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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Schlueter
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der Frage nach der weiteren Verbreitung der »mystischen Sieben« rund um
     den Globus jener »Diffusionstheorie« zu folgen,die der königlich-bayerische Ministerialrat und Anthropologe Ferdinand von Andrian-Werburg im Jahr 1901 erstmals zum Ausdruck
     brachte (›Die Siebenzahl im Geistesleben der Völker‹) und die seither in fast allen Publikationen zum Thema wiederholt wird:
Die kosmisch-mystische Sieben strahlt von den ältesten Kultursitzen in Mesopotamien nach den verschiedensten Weltrichtungen
     aus.
    Marx Anton Hannas: Der Turm zu Babel, 17.   Jh., Holzschnitt, 16,7 x 11,9   cm, New York, Metropolitan Museum of Art
    Wie anders als unter dem mächtigen kulturellen Einfluss Babylons hätte sich wohl die »mystische Sieben« im Hellenismus etablieren
     und der ursprünglich bedeutsameren »Neun« (siehe: neun Musen oder neun Wochentage den Rang ablaufen können. Wie anders hätte
     sich die babylonische Vorstellung von »sieben Meeren« oder »sieben Weisen« über das klassische Altertum bis in die Neuzeit
     erhalten? Über Babylon führt der Exportweg, auf dem sich die sumerische Vorstellung von »sieben Dämonen«, »sieben Weisen«
     oder »sieben Himmeln« Jahrhunderte oder Jahrtausende späterim Zoroastrismus (siehe: sieben »Amesha Spentas«), im Hinduismus (siehe: sieben »Rishi«) oder im Islam (»sieben Himmel«, »sieben
     Weise«, »sieben Schutzheilige«, »sieben Hirten«) etablierte und die »sieben Weltteile«, »sieben Jahreszeiten«, »sieben Himmelsfestungen«
     oder »sieben Meerestiefen« in die heiligen indischen Texte der ›Rigveda‹ Einzug hielten.
    Lange bevor man dem altgriechischen Staatsdichter Homer mangels greifbarer biografischer Daten gleich sieben unterschiedliche
     Geburtsorte zuerkannte, hatte der solchermaßen Geehrte zu seinen Lebzeiten in der Tat selber der Neun den Vorzug gegeben:
     So begegnen wir etwa in Homers bekanntesten Werken rund doppelt so oft neunjährigen oder neuntägigen (›Ilias‹:
Schon neun Tag empörte der Streit die unsterblichen Götter
) als etwa siebentägigen oder Siebenjahresfristen: (›Odyssee‹:
Sieben Jahre blieb ich bei ihr und netzte mit Tränen stets die ambrosischen Kleider, die mir Kalypso geschenkt.
) Noch deutlicher schlägt die ursprüngliche Dominanz der Neun gegenüber der Sieben in der dritten Hauptquelle der griechischen
     Mythologie zu Buche, der im siebten vorchristlichen Jahrhundert verfassten ›Theogonie‹ des griechischen Landwirts und Dichters
     Hesiod: Während sich bei Hesiod die »Neun« mal göttlich inspiriert, mal frivol in Szene setzt, findet hier die Sieben nicht
     ein einziges Mal Erwähnung.
    Nicht von ungefähr tritt das Motiv des rituellen Auf- beziehungsweise Abstiegs in der Kultur- und Religionsgeschichte immer
     wieder zu Tage. Spiegelt sich darin doch letztlich jener Vorgang, der sich im menschlichen Leben stets dann wiederholt, wenn
     jemand die Schwelle von einer »Welt« in eine andere »Welt« überschreitet – heißt: wenn jemand den Zugang zu einer neuen gesellschaftlichen
     Gruppierung anstrebt. Je »elitärer« oder »mystischer« die angestrebte Zugehörigkeit ist – so die Regel   –, umso stärker treten beim Übergang die Elemente »Initiation« und »Wandlung« in Erscheinung.
    Auch hier setzte sich einmal mehr die Sieben in Szene und findet ihren Ursprung in den mesopotamischen Vorstellungen. So scheint
     etwa der symbolische »Aufstieg« der Initianden in den römischen Mithrasmysterien (welche im Übrigen jeweils am 7., 14., 21.
     und 28. eines Monats stattfanden) durch »sieben Himmelstore« undenkbar ohne die sumerisch-babylonische Vorstellung von sieben
     Planetensphären – sprich: Himmeln. Den Ritus, dass dabei besagte Initianden bei jedem dieser Tore ein Kleidungsstück ablegten
     (symbolisch für je eine abgelegte Eigenschaft), gibt es schon in der babylonischen Mythologie, wonach auch Ischtar auf dem
     Weg ins Totenreich an jedem der sieben Unterwelttore ein Kleidungs- und ein Schmuckstück ablegen muss. Von jenen sieben »Unterwelttoren«
     zur christlich-mittelalterlichen Vorstellung von den sieben Stufen des Fegefeuers ist es dann nur mehr ein ähnlich kleiner
     Schritt wie von den sieben Mithras-Weihestufen zu den sieben priesterlichen Weihestufen des Mittelalters (Ostiarier   – Lektor – Akolyth   – Subdiakon – Diakon   – Priester – Bischof).
    Verfolgt man die Idee des Aufstiegs oder Abstiegs durch sieben Sphären durch die Religionsliteratur und

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