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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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nicht zu Bernecks restlichem Outfit passte.« Sie reichte Capelli ein Foto.
    Zhou blickte ihrer Partnerin über die Schulter und sah eine rot gemusterte Schirmmütze, auf deren Vorderseite in Gold das verschnörkelte Logo einer Speditionsfirma eingestickt war.
    »Cargo today«, las Capelli. »Sagt Ihnen das irgendwas?«
    Zhou schüttelte den Kopf.
    Ihre Partnerin stopfte das Foto in die Brusttasche ihrer Jacke. »Wir überprüfen das.«
    Dr. Bechsteins Igelaugen nahmen einen besorgten Ausdruck an. »Sie denken, die Mütze könnte ein Accessoire sein, oder?«
    »Falls der Täter seinem Muster treu bleibt, bei jeder Leiche etwas zurückzulassen, läge das nahe«, entgegnete Capelli, ohne sich explizit festzulegen.
    »Ach ja«, rief Dr. Bechstein, »das hätte ich beinahe vergessen!« Sie lief zu einem anderen Tisch, öffnete die Stahlkassette, die dort stand, und entnahm ihr ein Beweistütchen aus Plastik.
    Capelli betrachtete den Inhalt mit verwunderter Miene. »Eine Schachfigur?«
    »Ja, ein schwarzer Bauer.«
    »Wo haben Sie die gefunden?«
    Dr. Bechstein schenkte ihr ein schelmisches Lächeln. »Sie steckte in Lina Wöllners Hosentasche.«
10
    Christina Höffgen blickte auf den Bildschirm ihres Laptops hinunter, ohne wirklich in sich aufzunehmen, was sie sah. Dreimal hatte sie an diesem Nachmittag bereits bei der Polizei angerufen, und immer hatte sie die gleiche Antwort erhalten: Es gibt keine neuen Erkenntnisse. Wir melden uns, wenn wir Fragen haben. Seien Sie ganz beruhigt, die Kollegen von der Streife sind angewiesen, regelmäßig bei Ihnen vorbeizufahren und nach dem Rechten zu sehen.
    Und dann?, dachte Christina stumpf. Was macht ihr dann? Wenn nicht alles in Ordnung ist?
    »Warum, glauben Sie, hat sich dieser Mann ausgerechnet an Sie gewandt?«
    Sie sah das Gesicht der Kommissarin vor sich. Entschlossene grüngelbe Augen voller Ungeduld.
    »Ich weiß es nicht«, hatte sie wahrheitsgemäß geantwortet. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    Doch das hatte ihr die Kommissarin natürlich nicht abgenommen.
    Hätte ich vermutlich auch nicht, hielt Christina ihr zugute. Das Ganze ist so … So völlig absurd. Sie klappte den Laptop zu und sah zur Terrassentür hinüber. Unmittelbar daneben befanden sich zwei bodentiefe Fenster zum Garten. Ihr Glas reflektierte das behagliche Wohnzimmerlicht, eine Front schwarzer Spiegel, die alles Dahinterliegende verbargen. Dafür zeichnete sich in den hellen Rahmen schemenhaft die Einrichtung ab. Der Kamin. Das Sofa, auf dem Christina saß. Und als vager Fleck auch ihre eigene Silhouette. Die Erkenntnis, dass man sie von dort draußen problemlos beobachten konnte, ließ sie mitten in ihrer Bewegung innehalten. Michael und sie hatten Gardinen immer für überflüssig gehalten. Wozu auch? Der Garten war ringsum gut eingewachsen und das ganze Jahr über eine echte Augenweide. Eine grüne Oase, mitten in der Stadt.
    Aber natürlich … Falls dort jemand stünde …
    »Unsinn«, fluchte sie halblaut, wütend auf die gesamte Situation und ein bisschen auch auf sich selbst.
    Bis gestern Nachmittag ist alles in bester Ordnung gewesen, dachte sie. Keine Sorgen. Keine dummen Gedanken. Und erst recht keine Furcht. Der Garten war einfach ein Garten gewesen und dieses Wohnzimmer der sicherste Ort der Welt. Doch dann hatte plötzlich diese vermaledeite Karte auf dem Couchtisch gelegen, und seither war nichts mehr so, wie es sein sollte.
    Sie stutzte erneut.
    Der Couchtisch , wiederholte etwas tief in ihr. Wieso hat die Post eigentlich auf dem Tisch gelegen? Du bist doch die Erste gewesen gestern Abend. Warum war die Post dann nicht im Briefkasten?
    Das Klingeln ihres Handys bereitete den unbequemen Gedankenspielen ein abruptes Ende. Christina fühlte den Vibrationsalarm in ihrer Hosentasche. Direkt auf ihrer Haut. Wie eine Berührung, der sie nicht zugestimmt hatte.
    Sei doch um Himmels willen nicht so ein Nervenbündel!, schalt sie sich. Und doch wollten ihr ihre Finger kaum gehorchen, als sie das Telefon herauszog und einen Blick auf das Display warf.
    Sie runzelte verwundert die Stirn und drückte dann eilig auf die Taste mit dem grünen Hörer. »Ja?«
    »Christina?«
    »Ja.«
    »Christina Höffgen?«
    Oh nein, das war unmöglich! Sie riss das Handy vom Ohr und starrte abermals auf das Display. Und tatsächlich: Dort blinkte ganz eindeutig »MICHAEL RUFT AN«. Dazu hüpfte eine alberne Comicfigur auf und ab.
    Er hat Michaels Handy!
    »Hallo?«
    Christinas Kopf flog herum, so heftig,

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