Siebenpfahl (German Edition)
unten blieben.
Siebenpfahl ging zu einer der Fensteröffnungen, wo er das davorhängende
Tuch beiseite hielt und hinausblickte. Viele der Bewohner waren unterwegs zum
Marktplatz, um sich die Vorstellungen der Gaukler anzusehen und den Geschichten
der Erzähler zuzuhören. Es würde wieder eine große Attraktion werden, auf die
sich die Menschen schon immer weit im Vorfeld freuten. Eine Weile stand er da,
in Gedanken versunken, als Krummhold hinter ihn trat.
»Ich überlege, wie wir an das Buch der Zauberpulver gelangen«, murmelte
Siebenpfahl, ohne sich nach Krummhold umzudrehen. »Es liegt in einer
versteckten Höhle, die vom Wächter der Zeit bewacht wird. Er hat eine Armee von
toten Magiern zur Seite, die in Form von Steinen all diejenigen in die Flucht
schlagen, die Böses vorhaben. So sagte er es mir zumindest damals.«
Krummhold nickte. »Was hat es mit dem Buch auf sich?«
»Es ermöglicht mir, die Zeit in einer bestimmten Periode gefangen
zu halten.«
»Das verstehe ich nicht ganz!«, erwiderte Krummhold.
»Nun, ich kann anhand eines alten magischen Spruches, in
Verbindung mit einem bestimmten Zauberpulver, festlegen, dass die Zeit nicht
mehr weiter voranschreitet. Es würde nur noch Tag und Nacht werden, sodass wir
auf ewig leben könnten.«
Krummhold sah Siebenpfahl an, der noch immer den Blick durch die
Fensteröffnung gerichtet hielt. Er konnte das Blitzen in Siebenpfahls Augen
nicht sehen, sonst wäre ihm das Blut in den Adern gefroren. Siebenpfahl würde
nicht einmal davor zurückschrecken, Menschenleben zu opfern, um an dieses Buch
zu gelangen. »Es ist zwar schwer vorzustellen, aber der Gedanke an das ewige Leben
gefällt mir«, sagte Krummhold.
»Wem gefällt der nicht?!« Siebenpfahl drehte sich mit einer
unerwartet raschen Bewegung um. »Darum müssen wir unbedingt das Buch finden und
den Zauber abschließen. Sollte uns das nicht gelingen, so würde die Zeit erst wieder
fünfhundert Jahre voranschreiten, bevor sich der Zeitsprung wiederholte.« Sein
Blick schien Krummhold zu durchbohren. »Lass uns nochmal zurück in mein Haus
gehen und ein paar Bücher durchstöbern, vielleicht finden wir ja doch einen
Hinweis.«
Auf der Treppe stand Johann und hatte alles mit angehört …
*
A ls es an die Tür des alten Paters klopfte, blickte er überrascht von
seinem Buch auf und erhob sich schwerfällig, um zu öffnen.
Bäcker Eberhard stand vor der Tür und ein Lächeln zog über das
Gesicht des alten Geistlichen. Er mochte Eberhard, weil dieser oftmals Brot für
die Armen spendete und er in ihm eine gute Seele sah, die ihm Gott dankenswerter
Weise zur Seite gestellt hatte. Der Kampf gegen die Armut und Unterdrückung benötigte
eben viele helfende Hände. »Sei gegrüßt, Eberhard. Darf ich dich zu einem Becher
Wein hereinbitten?«
»Nichts lieber als das«, gab Eberhard erfreut zurück und leckte
sich genüsslich die Lippen.
Der Kaplan trat zur Seite. »Was führt dich zu mir?«
»Ich weiß nicht recht, wie ich es Euch sagen soll«, brachte Eberhard
stockend hervor. Sein Gesichtsausdruck war plötzlich angespannt und unsicher.
»Dann tu es doch einfach.«
Eberhard seufzte. »Ich habe ein Gespräch mitbekommen. Also nicht
dass Ihr denkt, ich hätte bewusst gelauscht…«
»Nein, das denke ich nicht«, unterbrach ihn der Kaplan und deutete
ihm sogleich an, fortzufahren.
»Ich war also in der Wirtsstube und hörte, wie ein Mann hinter mir
zu einem anderen sagte, dass die Jungen, die bei Conrad Unterschlupf gefunden
haben … naja … mit dem Teufel im Bunde stehen sollen.«
»Das ist ein ernstzunehmendes Gerücht!«, meinte der Kaplan.
»Das denke ich auch.«
»Wie siehst du die Sache?«
»Die Jungen sind in Gefahr.«
»Da liegst du nicht falsch. Sie befinden sich sogar in großer Gefahr«,
pflichtete der Kaplan bei. »Tu mir bitte einen Gefallen. Geh und hole Conrad, sollte
er noch da sein. Die Gaukler beginnen gleich und ich vermute, dass er schon auf
dem Marktplatz ist.«
Eberhard erhob sich und verließ eilig den Raum. Gerade als er zur
Tür herausgetreten war, sah er Conrad um die Ecke verschwinden und eilte ihm
nach. »Warte, Conrad, nicht so schnell«, rief er hinterher.
Conrad blickte sich um und blieb stehen. »Was gibt es denn so Wichtiges?«
»Der Kaplan wünscht dich zu sprechen.«
»Ich wollte gerade auf den Marktplatz zu den Gauklern. Immerhin
gibt es diese Gelegenheit nicht jeden Tag«, erklärte Conrad.
»Es ist sehr wichtig und ich möchte dich bitten,
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