Sieg der Herzen
jetzt tot.«
»Irgendwelche Brüder oder Schwestern?« Unterdessen schnitt sie Scheiben vom Speck ab und legte sie in die Pfanne, die sie auf den Herd gestellt hatte.
Er zögerte, zumindest schien es ihr so. »Nein«, sagte er schließlich. »Es gibt nur mich. Wie ist es bei Ihnen? Haben Sie irgendwo Geschwister?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich war ein Einzelkind. Meine Eltern starben, als ich ein junges Mädchen war, und ich lebte dann mit meiner Tante zusammen.« Sie beschäftigte sich, indem sie den Speck salzte, obwohl er kein Salz brauchte, nur damit sie für einen Augenblick ihr Gesicht verbergen konnte.
»War sie gut zu Ihnen, diese Tante?«
Sie sah ihn nicht an. »Sie sind aber wirklich neugierig, Mr McLaughlin. «
»Jack.«
Sie seufzte. »Jack. Nein, sie war nicht besonders freundlich; sie führte Buch über meine zahlreichen Mängel, die sie in allen Einzelheiten im Nu aufzählen konnte, und sie hielt mir bei jedem Bissen Essen vor, dass ich von ihr abhängig war.« Was um Himmels willen hatte sie veranlasst, ihm etwas so Persönliches zu erzählen?
Sie hörte den Stuhl über den Boden schaben, und plötzlich war Jack hinter ihr und legte die Hände auf ihre Schultern. Er drehte sie sanft zu sich herum. »Olivia«, sagte er. Das war alles. Nur »Olivia«. Dann neigte er den Kopf und drückte leicht, federleicht, die Lippen auf ihren Mund. Das war der ganze Kuss, doch trotzdem glaubte sie, ihr Herz müsse zerspringen, und Hitze stieg ihr über den Hals hinauf ins Gesicht.
Sie hätte ihn sofort, noch an diesem Abend, auffordern müssen, seine Sachen zu packen und das Haus zu verlassen. Sie hätte ihm ins Gesicht schlagen oder ihn anzeigen sollen. Stattdessen stand sie einfach nur da, starrte zu ihm auf, so nahe, dass sie die Wärme seines Atems auf ihrem Gesicht spüren konnte und die Hitze seines Körpers wahrnahm, der sie zu bitten schien, näher zu kommen.
Er trat plötzlich zurück, ließ die Hände an seinen Seiten hinabsinken, und seine Schultern sackten ein wenig herab. »Ich hätte das nicht tun sollen«, sagte er. »Es tut mir leid.«
Bereue es nicht, dachte sie, und Verzweiflung stieg in ihr auf. Bitte, bereue es nicht!
Dann wandte er sich ab, stellte den Stuhl wieder an den Tisch, ging zum Spülbecken und starrte durch das Fenster in die verschneite Dunkelheit hinaus. Die Abendschatten betonten seinen imponierenden Rücken und die breiten Schultern, die schmale Taille und die Hüften sowie seine langen, kräftigen Arme. »Ich möchte nicht, dass Sie Angst vor mir haben, Olivia«, sagte er, ohne sich zu ihr umzuwenden. »Niemals sollen Sie Angst vor mir haben.«
Sie widerstand dem Impuls, die Arme um seinen Rücken zu schlingen und ihre Wange an seine Schulter zu schmiegen. Sie konnte sich vorstellen, wie seine Haut durch den Stoff dieses frischen Hemdes roch. »Ich habe keine Angst«, sagte sie. Es war ihr klar, dass dies angesichts der Tatsache, dass er ein fast völlig Fremder war, der zweifellos etwas verheimlichte, keine vernünftige Einstellung war. Dennoch hatte sie keine Angst vor ihm, ob es nun vernünftig war oder nicht.
Schließlich wandte er sich um. Seine Augen spiegelten tiefes Bedauern und alten Kummer wider. »Warum?«, fragte er mit belegter Stimme. »Warum vertrauen Sie mir, wenn Sie wissen...?«
»Wenn ich weiß, dass Sie vermutlich lügen, was Ihren Namen und Ihre Abstammung aus Nebraska und vielleicht auch ein Dutzend anderer Dinge anbetrifft?«, vollendete sie für ihn ohne Groll.
Er blickte fort und zwang sich dann, sie wieder anzusehen. Sie wusste, dass die Verbitterung, die sie in seinem Gesicht sah, gegen ihn selbst gerichtet war, nicht gegen sie. »Ja«, brachte er nach langem, lastendem Schweigen mühsam heraus. »Warum, Olivia?«
Sie wandte sich ab, um sich um den Speck zu kümmern, der in der Pfanne zu brutzeln begann. Es fiel ihr viel leichter, zu antworten, wenn er sie nicht mit diesen Augen anschaute, die fähig zu sein schienen, in den geheimsten Tiefen ihrer Seele zu forschen. »Ich weiß es nicht«, sagte sie und stieß ein wehmütiges kleines Lachen aus. Plötzlich musste sie gegen Tränen ankämpfen, die sie nicht zu weinen wagte. Sie befürchtete, dass die Tränenflut vielleicht niemals enden würde, wenn sie erst einmal begonnen hatte. »Vielleicht werde ich auf meine alten Tage dumm.«
»Was?« Er klang ehrlich verwirrt.
Olivia war zutiefst dankbar darüber, dass die Unterhaltung eine Wendung genommen hatte. Sie schniefte. »Ich bin
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