Sieg der Liebe
haben.“
Sie dachte an ihre Brüder und Schwestern, an ihre Mutter und ihren Vater, eine Familie, in der jeder alles für den anderen tun würde. Sie stellte sich vor, wie sie alle in Crescent Hill um den Eßtisch saßen, drei Kinder auf jeder Seite und die Eltern wie König und Königin in den Armstühlen mit den hohen Lehnen an den Schmalseiten. Sie erinnerte sich an die Freude, die in dem großen Haus stets geherrscht hatte, und an die Liebe, die sie füreinander empfanden.
Und dann dachte sie an Michel Gericault. Ein Mann, der seit seiner Geburt verflucht war als unehelicher Sohn des ältesten Feindes ihres Vaters. In Michels Vergangenheit hatte es meist nur Not und Gewalt gegeben und dessen Zukunft war nicht vorhersehbar.
Ein gutaussehender, furchtloser Franzose, der in ihr Leben getreten war, unerwünscht und unwillkommen, und der doch auf wunderbare Weise dessen Mittelpunkt geworden war. Er hatte Leidenschaft in ihr geweckt, die sie sich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorgestellt hätte. Und er war so zärtlich zu ihr gewesen. Sie wußte, sie würde nie einen anderen
Mann lieben als ihn.
„O Michel“, sagte sie leise, obwohl sie tief in ihrem Innern die Antwort längst wußte. „Weißt du, wieviel du von mir verlangst?“
Er nickte und hob endlich den Kopf, um sie anzusehen. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne fielen zwischen die Häuser und auf sein Gesicht.
„Ich weiß, daß ich kein Recht habe, irgend etwas von dir zu verlangen, Jerusa, und doch kann ich nicht anders. Entscheide dich für mich und werde meine Frau.“
21. KAPITEL
Michel würde sie verlieren. Jetzt würde sich Jerusa gleich umdrehen und davongehen, und sein Leben würde vorüber sein, als hätte Joshua Sparhawk ihm das Messer ins Herz gerammt, wie er das so gern tun würde. Seine Jerusa. Sie würde gehen und ihm die Hoffnung nehmen, das Leben mit einer Frau zu teilen, die er liebte. Seine Jerusa. Er würde sie verlieren, und er konnte niemandem einen Vorwurf machen, nur sich selbst, und dann ...
„Bittest du mich, dich zu heiraten, Michel?“ fragte Jerusa erstaunt. „Liebst du mich wirklich so sehr, daß du mich zur Frau haben willst?“
„So sehr, und noch viel mehr, ma chere“, erwiderte er, und Hoffnung keimte in ihm auf. „Mehr, als ich dir jemals sagen kann.“
Und im nächsten Moment warf sie sich ihm in die Arme, und er ließ den Degen zu Boden fallen.
„O ja, Michel, ich will!“ rief sie und lachte vor Freude, obwohl Tränen in ihren Augen standen. „Ja, ja, ja!“
Er drückte sein Gesicht in ihr warmes Haar. Noch immer hatte er Angst zu glauben, daß sie sich wirklich für ihn entschieden hatte. „Je t’aime tant“, flüsterte er. „Ma chere Jerusa, ma bien-aimee, ma chere epouse ...“
„Jetzt warte einen Moment, Jerusa“, verlangte Joshua. „Du kannst nicht einfach versprechen, diesen Schurken zu heiraten! Du mußt Vater um Erlaubnis bitten, und ich denke, er wird einiges sagen wollen, ehe er zuläßt, daß du den Sohn von Christian Deveaux heiratest!“
„Ich werde tun, was ich will, Joshua“, erklärte sie trotzig und drehte sich in Michels Armen um. „Ich bin volljährig, und ich kann heiraten, wen ich will. Und das ist Michel.“
Joshua schüttelte finster den Kopf, während er das Entermesser zurückschob. „Du wirst keinen Pfennig von ihm bekommen, wenn du das machst. “
„Glaubst du, das ist wichtig für mich, mon am?.“ fragte Michel. „Ich würde deine Schwester selbst dann nehmen, wenn sie überhaupt nichts besäße.“
Michel bückte sich rasch, um den Degen aufzuheben, den er fallen gelassen hatte, den Arm noch um Jerusas Taille gelegt. Joshua glaubte vielleicht, daß die Gefahr vorüber war, aber Michel faßte nicht so schnell Vertrauen. Das hatte ihn die Erfahrung gelehrt.
„Er meint es ernst, Joshua.“ Sie lächelte.
Aber Joshua erwiderte ihr Lächeln nicht. „Dann kannst du mit mir auf die Tiger kommen und es Vater selbst sagen.“ Er blickte noch finsterer, als er Michel ansah. „Ihr beide.“
„Noch nicht, monsieur“, wehrte Michel ab. „Es gibt noch ein paar Dinge, die zwischen uns geklärt werden sollten.“
Er sprach mit einer Ruhe, die Jerusas Seligkeit störte, und sie blickte ihm forschend ins Gesicht.
Michel hatte noch immer die Absicht, ihren Vater zu töten. Obwohl sie ihn heiraten wollte, hatte er weder seine Meinung noch seine Pläne geändert.
„Michel, Liebster, bitte“, begann sie, aber Joshua unterbrach sie.
„Du
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