Sieg der Herzen
verlassen hatte, und stellte einen gestiefelten Fuß auf das Geländer um den Ofen. Erst dann, als er endlich saß, blickte er Olivia an.
Er räusperte sich. »Ich nehme an, unsere älteren Jungs werden nicht sehr interessiert sein, aber unser Zweitjüngster, Isaiah, freut sich auf dieses Weihnachtsspiel, das Sie aufführen«, sagte er. »Der kleine Joshua hat gerade erst mit dem Sprechen angefangen und geht noch nicht in die Schule.«
Olivia lächelte in sich hinein und warf einen Seitenblick in Mirandas Richtung. »Sieht aus, als ob bald ein neues Baby zur Welt kommt«, bemerkte sie und errötete. Noch während ihr die Worte über die Lippen kamen, fragte sie sich, was in sie gefahren war und sie veranlasst hatte, so etwas Persönliches zu sagen.
Landry hingegen entspannte sich sichtlich und lächelte schließlich. Seine Augen glänzten vor Freude, und sie erkannte, dass er einen gewissen unbeholfenen Charme hatte - wie ein gutmütiger übergroßer Junge. »Ich hoffe, es wird ein Mädchen«, sagte er.
Ganz gleich, welche Differenzen sie mit diesem Mann und seinen Kollegen vom Stadtrat auch hatte, Olivia mochte ihn einfach wegen der Freude, die sie in seinem Gesicht sah, wegen der Liebe, die er so offenkundig für seine Frau und seine Kinder empfand, für die geborenen und das noch ungeborene. Die Kildares besaßen alles, was sich nach ihrer Ansicht jeder nur wünschen konnte - ein Haus, sich gegenseitig, gesunde Kinder und eine ganze Stadt voller loyaler Freunde.
Miranda, die seine Bemerkung mitbekommen hatte, äußerte sich dazu. »Diesmal bekomme ich bestimmt ein Mädchen. Da kannst du hoffen, was du willst.«
Alle lachten, auch Olivia. In ihr war ein fröhliches Gefühl, das ihr Herz wärmte. Draußen war der Schneefall stärker geworden, und die Gebäude auf der anderen Straßenseite waren hinter dem weißen Schleier fast kaum noch zu erkennen.
Während Miranda und Landry den Katalog betrachteten, ging Cornucopia in ihre Wohnung an der Rückseite des Ladens und holte die Stoffreste, von denen sie gesprochen hatte. Olivia war überglücklich über die Auswahl - es gab leuchtend gefärbten Baumwollstoff und sogar Seide und Samt. Sie strich mit der Hand ehrfürchtig über ein grasgrün gefärbtes Stoffstück. Und als sie zu Cornucopia aufblickte, glänzten ihre Augen vor Freude.
»Der Stoff ist so schön. Gewiss brauchen Sie ...«
Cornucopia winkte ab. »Ich kann ihn nicht verwenden.
Kein Stück ergibt mehr eine ganze Rolle. Die Reste reichen jedoch gerade für ein Kinderkleid. Ich glaube, diese Wolle hier reicht für einen schönen kleinen Mantel.« Sie wies auf einen dicken blauen Stoff.
Olivias Kehle war wie zugeschnürt, und ihre Augen brannten. Sie musste einen Moment fortblicken, um ihre Würde zu bewahren und nicht in Tränen auszubrechen.
Cornucopia griff über die Ladentheke und drückte leicht Olivias Hand. »Aber, aber«, sagte sie weich, »wer wird denn wegen ein paar Stofffetzen sentimental werden. Ich hätte sie den Frauen für ihre Steppdecken gegeben, doch sie schneiden sich ihre Quadrate lieber aus abgelegten Blusen und Kleidern - aus Dingen, die eine Geschichte hinter sich haben.«
»Sie sind sehr großzügig«, sagte Olivia. Dann sah sie, dass das Schneetreiben noch dichter geworden war und erinnerte sich daran, wie lange sie sich schon bei Cornucopia aufhielt. Sie kaufte ein Stück Batist, um daraus Schlüpfer und Unterröcke für Jamie zu machen, und weißen Flanellstoff für Nachthemden. Dann verabschiedete sie sich von den Kildares und Cornucopia, zog ihren Mantel an und machte sich auf den Nachhauseweg.
Sie hatte fast gehofft, bei ihrem Eintreffen Mr McLaughlin im Haus anzutreffen, weil er vielleicht wegen des Schneegestöbers früher freibekommen hatte, doch das Haus war verlassen und kalt. Sie machte Feuer im Küchenherd und holte dann ihren Nähkasten und maß den Stoff, den ihr Cornucopia geschenkt hatte. Sie würde etwas davon für eine Bettdecke beiseite legen und auch einen Teil für die Kostüme für das Festspiel benutzen.
Sie begann mit dem Flanellstoff und schnitt zwei kleine Nachthemden zurecht; weil es weit war, brauchte sie nicht bei Jamie Maß zu nehmen, bevor sie die Arbeit in Angriff nahm.
Der Tag verging schnell, doch Olivia bemerkte es gar nicht, so sehr konzentrierte sie sich aufs Nähen. Während sie schnitt und nähte, summte sie jedes Adventslied, an das sie sich erinnern konnte, und draußen schneite es noch immer. Sie hatte bereits einige Lampen
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