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Siebzig Acryl, dreißig Wolle: Roman (German Edition)

Siebzig Acryl, dreißig Wolle: Roman (German Edition)

Titel: Siebzig Acryl, dreißig Wolle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola Di Grado
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für mindestens sechs Personen, rund, aus schwarz lackiertem Holz, und in der Mitte stand ein kleines Tellerkarussell.
    »Was steht da an den Wänden, Jimmy?«
    »Da steht: ›Der Duft des Tees.‹ Frittierte Lilienblätterblüten und lackierte Ente?«
    »Nein, das sind die gleichen Sachen, die ich letztes Mal hier gegessen habe. An der ganzen Wand steht nur ›Der Duft des Tees‹?«
    »Die frittierten Lilienblätter sind aber supergut.«
    »Ich weiß, ich hab sie schon gegessen. Hör mal … Wen hat mir erklärt, dass jedes Schriftzeichen in einem gedachten Quadrat stehen soll, aber die hier an der Wand scheinen alle unterschiedliche Größen zu haben.«
    »Willst du jetzt die Blütenblätter oder nicht?«
    »Ach, nein, komm, wir gehen woanders hin, hier muss ich an hässliche Sachen denken.«
    »Ich bestelle sie für dich, die Blütenblätter, und du machst, was du willst.«
    Wir aßen zusammen eine ganze Pekingente, mit all den Zwiebeln, die darauf gehören. Am Schluss tat mir der Magen furchtbar weh. Jimmy, der Soße auf den Lippen hatte, betrachtete mich wie ein Riesenbaby in der Schule, das vor Gier darauf, eine Antwort zu geben, zittert.
    »Nicht hier, Jimmy.«
    Seine langen Hände, die unter dem Tisch nach meinen Schenkeln tasteten.
    »Ich hab gesagt, nicht hier!«
    Er schlüpfte unter den Tisch und begann mit seiner trägen Zunge meine Beine und Schenkel zu bearbeiten.
    Ich steckte den Finger in die rote Soße in der Schüssel. Schrieb mein geheimes Schriftzeichen auf den Tisch.
    Cameliamega auf dem Marmor.
    Cameliamega auf dem leergegessenen, stinkenden Teller.
    Jimmy kroch unter dem Tisch hervor, blieb aber auf den Knien und holte mich zu sich runter, zog mir das rote Hemdchen mit den Knöpfen aus, die zu einem bananenförmigen Loch auf Bauchhöhe führten. Der Boden war mit himmelblauen Fliesen ausgelegt, wie ein Schwimmbad.
    Während des Waschvorgangs kann sich das Bullauge.
    Jimmy bestieg mich und drang in mich ein. Sein Mundmund, der auf meiner Brust lächelte, seine Finger, die längsten des Königreichs, die sie wrangen wie einen Lappen, seine riesigen Fingernägel, die glänzten wie Spiegel.
    »Du bist wunderschön, Verlobte meines Bruders. Ich will, dass du bei mir bleibst, bis wir sterben.«
    »Was? Wir werden nicht sterben, Jimmy! Wir werden nicht zusammen sterben, verdammt!«
    »Na klar werden wir das, er wird uns alle beide umbringen, da bin ich mir sicher, aber ich will dich trotzdem.«
    Ich versuchte mich herauszuwinden, steckte aber fest. Er drückte mit der Linken fest meine rechte Brust und hielt mich mit der Rechten auf dem Boden fest. Ich spürte den Schmerz, der sich in kleinen Kreisen unter seinem Ellbogen ausbreitete. Der Geruch seines Schweißes und seines pikanten Atems stieg mir unangenehm in die Nase. Und dann war da noch der Geruch der Ente, die ausgenommen und dann ganz langsam gegart und mit einer dicken Glasur bestrichen wird, die so sehr nach Karamell schmeckt, dass man an die Körbchen mit Süßigkeiten in der City Bank denken muss, aus denen man genascht hat, wenn man mit seiner Mama Schlange stand. Besonders, wenn es der zwölfte Dezember zweitausendvier ist und du sie dort allein lassen musst, weil du einen Termin bei der Wohnungsbesitzerin in der Victoria Road Nummer zweiunddreißig hast, um dir die Schlüssel abzuholen … Und wenn du bis drei zählst, mein Schatz, stirbt dein Vater und ich verliere den Verstand. Und wenn du noch weiter zählst, stirbst auch du, umgebracht von dem Jungen, den du liebst!
    Es fehlt nur noch eine Sache, eine einzige, nämlich meine Mutter mit der Polaroid, es fehlt ein Foto von diesem widerlichen Ding, das aus mir geworden ist.
    Wartet mal, da fehlt auch noch ein anderes Foto, das aus den Werbespots für Diätpillen, wir machen ein »Vorher«-Foto, auf dem ich nackt auf den Fliesen liege, mit Jimmy auf mir drauf, und ein »Nachher«-Foto, auf dem ich mausetot bin und mir Wen die Hände um den Hals legt.
    »Jaaaa … Du bist so schön, für immer, bis in den Tod, schon bald, ich komme gleich …«
    »Jimmy, aber das Schriftzeichen für ›Konfuzius‹ ist doch das Gleiche wie das für ›Loch‹?«
    Rein und raus und rein.
    Und raus.
    Sein Sperma spritzt auf das gedachte Quadrat der himmelblauen Fliese.
    »Es ist so phantastisch gewesen, Verlobte meines Bruders. Wir werden miteinander schlafen, bis er uns in den Kopf schießt und für immer in dem roten Zimmer einschließt.«
    Ich befreite mich von seinem schweren Körper und hielt mir die

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