Sieg der Herzen
verbrachten wir in Nebraska und ein paar Jahre in Kansas, aber wir fanden keine Ruhe. So zogen wir weiter. Diesmal kamen wir bis Choteau und hörten, dass die Postkutschenlinie hier eine Station errichten wollte. Natürlich wurden Leute für die Leitung gebraucht, und man heuerte uns an. Natürlich haben wir die Station seither längst gekauft und betreiben sie auf eigene Rechnung. Wir sind hier, seit sie gebaut wurde. Das ist jetzt schon lange her.« Sie seufzte, nippte an ihrem Kaffee, der inzwischen kalt geworden sein musste. »Oftmals fragten wir uns, ob wir einen schlechten Handel gemacht hatten. Denn es war hier draußen einsam, und wir hatten einige Probleme mit den Indianern. Dann kam Landry Kildare und ließ sich hier mit seiner ersten Frau, Caroline - sie ruhe in Frieden nieder. So hatten wir Gesellschaft. Kurz danach trafen Big John Keating und sein Partner Scully Wainwright hier ein. Sie steckten sich Ranchland ab und brachten Rinder aus Texas und Colorado her.« Sie lachte. »Da wurde es schon eine richtige Party. Ungefähr um diese Zeit tauchte Trey Hargreaves ebenfalls hier auf, doch damals war er nicht sehr gesellig. Trey hatte ein hartes Leben hinter sich. So komisch es auch heute zu sein scheint, er war ein völlig anderer Mann, bevor er Rachel heiratete.«
Sonnenschein erfüllte den Raum, und June löschte die Lampen.
Toby kam in die Station, stampfte auf dem Fußabtreter vor der Tür zum Speiseraum den Schnee von den Füßen und schielte in Wesleys Richtung. Zweifellos hatte Jacob ihm alles über den verlorenen Sohn erzählt, und es war ihm anzusehen, dass er die Gefühle seines Adoptivvaters teilte. Du bist immer noch hier ? , fragte sein Blick, obwohl er kein Wort sagte.
Bens Frau, Sally, tauchte auf, und dann kamen die kleinen Mädchen und zwitscherten wie Vögel über das Krippenspiel, das für Heiligabend geplant war. Der Kern ihrer Unterhaltung war, dass der Weihnachtsmann sie jetzt mit größerer Wahrscheinlichkeit finden würde, denn das Festspielprogramm würde weit und breit Aufmerksamkeit erregen.
Wes lächelte in sich hinein und fragte sich, ob Jamie Ähnliches dachte.
»Ich gehe jetzt am besten, Mama«, sagte er schließlich und stand auf. Man würde ihn vermutlich in der Mine feuern, weil er so spät kam, doch er musste sich trotzdem dort zeigen.
June erhob sich und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. »Du bist so lange vor dir selbst weggelaufen, Wes. Es wird Zeit, dass du irgendwo sesshaft wirst und dir ein Leben aufbaust. Der Ort Springwater ist so gut wie jeder andere, und Miss Olivia ist eine gute Frau.«
Er lächelte und küsste sie auf die Stirn. »Ich werde darüber nachdenken«, versprach er. Kurz darauf holte er sein Pferd aus dem Stall - ohne Jacob zu begegnen, was kein Unglück war, wie er fand - und ritt zur Pension zurück.
Olivia war nicht daheim; zweifellos brachte sie Jamie zur Schule. Er zog seine Arbeitskleidung an und ritt zur Mine. Anstatt ihn auszuzahlen und ihn zu feuern, schickte ihn Old Smiley, der Vorarbeiter, jedoch gleich in den Stollen.
Ben war bereits an der Arbeit und schwang seine Spitzhacke, als wolle er sie bis China durch das Gestein treiben. Als er Wes sah, glitt ein Grinsen über sein Gesicht, das vom Dreck geschwärzt war. »Nun, ich nehme an, du willst mir nicht erzählen, was du mitten in der Nacht in der Station getrieben hast.«
Wes griff nach seiner Hacke. »Die McCaffreys sind meine Eltern«, erwiderte er stolz. Es war ein gutes Gefühl, wieder Wesley J. McCaffrey zu sein; was auch geschehen mochte, er hatte seinen richtigen Namen wieder. Die Wahrheit zu erzählen, hatte eine Last von seiner Seele genommen, aber er war sich noch nicht ganz sicher, ob er lachen oder weinen sollte. Vielleicht beides.
Ben blickte ihn entgeistert an. »Aber ihre Jungs sind gefallen, abgesehen von Toby natürlich ...«
»Mein Bruder Will fiel am Lookout Mountain«, sagte Wes. Er hatte beim Hacken einen Rhythmus gefunden, und das war sonderbarerweise beruhigend für ihn, auch wenn er ein Gefühl hatte, als wären die Muskeln in seinen Armen, Schultern und der Brust mit Kerosin getränkt und in Brand gesteckt worden.
Ben erinnerte sich daran, dass sie zum Arbeiten hier waren, und schwang wieder seine Hacke. »Das ist ein Ding!«, staunte er. »All diese Zeit dachten sie, du wärst sechs Fuß unter der Erde. Sie müssen an diesem Morgen die glücklichsten Leute auf der Welt sein.«
Wes verlangsamte nicht
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