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Siebzig Acryl, dreißig Wolle: Roman (German Edition)

Siebzig Acryl, dreißig Wolle: Roman (German Edition)

Titel: Siebzig Acryl, dreißig Wolle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola Di Grado
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unter mein Todesurteil. Überstilisiert, wie es eben Mode ist. Ich legte einen Finger darauf und entdeckte, dass das Loch an der Stelle, wo die Schere eingedrungen war, besonders tief war, wie eine Art Krater. Als ich drückte, wurden die Farben des Films zu verlaufenden Regenbögen, wie die Ölpfützen auf dem Bürgersteig: dieses Wunder meteorologischer Verhöhnung, wenn du auf der Suche nach einer Mülltonne die Christopher Road entlanggehst, es gerade geregnet hat und du plötzlich direkt unter deinen Füßen alle Farben der Welt hast.
    Diese ganze Verschwendung von chemischen Spontanreaktionen, wo sie mir doch einfach einen bewaffneten Jugendlichen vorbeischicken könnten, der sagt: »Tasche oder Leben, haha, kleiner Scherz, wer will das schon, dein Scheißleben.«
    Ich stand auf. Der Mann der Frau in Blau war gerade gestorben. Ganz bestimmt deshalb, weil der Produktionsfirma durch das Lifting der Schauspielerin das Geld für sein Gehalt ausgegangen war.
    Ich wusch mich. Ich zog mich an.
    Draußen war es dermaßen April, dass ich mir die Augen mit der Hand beschirmen musste: so viel Licht, dass man kaum glauben mag, Gott habe nur einen einzigen Tag gebraucht, um es zu machen. Ich ging ganz langsam, versuchte immer, im Schatten zu bleiben.
    Ich bestieg den Zug neben ihm, dem Jungen, der mein ganzes Leben so deutlich verschlechtert hat, eine Banane aß und ein koreanisches Manga las. Ich sagte: »Hör mal zu!« zu ihm, aber er lachte immer nur über das Comic und hatte irgendwelches gelbes Zeug zwischen den Zähnen, wenn er den Mund aufmachte.
    Es war ein Lachen, das ganz anders war als sonst, fast böse.
    Unter den Schafen und Pferden schaukelten die Wiesen hypnotisierend und regengetränkt, man begriff nicht, wo das Schaukeln enden würde, wo das Gras aufhörte und der Tod begann.
    Der Regen demütigte das Gras sechsundvierzig Minuten lang, dann waren wir da. In der Grotte zog ich Lily aus meinen Gedanken wie einen bösartigen Tumor und stellte sie zwischen mich und Jimmy, mittenrein, genau dorthin, wo sich das Loch befand. Jimmy sagte: »Lily wer?«, während er den Haken meines Bikinioberteils öffnete.
    »Sie ist doch tot, verdammt noch mal, oder? Lass das mit dem Bikini!«
    »Nein, Mensch, sie ist nicht tot!«
    »Mit Nachnamen heißt sie Weiß?«
    »Ich komm mir vor wie in einem dieser Krimis, wo einem die Polizei Fragen stellt!«
    Er ließ sich auf mich drauf fallen, ohne mir ins Gesicht zu schauen. Er hatte eine rote Badehose an, auf deren rechtem Bein stand: »Fruity dance 2night«, gefolgt von chinesischen Schriftzeichen.
    »Hör mal, was machst du denn? Hör mir zu, kannst du mir mal erklären, warum Wen glaubt, dass ich mit ihm zusammen bin?«
    Er schob das Bikinihöschen im Schritt beiseite und drang in mich ein.
    »Jimmy, Scheiße, Mann, jetzt hör mir doch mal zu. Willst du es mir jetzt endlich erklären?«
    »Sei friedlich, Verlobte meines Bruders!«
    »Runter mit dir, du tust mir sauweh!«
    Ich konnte mich nicht von ihm befreien. Er hielt mir mit Gewalt die Beine mit den Schnittwunden fest, spreizte sie so brutal, als wollte er sie mir ausreißen. »Lass meine Beine los, du Blödmann, du tust mir weh!«
    Da war immer noch dieses blöde Meer vor uns, trotz allem.
    Da war ein Himmel von genau der Farbe, wie man sie im Kindergarten malt.
    »Ich … komme … Lass mich in dir kommen, du Verlobte meines Bruders … Aaah … du bist so wundersch …«
    »Nein!«
    Ein heißer Schwall. Er, der sich aus meinem Körper zurückzieht und sich auf dem harten Felsen ausstreckt. Überreste von ihm auf meinem brennenden Schenkel und in meinem Körper. Achten Sie darauf, dass Kinder sich nicht dem Bullauge nähern.
    »Ich hab ein anderes Mädchen kennengelernt.«
    »Wie bitte?«
    »Du bist nicht nett.«
    »Aber …«
    »Wir sehen uns nicht mehr, ich hab keine Lust mehr.«
    »Aber wer zum Henker ist sie?«
    »Sie ist aus Schanghai, ich hab sie beim Chatten kennengelernt.«
    »Geh zum Teufel.«
    Ich stand abrupt auf, und mir drehte sich der Kopf.
    »O Mann, bitte entschuldige, bin ich das, der dich an den Beinen verletzt hat?«
    »Nein, lass gut sein.«
    Ich sprang ins Wasser, und die plötzliche Kälte zersplitterte den Schmerz, der wie ein eiserner Ring um meine Kehle lag, in tausend Stücke.
    Er stand auf. »Aber wo willst du hin, Camelia?«, rief er mit erschöpfter Stimme.
    Ich schaute ihn fast erbarmungsvoll an, wie er da vor mir stand, sein baumelndes Ding zwischen den Beinen. Seine Augen guckten blöde wie

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