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Sieg der Herzen

Sieg der Herzen

Titel: Sieg der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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aufdecken, wenn er dazu bereit ist.«
    June zog ihm den Kessel mit einem Ruck und ein wenig unmutig aus der Hand, aber sie lächelte, und die gleiche starke und rückhaltlose Liebe, die sie für ihn an ihrem Hochzeitstag vor über 40 Jahren empfunden hatte, brannte immer noch in ihr. Diese Flamme hatte in all den harten ersten Tagen, als sie vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang gearbeitet hatten, nur um sich über Wasser zu halten, gebrannt. Sowohl in den glücklichen Zeiten als auch im Krieg mit den Verlusten - den schrecklichen Verlusten - hatte sie nie auch nur geflackert. »Wenn ich deine Meinung hören wollte, Mr McCaffrey«, sagte sie süß, »dann hätte ich danach gefragt.«
    Er neigte sich hinab - ziemlich tief, denn er war fast einsneunzig, während June nicht einmal einssiebzig war - und gab ihr einen Kuss auf den Kopf, mitten auf den Scheitel. Wenn er einen Penny für jedes Mal gehabt hätte, an dem er sie genau auf diese Weise geküsst hatte, wäre er reicher als Trey Hargreaves und Scully Wainwright zusammen, sagte sich June. »Meine süße Braut«, neckte er sie, und sie lachte und gab ihm einen Klaps.
    Gleichzeitig, in einem geheimen Winkel ihres Ichs, war ihr zum Weinen zumute - was für sie merkwürdigerweise nichts mit Jacob, sondern alles mit dem Mann zu tun hatte, der sich drüben in Olivias Haus versteckte.
    Rachel zog unterdessen ihren eigenen Mantel an und lächelte. »Ich gehe besser heim«, sagte sie. »Emma betreut die Kleinen, seit die Schule aus ist.«
    Jacob, der ritterlichste Mann, dem June jemals begegnet war, löste den Blick von seiner Frau und sah Rachel in die Augen. »Ich bringe dich rüber«, sagte er. Das Haus der Hargreaves war nur auf der anderen Straßenseite, und es war noch nicht ganz dunkel, aber so war Jacob nun mal: ganz der Gentleman. Er ist mit guten Manieren zur Welt gekommen, dachte June, und hat sie sich bewahrt.
    Rachel lehnte das Angebot mit einem Lächeln ab und winkte. »Guter Gott, Jacob, ich kann es gewiss allein zur anderen Straßenseite schaffen.« Sie sah June an, eine Hand auf dem Türgriff. »Du lässt mich wissen, wenn du etwas herausfindest?«
    Mit einem Seitenblick sa h June, dass Jacob die Augen verdrehte. »Vielleicht sollten wir Pinkerton-Detektive auf diesen Knaben ansetzen«, überlegte er laut.
    June gab ihm liebevoll einen Schubs mit einer Hand, den leeren Kessel in der Armbeuge der anderen, doch sie schaute dabei die ganze Zeit Rachel an. »Natürlich werde ich das. Und ich erwarte das Gleiche von dir.«
    Rachel nickte, öffnete die Tür, sodass der frische Wind das Feuer im Kamin tanzen ließ, und verließ das Haus.
    »Hast du vor kurzem Toby gesehen?«, fragte June und wandte sich zum Küchenbereich. »Er sollte sich besser nicht wieder zum Abendessen verspäten. Ich sage dir, seit er Emma Hargreaves ins Herz geschlossen hat, ist er mehr unterwegs als daheim.«
    Jacob zeigte sich unbeeindruckt. »Der Junge wird hier sein, sobald er das Essen riecht«, erwiderte er, ging zum Kaminsims und nahm seine Pfeife, die er als rücksichtsvoller Mann nicht im Haus rauchte. »Unterdessen, Miss June, Schatz, möchte ich nur wissen, was an diesem McLaughlin dran ist, das euch alle in so große Aufregung versetzt.«
    June schwieg lange. Nicht, dass sie keine Antwort geben wollte - sie teilte praktisch alles mit Jacob, er war fast so ein Teil von ihr wie ihre Hände oder ihr Herz -, doch sie verstand die Sache selbst nicht ganz genau. Sie wandte sich ihrem Mann zu und betrachtete forschend sein zerfurchtes, geliebtes Gesicht. Dann schüttelte sie den Kopf, wie um zu zeigen, dass sie ratlos war.
    »Ich kann nicht für die anderen sprechen«, sagte sie schließlich leise und mied Jacobs Blick, der sie die ganze Zeit über forschend angeschaut hatte. Dann sa h sie ihn jedoch direkt an. »Jedes Mal, wenn jemand neu in die Stadt kommt, beginne ich mich zu fragen - beginne ich an die Jungs zu denken.« Ihre Augen wurden feucht. »Ich nehme an, ich hoffe immer noch, dass sie eines schönen Tages hier eintreffen - selbst jetzt noch.« Sie legte eine Pause ein und schniefte. »In jüngster Zeit habe ich so oft an Will und Wesley denken müssen. Mehr als sonst - und ich weiß nicht, warum.«
    Jacob nickte und stopfte seine Pfeife, ließ June jedoch nicht aus dem Blick. Er war ein bedächtiger Mann, der sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen ließ. Dennoch hatte ihn der Verlust der Söhne fast genauso mitgenommen wie sie. »Es vergeht kein Tag - keine Stunde -,

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