Sieben
blieben hart und gaben Euridike nicht mehr frei.
In der Vorstellung der Mayas – jener Kultur also, die sich ab dem zweiten vorchristlichen Jahrtausend in Mittelamerika gleichsam
antipodisch zur babylonischen und zur Indus-Hochkultur entwickelte – war die Erde in »sieben Ebenen« eingeteilt. So war das
Maya-Jahr in 13 Monate je 4 x 7 (also 28) Tage gegliedert. Einem Maya-Mythos zufolge existierten ursprünglich sieben Unterweltpaare, und so
waren gemäß den analogen Ursprungsmythen der mesoamerikanischen Nachfolgekulturen der Mayas die ersten Menschen einst aus
sieben Höhlen gekrochen. Geografisch näher standen den Hochkulturen Klein- und Mittelasiens da schon die ägyptischen Religionen,
in denen ungeachtet aller sonstigen Unterschiede »sieben Himmelswege«, »sieben Himmelskühe« und »sieben Stätten des Totenreichs«
Platz fanden, um hier nur einige wenige zu erwähnen.
Dabei hatte die Sieben im alten Hellas längst auch abseits von Mythen und Religion ihre Magie zu entfalten begonnen, allen
voran in Naturwissenschaft, Astronomie, Geografie und Medizin, etwa indem man ähnlich wie in Babylon annahm, dass alles Festland
dieser Welt von genau sieben Meeren umschlossen sei – eine Überzeugung, die durch die Existenz der sieben Weltwunder gefestigt
schien, die es zwischen Rhodos, Babylon, Gizeh und Alexandria zu besichtigen gab. So war es denn nur folgerichtig, dass die
Denker der Antike – darunter auch jene, die später nicht zu den »Sieben Weisen« zählen sollten – anfingen, über die Zahl der
Zahlen nachzudenken. Unter ihnen der Philosoph Philolaos von Kroton (um 470 – 399 vor Christus), der die Sieben gar mit der Göttin Athene verglich:
Ewig, beharrlich, unbeweglich, sich selbst gleich, von allen anderen verschieden.
Vielleicht ist es am Ende gar denkbar, dass die Ursprünge der mystischen Sieben nicht bei den Religionen zu suchen sind, sondern
dass die von Philolaos »ewig« genannte Zahl eher naturwissenschaftlich begründet war und so als gleichsam »magische« Gesetzlichkeit
umgekehrt in die Kosmologie der Kulte und Religionen Eingang gefunden hat. Damit würde sich bestätigen, was der römische Politiker,
Schriftsteller und Philosoph Cicero so ausdrückte:
Septem numerus rerum omnium fere nodus est
–
Die Zahl Sieben ist der Knoten so ziemlich aller Dinge
.
Letzteres dachte wohl auch jener auf der Ägäisinsel Kos gebürtige Arzt, der nicht zuletzt mit seiner Eidesformel, vor allem
aber mit seiner Viersäftelehre die Medizin der nachfolgenden Jahrtausende erheblich beeinflussen sollte: Hippokrates(zirka 460 – 370 vor Christus):
Die Zahl Sieben neigt dazu, alle Dinge ins Sein zu bringen
, heißt es in einer Hippokrates zugeschriebenen Schrift – und:
Sie teilt Leben aus und ist die Quelle allen Wechsels. So wie der Mond seine Phasen alle sieben Tage ändert, beeinflusst die
Sieben alle Dinge, die sich unterhalb des Mondes abspielen.
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Über alle Zeiten
Die Sieben in Kosmos, Wissenschaft und Philosophie
Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde
ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden
, heißt es bekanntlich im Eid des Hippokrates. Auch wenn jener ärztliche Schwur nach zweieinhalb Jahrtausenden deutliche Erosionsspuren
zeigt – Stichwörter: Doping-Ärzte, »Schönheits«- Chirurgie , Zweiklassenmedizin, von »Eugenik« oder »Eutha nasie « ganz zu schweigen –, könnte man diese Hinterlassenschaft des Urvaters der abendländischen Medizin als gleichsam nobelpreiswürdig ansehen. Wie
anders verhält es sich indes mit Hippokrates’ Heilkunst und seinen medizintheoretischen Abhandlungen! Vier Körpersäfte eiferten
um unser tägliches Wohl und Wehe, hatte der Spitzen-Mediziner des sechsten und fünften vorchristlichen Jahrhunderts befunden:
Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle
( haíma kai phlégma kai chólän xanthän kai chólän mélainan
).
Was das griechische Originalzitat auch heute noch interessant macht, sind die griechischen Vokabeln: haíma (= Blut; lateinisch:
sanguis), phlégma (Schleim), chólä (Galle) und mélainos (Schwarz) – jene Begriffe also, mit denen Hippokrates unbeabsichtigt
die Spur zur eher neuzeitlichen Temperamentenlehre legte. Dabei hätten sich vermutlich weder Sanguiniker noch Phlegmatiker,
Choleriker oder Melancholiker späterer Jahrhunderte freiwillig in die
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