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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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zuzuschlagen, doch dann blitzte plötzlich tief in ihr ein Anflug von Erkennen auf. »He, Sie waren doch beim Prozess, oder?«
    »Richtig«, nickte er, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt.
    »Sind Sie von der Presse?«
    »Presse?« Jetzt lachte er laut los. Offenbar machte ihm die Sache einen Mordsspaß. »Nein, das nicht gerade.«
    »Sondern?«
    »Ich habe Ihren Fall aufmerksam verfolgt.«
    Ihren Fall …
    Sarah hasste diesen Ausdruck. Entsprechend säuerlich fiel ihre Antwort aus. »Ja, und? Wollen Sie jetzt ein Buch über mich schreiben? Oder einen Artikel?«
    »Nein.«
    Die Klarheit, mit der er das sagte, irritierte sie. »Sondern?«
    »Ich möchte Ihnen helfen.«
    Jetzt war es an ihr, laut zu lachen. »Helfen? Wobei denn?«
    Keine Antwort.
    »Das Gericht hat mich freigesprochen, falls Ihnen diese Tatsache irgendwie entgangen sein sollte.«
    »Ja, ich weiß.«
    Sie hielt inne. Irgendwie war dieser Typ ihr unheimlich. Auch wenn er eigentlich ganz harmlos aussah. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, was Sie …«, setzte sie an, doch der Fremde unterbrach sie gleich wieder.
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Bitte.«
    »Empfinden Sie das, was geschehen ist, als gerecht?«
    Sie dachte an Karo und Tanja. Und an das Geld, das sie für sich beanspruchten. Das schöne, sauer verdiente Geld, das bald auf dem Konto dieser beiden ignoranten Faulpelze landen würde. Einzig und allein deshalb, weil irgendein bescheuertes Gesetz von Blutsverwandtschaft und Pflichtteil es so wollte. »Nun ja …«
    »Sehen Sie«, sagte der Mann, obwohl sie ja streng genommen noch gar nicht geantwortet hatte.
    »Verzeihen Sie«, wandte sie ein, »aber ich sehe nicht, was Sie für mich …«
    »Vertrauen Sie mir.« Er lächelte wieder. »Ich schlage vor, Sie hören sich meinen Vorschlag unverbindlich an, und anschließend entscheiden Sie ganz ohne Druck, ob Sie von meinem Angebot Gebrauch machen möchten oder nicht.«
    Das klang ja gar nicht so schlecht, aber …
    »Ich bin spezialisiert auf solche Dinge«, legte er nach, als er ihr Zaudern spürte.
    Sarah musterte ihn mit kritischem Blick. Es widerstrebte ihr, wie unverblümt er mit der Tür ins Haus fiel. Und es ging ihr auch gegen den Strich, nicht zu wissen, ob sie überhaupt über dasselbe Thema sprachen. »Was für Dinge meinen Sie?«, hakte sie vorsichtshalber noch einmal nach.
    Der Fremde zuckte die Achseln. »Erbrecht.«
    Also doch! Sarahs Finger krallten sich um den Türrahmen. Er war zwar direkt, aber nicht aufdringlich. Und sie war sich inzwischen auch sicher, ihn im Laufe der Verhandlung mehrfach im Zuschauerraum gesehen zu haben.
    Ich bin spezialisiert auf solche Dinge .
    Sie runzelte die Stirn. Natürlich konnte das genauso gut eine Falle sein. Ein Trick, mit dem Karo und Tanja sie aushorchen wollten. Man hatte ja schon Pferde kotzen sehen …
    »Ich finde, dass Sie Ihren Stieftöchtern nicht kampflos überlassen sollten, wofür Ihr verstorbener Mann sein Leben lang gearbeitethat«, sagte der Fremde in diesem Moment, als habe er ihre Gedanken erraten.
    Ihr gefiel die abfällige Art, mit der er das Wort Stieftöchter betonte. Trotzdem war sie noch immer vorsichtig. »Ich weiß nicht«, entgegnete sie mit einem Hauch von Langeweile in der Stimme. »Nach allem, was mir mein Anwalt gesagt hat, scheint es da wenig Spielraum zu geben …«
    »Glauben Sie mir, es gibt immer einen Weg …«
    Sie zögerte.
    »Natürlich müsste ich mir zuerst ein genaues Bild von der Vorgeschichte machen, um das Schlupfloch zu finden.«
    Schlupfloch! Sie lächelte. Das klang gut! »Und Sie sind …?«
    Er griff in die Tasche seines Jacketts und zog eine Visitenkarte aus dickem, hochwertigem Papier heraus. »Vielleicht sollten wir uns mal in Ruhe unterhalten«, schlug er vor. »Aber nicht jetzt.«
    Sie warf einen Blick auf die Karte und zog die Augenbrauen hoch. Zugleich überlegte sie, ob er wissen konnte, dass sie verabredet war.
    Aber nicht jetzt …
    »Und wie kann ich Sie …«
    »Kein Problem«, entgegnete er mit einem charmanten Lächeln. »Rufen Sie mich einfach an. Die Nummer steht auf der Karte …« Er blickte flüchtig über die Schulter, den Gang hinunter. Eine Geste, die Sarah in ihrem Verdacht bestärkte, dass er von Manuel wusste. Von der Verabredung, die sie hatte. »Noch etwas«, sagte er, indem er ein ganzes Stück dichter an sie herantrat. So dicht, dass Sarah seine Haut riechen konnte und seine Wärme spüren. »Ich gebe Ihnen den guten Rat, Ihren

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