vollendung von Verstand und Vernunft
    Das neunte die Zähmung der Leidenschaft durch Gerechtigkeit und Milde
     
    Dass nach dem zehnten Lebensjahrsiebt dann Schluss zu sein habe – ungeachtet aller endlich erworbenen Gerechtigkeit und Milde   –, wurde in der Solon’schen Tradition unter anderem durch Psalm 90 der Bibel gestützt:
Des Menschen Leben währet siebzig Jahre.
    Weniger definitiv dachten da die Verfasser der fünf konfuzianischen Klassiker, als sie lediglich fanden, dass man im Alter
     von siebzig Jahren bestimmter Pflichten ledig sein dürfe wie etwa jener, Besucher persönlich empfangen zu müssen. In der westlichen
     Kultur hielt sich dagegen Philons Vorstellung von einer Siebenjahres-Teilung unseres Lebens bis in unsere Tage: von dem Oxford-Gelehrten
     Sir Thomas Browne (1605 bis 1682;
Jedes siebente Jahr bringt eine Veränderung – entweder im Körper oder in der Seele
) über die Waldorfpädagogik Rudolf Steiners (1861   –   1925;
Im 4.   Jahrsiebt ereignet sich die Geburt des Ich
) bis zu jener modernen biowissenschaftlichen Theorie, dass sich sämtliche menschliche Zellen durchschnittlich alle sieben
     Jahre erneuerten. Grund genug für Greta Gustafsson-Garbo, auf die biblischen siebzig Jahre noch zwei Jahrsiebte draufzulegen
     und erst mit 84   Jahren von der Weltbühne abzutreten.
    Giraffenskelett mit seinen sieben Nackenwirbeln
    Der letztgenannte Siebenbezug bleibt für die meisten Sterblichen ebenso unsichtbar wie der Umstand, dass zu unserem aufrechten
     Gang die sieben unterschiedlichen Fersenknochen
Talus
,
Calcaneus
,
Os naviculare
,
Os cuneiforme I
,
Os cuneiforme II
,
Os cuneiforme III
und
Os cuboideum
beitragen.
    Auch ist es zumindest verblüffend, dass nach allen bisherigen zahlenpsychologischen Erkenntnissen sowohl das frühe kindliche
     als auch das implizite tierische Zählvermögen in der Regel bei der Zahl Sieben enden.
    Dergleichen war im Laufe der nachhippokratischen Jahrhunderte kein Thema. Ohnehin zielte das Interesse antiker und mittelalterlicher
     Geistesgrößen meist weniger auf die Beschreibung der für alle sichtbaren Eigentümlichkeiten ober- und unterhalb des Mondes
     als auf deren Deutung und Wertung. Dies begann sich im Prinzip erst dann zu ändern, als man im 16.   Jahrhundert anfing, sich von der posthippokratischen Säftelehre des alexandrinischen Arztes Galenus zu lösen und Schröpfutensilien
     und Aderlassbesteck zur Seite legte.
    Auf den meisten Feldern des Wissens trat zunehmend Forschung an die Stelle von Überlieferung, und im Gleichtakt mit industrieller
     Revolution und fließenden Forschungsgeldern revolutionierten sich auch die Naturwissenschaften.
    Und doch – als hätte es noch eines letzten Bindegliedes zwischen archaisch-numerologischer Empirie und neuzeitlicher Systematik
     bedurft, war erneut die Sieben zur Stelle. Gemeint sind weniger solche wissenschaftshistorischen Randnotizen, dass etwa Charles
     Darwin seine Evolutionstheorie in sieben

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