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Sieg der Herzen

Sieg der Herzen

Titel: Sieg der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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im Begriff gewesen war, ein Huhn zu stehlen.
    Die Lehrerin war an diesem Morgen anscheinend zum Plaudern aufgelegt. »Ich hörte, Sie planen das Krippenspiel«, bemerkte sie. »Die Kinder werden sich freuen über all das Singen und Kostümieren und Aufsagen ihrer Rollen und so weiter.«
    Die Worte erwärmten Olivia trotz des beißenden Windes, der von den fernen, schneebedeckten Bergen herabwehte, und trotz der immer dichter fallenden, weißen Flocken. Sie gaben ihr das Gefühl, ein Mitglied der Gemeinde zu sein, wie es zuvor nicht der Fall gewesen war. »Danke«, sagte sie ein wenig scheu.
    Die andere Frau nickte. »Wir treffen uns um fünfzehn Uhr«, sagte sie, und Olivia wandte sich ab.
    Sie ging nicht direkt nach Hause - Jamie war in der Schule, Mr McLaughlin war zur Mine geritten, und nur ihre Hühner würden ihr Gesellschaft leisten und die Einsamkeit etwas mildern -, sondern besuchte den General Store.
    Ein Glöckchen bimmelte über der Tür, als Olivia den Laden betrat. Sie fröstelte ein wenig und war dankbar für die Wärme und den Geruch nach Sägemehl, Kaffeebohnen, Lederwaren und Rauch aus dem Ofen in der Mitte des Geschäfts. Cornucopia begrüßte sie mit einem zärtlichen Lächeln und kam um die Ladentheke herum. Ihr Bräutigam, an dessen Namen Olivia sich nach der kurzen Anzeige, die vor Wochen in der Gazette erschienen war, nicht erinnern konnte, war nach Texas geritten, gleich nach der Hochzeit, um eine Rinderherde dorthin zu treiben.
    »Du meine Güte, Sie sind ja ganz durchgefroren!«, sagte Cornucopia. »Kommen Sie, setzen Sie sich an den Ofen und trinken Sie eine Tasse Kaffee.«
    An einem anderen Tag hätte Olivia die Einladung abgelehnt - sie wusste, das Cornucopia wie jeder sonst in der Stadt neugierig wegen Mr McLaughlin war und vermutlich hoffte, im Laufe der Unterhaltung einige Informationen aus ihr herauszuholen -, doch an diesem Morgen fühlte sie sich unbeschwert und sogar fröhlich. »Das wäre schön«, sagte sie. Mit einem höflichen Nicken begann sie ihren Mantel auszuziehen - sie schob die Kapuze zurück, band die Schnüre an ihrem Hals los, streifte das schwere Kleidungsstück ab und legte es auf die Rückenlehne eines der Stühle, die im Kreis um den Ofen standen.
    Cornucopia holte eine Tasse und schenkte Kaffee aus der großen Kanne ein, die auf dem Kanonenofen warm gehalten wurde. »Möchten Sie Zucker? Sahne?«
    Olivia schüttelte den Kopf und setzte sich auf einen der Stühle. »Danke, nein. Nur Kaffee.« Die Tasse war köstlich warm in ihren kalten Händen, und allein der Duft des starken, frischen Gebräus schien sie zu stärken. Cornucopia wollte sich anscheinend die Freiheit nehmen, eine Weile Pause zu machen. Nachdem sie Olivia den Kaffee serviert hatte, setzte sie sich auf einen Stuhl zu ihr, seufzte heiter und legte die Füße auf das verchromte Geländer um den Ofen. Dann saß sie einfach da, stützte ihr Kinn mit einer Hand und beäugte Olivia strahlend.
    Olivia nippte nervös an ihrem Kaffee; er war stark und köstlich und gewiss die schlaflose Nacht wert, die er ihr vermutlich bescheren würde. Nach diesem ersten Schluck seufzte Olivia und entspannte sich ein wenig. »Ich bin gekommen, um ein paar Kurzwaren zu kaufen«, erklärte sie, weil sie das Gefühl hatte, das Schweigen brechen zu müssen.
    »Sie wollen bestimmt Kleidchen für das kleine Mädchen schneidern.«
    Olivia blinzelte. Wieder einmal überraschte es sie, wie schnell eine Neuigkeit in und um Springwater die Runde machte. Es hätte hier ebenfalls wie in alter Zeit einen öffentlichen Ausrufer geben können, der durch die Straßen ging, mit einer Glocke bimmelte und die neuesten Nachrichten verkündete, so wirksam war die Gerüchteküche. »Nun«, sagte sie, »äh, ja.«
    Cornucopia lächelte. »Ich habe einige schöne Stoffreste von Dingen, die ich für mich selbst gemacht habe«, sagte sie. »Es ist nicht nötig, dass Sie gutes Geld für neuen Stoff ausgeben, wenn meiner einfach da herumhegt und keinem etwas nutzt.«
    Olivia fand das Angebot der Ladenbesitzerin sehr nett und verspürte zugleich große Erleichterung. Denn wenn erst Mr McLaughlins Miete ausging, würde sie pleite sein, und niemand wusste, wann sie einen anderen Pensionsgast haben würde. »Vielen Dank. Das ist - das ist wundervoll.« Sie machte sich darauf gefasst, über den fremden Mann, der unter ihrem Dach wohnte, ausgefragt zu werden - schließlich gab niemand irgendetwas preis, ohne eine Gegenleistung zu verlangen, hatte ihr Tante

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