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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wohlstand derjenigen, denen es gehörte.
    Doch den Dichter interessierte das nicht. Er umschritt das Besitztum, das von einem hohen Zaun umgeben war, und suchte nach einer Stelle, die ihm Gelegenheit bot, ins Innere des Parks und damit in die Nähe der Geliebten zu gelangen. Am großen, schmiedeeisernen Tor der Hauptfront traf er auf einen alten Gärtner, der sorgsam die den Eingang verzierenden Blumen pflegte.
    »Gott zum Gruße, Alter!« wagte der Dichter ein Gespräch zu eröffnen. »Die Arbeit ist mühsam für deinen gebeugten Rücken. Schon längst solltest du dich ausruhen dürfen von der Last des Lebens.«
    Der Greis blickte von unten herauf den jungen Mann an. »Die Blumen liebe ich«, sagte er. »Sie sind das Herrlichste, das die Natur zu bieten hat.«
    »Du bist Gärtner aus Leidenschaft?«
    »Aus Leidenschaft, ja – aber kein gelernter.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Jüngling«, sagte der Alte lächelnd, »ich war Tischler und hatte zwei Söhne, große, gesunde Söhne. Zwei Sonnen waren sie für mich in meiner Hütte. Ich war früh verwitwet. Da kam ein Krieg. Sie zogen ins Feld – so jung wie du waren die beiden. Gleich zu Beginn traf den einen ein Schwertstoß in die Brust. Noch blieb mir der zweite, blieb mir der Glaube an die Hälfte meines Glücks. Doch dann verlor ich auch ihn – durch die Pest. Ich legte ihn zu seiner Mutter ins Grab und pflanzte Blumen auf den flachen Hügel. Das hatte ich vorher auch schon getan, aber jetzt erst sah ich, wie herrlich sie blühten. Man bekommt ein Auge dafür, wenn man älter wird. In der Jugend geht man an der Blumenpracht der Friedhöfe achtlos vorüber. Schließlich begann ich, mich ganz den Blumen zuzuwenden. Jede Knospe, die ich ziehe, jede Blüte, die ich pflege, dünkt mich wie ein Teil meiner lieben Toten. Was macht es, wenn der Rücken schmerzt – das Herz, es soll sich freuen!«
    »Und es freut sich«, nickte der Jüngling.
    Aufmerksam hatte er dem Alten zugehört und setzte nun dar Gespräch mit ihm fort.
    Ob er, der Alte wüßte, daß ein junges Mädchen in dem Hause hier wohne?
    Ja doch, vor ein paar Monden sei eines zugezogen, ein trauriges Kind.
    »Wieso traurig?« fragte der junge Mann. »Weißt du das?«
    Der Greis schüttelte den Kopf.
    Nein, das wisse er nicht. Er könne nur sagen, daß das Mädchen mit trauriger Miene im Park herumliefe und einige Male, auf einer Bank sitzend, geweint habe.
    Des Jünglings Herz schlug schneller, als er diese Kunde vernahm, teils aus Freude, sie gefunden zu haben, teils auch aus schmerzlichem Mitgefühl für ihr Leid.
    Er fragte den Alten, ob dieser nicht dem Mädchen einen Zettel in die Hände spielen könne oder, besser gesagt, wolle.
    Der Greis wiegte bedenklich den Kopf.
    Das Mädchen werde, antwortete er, streng von der Tante bewacht, einer zwar alten, doch immer noch scharfäugigen Jungfer.
    »Du würdest mich zu großem Dank verpflichten«, drängte der Jüngling und setzte hinzu: »Nicht nur mich – auch das Mädchen.«
    »Warum?«
    Da sprudelte es aus dem Dichter heraus, alles, was sich in den Monaten ungestillter Sehnsucht in seinem Inneren angesammelt hatte. Eine Sturzflut der Worte brach hervor.
    Im Alten schienen Erinnerungen wach zu werden. Ein leises Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.
    Aufatmend schloß der Dichter: »So, nun kennst du meine Geschichte, kennst du mein Herz.«
    Der Greis nickte. »Vor fünfzig Jahren ging's mir genauso. Mir ist, als höre ich mich selbst.«
    »So wirst du mich um so besser verstehen und mir helfen.«
    »Was hast du vor?«
    »Mein Glück zu finden.«
    »Willst du … willst du das Mädchen etwa mit Gewalt …«
    Der Greis brach ab. Mit besorgter Miene blickte er den Jüngeren an. Als dieser trotzig schwieg, hielt er ihm vor: »Entführung war zur Ritterszeit ein sehr beliebtes Spiel. Heute steht harte Strafe darauf.«
    Der Jüngling seufzte.
    »Noch weiß ich nicht, was ich tun werde«, sagte er. »Stecke du erst meinen Zettel der Lieblichen zu – das Weitere bringt uns das Schicksal …«
    »Das du zwingen willst«, fiel der Alte ein, »und das dich doch schon längst zum Spielball seiner Laune auserkoren hat.«
    »Und wenn's so wäre – ich kann's nicht ändern!« rief der Dichter ekstatisch.
    Nun seufzte wieder der freundliche Greis und sagte: »Gib den Zettel her …«
    »Den muß ich erst noch schreiben.«
    »Dann schreib ihn.«
    »Das geht nicht so schnell. Ich bringe ihn dir morgen.«
    »Meinetwegen.«
    »Morgen um die gleiche Zeit an der

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