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Siebenpfahl (German Edition)

Siebenpfahl (German Edition)

Titel: Siebenpfahl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Schröder
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nicht viel
verdienten, würde die Familie nun auf andere Dinge verzichten müssen. Marcel
vereinbarte daraufhin mit Christopher, dass sie Margret den ganzen Lohn geben
würden, den sie für den Botengang zur Burg Rodenstein erhalten hatten.
    Nachdem sie gegessen hatten, gingen sie weiter. Marcel wäre gerne
geblieben. Er blickte sich nochmals nach dem Mädchen um, das ihm kurz zuwinkte.
    Plötzlich herrschte heller Aufruhr: Ein Mann in einem zerlumpten
Umhang wurde von der Meute ergriffen. Sein Gesichtsausdruck spiegelte panische
Angst wider.
    »Schlagt ihm die Hände ab, dem elenden Tagedieb«, rief der Händler,
vor dessen Stand sich das Ganze abspielte. Zwei Männer von kräftiger Statur
hoben den Ertappten, der nicht größer als ein Meter und Fünfzig war, in die
Höhe und stellten ihn der Menge zur Schau. Manche der Umherstehenden lachten
und spotteten ob seiner Körpergröße. Andere wiederum forderten, dass man ihn
doch am besten gleich hängen sollte.
    Endlich schritten zwei Wachmänner ein. Sie schoben die Schaulustigen
zur Seite und drängten sich zum Ort des Geschehens vor. »Was gibt es, dass ihr
diesen Mann festhaltet?«, fragte einer von ihnen.
    »Er wollte mich bestehlen!«, rief sogleich der Standbesitzer dazwischen
und deutete auf die am Boden liegende Hose. »Zum Glück haben ehrbare Bürger den
Diebstahl beobachten und ihn überwältigen können.«
    Die Wachmänner blickten auf die Hose, die etwa zwei Meter vor dem
Stand auf dem Boden lag. Während sie der eine aufhob, wandte sich der andere
dem Gefangenen zu. »Stimmt es, wessen dich der Händler beschuldigt?«
    »Ich wollte sie nur ansehen und nicht stehlen«, stammelte der
Beschuldigte. Sein Aussehen war erbärmlich. Er hatte nur noch zwei Zähne im
Mund, doch auch die würden ihm bestimmt bald herausfallen, so verfault waren
sie. Sein Gesicht war faltig und dunkel gebräunt, was ihm ein zigeunermäßiges
Aussehen verlieh. Man hätte ihn auf sechzig schätzen können, doch war er bestimmt
um einiges jünger.
    »Wer hat beobachtet, dass er die Hose stehlen wollte?«, fragte der
Wachmann in die Menge.
    »Ich«, antwortete ein gutgekleideter und vornehm wirkender Herr.
»Er wollte die Hose unter seinem Umhang verschwinden lassen, und danach vermutlich
das Weite suchen.«
    Die Jungen waren geschockt. Vom einen auf den anderen Moment hatte
sich das Blatt gewendet; von einem fröhlichen und stimmungsvollen Markt in eine
bedrohliche Situation, wo Menschen den Tod eines anderen forderten, nur weil
dieser eine Hose stehlen wollte oder es ihm einfach nur vorgeworfen wurde.
    Bei dem Zeugen handelte es sich um den Bruder des Burgvogtes. Er
war der Besitzer des Badehauses, ein ehrbarer Bürger, dem man mehr glaubte als
einem Dahergelaufenen.
    Der Wachmann bekam nun einen weitaus freundlicheren
Gesichtsausdruck. »Wenn Ihr das sagt, so wird es wohl seine Richtigkeit haben«,
sprach er. »Wo kämen wir hin, wenn das Wort eines Ehrenmannes nicht mehr dem
eines Wegelagerers standhalten könnte!«
    Die Wachmänner nahmen den zum Dieb erkorenen Mann in ihre Mitte
und bahnten sich mit ihm einen Weg durch die mittlerweile reichlich versammelte
Zuschauermenge. Immer wieder beteuerte der Kleinwüchsige seine Unschuld und
verfiel dabei in ein wahres Gejammer, doch wurde ihm von niemandem mehr Gehör geschenkt.
    Mit gedrückter Stimmung schauten Marcel und seine Freunde drein.
Conrad konnte ihr Unbehagen deutlich spüren. Er klatschte in die Hände. »Kommt,
lasst uns gehen und den restlichen Tag genießen.«
    Auf dem Weg zurück zur Burg, der sie noch einmal an all den
Ständen vorbeiführte, fiel Christopher eine seltsame Gestalt auf. Sie hielt
sich zwischen zwei Ständen auf, die nicht sonderlich groß waren und einen eher
armseligen Eindruck machten. Der Mann trug einen ungepflegten Bart und eine
schmutzige Mütze, die er tief ins Gesicht gezogen hatte. Sein Umhang war zerrissen
und zerfranst und man konnte schlecht sagen, welche Farbe er ursprünglich einmal
hatte. Er stand da und betrachtete Christopher mit scheuem Blick.
    Margret, die dicht hinter Christopher ging, spürte dessen
zögerlichen Schritt. Sie blickte auf und sah, dass sich Christopher und Rufus
anstarrten. Während sie Rufus zulächelte, schubste sie Christopher an. »Geh
weiter, der tut dir nichts!«
    Ein Stück entfernt, drehte sich Christopher um. »Was war denn das
eben für eine Gestalt?«, verzog er angewidert das Gesicht. »Ist ja erschreckend!«
    »Das war Rufus«, erklärte Margret. »Er

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