Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieg der Herzen

Sieg der Herzen

Titel: Sieg der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
Vom Netzwerk:
einmal das Tempo beim Hacken. »Meine Mama freut sich wirklich. Mein Daddy hingegen sieht das ganz anders.«
    »Wie kann das sein? Du bist sein Sohn.«
    »Ja, derjenige, der stets in Schwierigkeiten war. Wenn Daddy die Wahl hätte, würde Will jetzt hier stehen, nicht ich.«
    Ben spuckte aus. »Das ist Affenkacke, was du da sagst. Das Blödeste, was ich seit langem gehört habe. Jacob ist nicht der Typ, der einen Sohn dem anderen vorzieht. Wenn er im Augenblick ein bisschen sauer auf dich ist, dann liegt das nur daran, dass er einen Schock erlitten hat.«
    Ein bisschen sauer, dachte Wes und lächelte ein wenig. Er glaubte noch den Schlag zu spüren, den Jacob ihm dort in der Springwater Station verpasst hatte; es hätte nicht viel gefehlt, und seine Zähne hätten gewackelt, und das Klingeln in seinen Ohren würde vermutlich eine Woche lang andauern. Nicht, dass er es dem alten Mann verübelte; vermutlich hätte er an seiner Stelle das Gleiche getan.
    »Willst du immer noch die Stadt verlassen?«, fragte Ben. Ein Muskel zuckte an Bens Kinn.
    »Das kommt darauf an«, sagte er und dachte an Olivia.
    »Da komme ich nicht mehr mit«, meinte Ben und schwang seine Spitzhacke. Sie klirrte auf dem Gestein zu seinen Füßen. »So ein Mist! Da hat er eine feine Familie und obendrein eine gute Frau und will lieber in den Sack hauen! Das ist himmelschreiend undankbar, wenn du mich fragst.«
    »Ich habe dich nicht gefragt«, machte Wes klar.
    Ben war unbeeindruckt. »Wofür willst du dich selbst bestrafen, Jack?«, fragte er.
    »Ich heiße Wes«, antwortete Wes. »Wesley J. McCaffrey Das J steht für Jacob. Das war auch der mittlere Name meines Bruders. Wir waren Zwillinge.«
    Ben hielt in der Arbeit inne und starrte seinen Kollegen an, als sei er in der Dunkelheit und Kälte und in dem dauernden Klirren von Stahl auf Fels irre geworden. Der arme Ben konnte nicht wissen, dass er ihn ins Mark getroffen hatte, mitten hinein. Wes hatte sich bestraft, indem er ziellos über die Erde gewandert war; die Einsamkeit, die Sehnsucht, all das war Buße dafür, dass er lebte, obwohl er hätte sterben sollen. Eine angemessene Buße obendrein.
    »Halt die Klappe und arbeite, Ben«, sagte er. »Du wirst nicht dafür bezahlt, mich blöde anzuglotzen.«
    Ben rührte sich nicht. »Ich sollte dir eine scheuern, Mann«, meinte er.
    Wes grinste. Eine Hälfte seines Gesichts war ziemlich angeschwollen. »Da ist dir schon jemand zuvorgekommen«, erwiderte er.
     
    Priscilla Turnbull traf ausgerechnet an diesem Tag mit der Nachmittagskutsche ein und nahm sich ein Zimmer in der Springwater Station. Sie hatte den Eindruck, dass viel zu viel Hektik in diesem Ort herrschte. Die Leute eilten hin und her, Kinder kamen und gingen, ohne Respekt gegenüber Älteren oder der Zivilisation an sich zu zeigen. Aber irgendeine Unterkunft musste sie ja schließlich haben.
    Miss Turnbull, 47 und relativ wohlhabend, wenn nicht gar reich, hatte nicht vor, mehr Zeit in diesem Kaff zu verbringen, als nötig war, um das schmutzige Gassenkind ihrer dummen Schwester zu finden und aufzulesen. Nur der Himmel wusste, wie sich das Gör jetzt nannte - es hatte bei der Geburt den Namen Martha Sue Swain bekommen -, aber darauf würde dieser Fratz nicht hören. O nein. Das war ein zu solider Name, zu schlicht und praktisch. Martha Sue hatte sich laut ihrer Schwester Julia einmal ein ganzes Jahr lang Isabelle genannt, und seither hatte sie eine Reihe anderer Spitznamen angenommen, Jane oder Mary oder Elizabeth oder was ihr sonst noch eingefallen war. Sie war eine Lügnerin, und was konnte man schon erwarten, nachdem sie jetzt ein halbes Jahr mit ihrem Stiefvater Axel Carruthers, einem Taugenichts und Dieb obendrein, verbracht hatte? Dieses Kind konnte den Erzengel Gabriel persönlich anlügen, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Daran war Martha Sue nicht ganz allein schuld. Julia hatte sich nicht um sie bekümmert, hatte sie von Stadt zu Stadt mitgeschleppt, von Mann zu Mann, und sie nie in eine richtige Schule gesteckt oder zur Sonntagsschule geschickt.
    Nun, es war dringend an der Zeit, dass jemand das arme, unwissende kleine Geschöpf an die Hand nahm. Julia war längst fort, abgehauen mit einem weiteren glattzüngigen Liebhaber, aber bevor sie Choteau verlassen hatte, war sie zu Priscilla gekommen, in Tränen aufgelöst und zerknirscht, und hatte ihr gestanden, dass sie Martha Sue an Axel gegeben hatte - sie hätte sich nicht mehr um sie kümmern können, hatte sie geschluchzt - und

Weitere Kostenlose Bücher