Sieben
Mal recht bewusst, dass ihre Stadt in Wahrheit ein paar Erhebungen mehr aufweist.
Schon Jahrhunderte, bevor man in Rom den Septemviratus als Idealbesetzung für Gremien ansah – bevor Gaius Julius Caesar seine
›Comentarii de Bello Gallico‹ in sieben Bücher fasste und bevor die anfangs sakralen Saturnalien zum siebentägigen »Sex, Drugs
& Rock ‘n’ Roll«-Gelage verkamen, hatte die »mystische Sieben« via Athen die römische Geisteswelt erobert. So überraschte
etwa der ansonsten stocknüchterne Staatsmann Cato anfangs des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts den Senat mit dem Vorschlag,
das Stadtgründungsdatum Roms (nach heutiger Zeitrechnung am 21. April 753 vor Christus) um ein Jahr vorzuverlegen, um es mit dem Eröffnungsdatum der siebten Olympischen Spiele in Einklang
zu bringen – ein Vorstoß, der allerdings scheiterte. Als nachhaltiger erwies sich dagegen die Einschätzung des Hannibal-Bezwingers
Scipio (235 – 183 vor Christus), die Sieben sei
der Knoten aller Dinge
. Dahinter konnte auch der Naturforscher und Philosoph Seneca (1 vor Christus bis 65 nach Christus) nicht zurückstehen und
ließ verlauten, dass
jedes siebte Jahr seinem Zeitalter seinen Stempel aufdrückt
.
Ein vergleichbares Hin und Her blieb der türkisch-osmanischen Siebenhügel-Metropole Konstantinopel – heute Istanbul – erspart.
Hier zählte man von Anbeginn an nicht mehr und nicht weniger als sieben Erhebungen, ungeachtet der Tatsache, dass die höchste,
der Mount Bülgürlü, genau betrachtet aus zwei Hügeln besteht. Dieser Umstand dürfte die Tourismusmanager der bulgarischen
»Siebenhügelstadt« Plovdiv mit Neid erfüllen, wurde hier doch die Hügelzahl durch Einebnung des Markovo Tepe auf sechs abgeschmolzen.
Imagewahrend wirken seither »Seven Hills«-Hotels, »Seven-Hills«-Sightseeing-Touren und »Krieger der sieben Hügel«-Videospiele.
Fazit: Geografische oder historische Fakten wiegen nicht viel gegen prestige- und damit meist devisenträchtige Mythen. Warum
sollten sich also etwa die Anrainer des rechtsrheinischen Siebengebirges mit der Tatsache belasten, dass ihre 460 Meter hohe Mittelgebirgslandschaft summa summarum fast dreißig Erhebungen umfasst. Oder warum sollte es »La villa de los 7
sietes« (»Die Stadt der 7 Siebenen«), wie sich die spanische Stadt Olmedo in der Provinz Valladolid selber nennt, an die große Glocke hängen, dass man
neben einem historischen Reiseführer reichlichPhantasie benötigt, um besagte sieben Kirchen, sieben Klöster, sieben Quellen, sieben Torbögen, sieben Plätze, sieben Villen
und sieben Volksgruppen heute noch zahlengenau zu identifizieren?
Breiten wir also einen freundlichen Schleier über Siebenbrückenstädte, »Siebendörfer«-Agglomerationen, Siebenbu(e)rgen, Siebenbrunns
und all jene anderen geografischen Siebenbezüge, überlassen wir Siebenschläfer, Siebenpunkt-Marienkäfer, Siebensterngewächse,
Siebenbäume oder Siebengerüche je nachdem der Flora, der Fauna oder dem Volksglauben, zählen wir bei jenen »sieben Sachen«,
die man angeblich zum Backen oder wozu auch immer braucht, nicht allzu genau nach, lassen wir die allgegenwärtige Siebenmystik
in Religion, Aberglauben oder Esoterik unbefragt, freuen wir uns weiterhin an den Siebenhäufungen in den Märchen, wünschen
wir jenen Buch-, Film-, Manga-, Videospiel- oder Musiktiteln, die mit dem absatzfördernden Zahlenattribut um Aufmerksamkeit
heischen, den jeweils angestrebten Erfolg und gehen wir stattdessen jenen Siebenbezügen nach, die wir als gleichsam historische
Fakten sozusagen mit der Muttermilch aufgenommen haben – allen voran die »Sieben Weltwunder der Antike«. Listet man besagte
»Sieben Weltwunder« nach ihren mutmaßlichen Fertigstellungsterminen auf, so scheint an der historischen Authentizität auf
den ersten Blick kein Zweifel zu bestehen:
Pyramiden/Gizeh (um 2580 vor Christus)
»Hängende Gärten«/Babylon (um 810 vor Christus)
Zeus-Statue/Athen (um 432 vor Christus)
Artemis-Tempel/Ephesos (um 356 vor Christus)
Grabmal König Mausolos/Harlikanassos (um 350 vor Christus)
Leuchtturm Pharos/Alexandria (um 299 vor Christus)
Koloss von Rhodos (um 292 vor Christus)
Die sieben antiken Weltwunder von links nach rechts und von oben nach unten: Pyramiden von Gizeh, die Hängenden Gärten von
Babylon, der Artemis-Tempel von Ephesos, die Zeus-Statue von Athen, das Grabmal von König Mausolos in Harlikanassos, der Koloss
von
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