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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nahm dessen Hände in die seinen, horchte nach dem Herzschlag und fing wieder an zu schütteln.
    Endlich begriff er, was geschehen war, sah er den Willen des Schicksals.
    Die letzte Frage aus dem Munde des Vaters, ehe ihn der Herzschlag gefällt hatte, stellte sich nun noch deutlicher, schärfer:
    Das Erbe – ja oder nein?
    Hier lag der Vater, vor ihm stand der Sohn.
    Entscheide dich, entscheide dich, du Wankelmütiger, mit aller Klarheit! Die Firma oder die Kunst.
    Danach wird es kein Zurück mehr geben, nur noch ein Vorwärts, doch das Vorwärts teilt sich.
    Wähle deinen Weg, dein Leben hängt von deiner Entscheidung ab. Bedenke, einmal nur gibt dir das Schicksal jenen Zauberstab in die Hand, mit dem du dir dein Leben nach eigenem Ermessen formen kannst: Wähle, Mensch …
    Der Sohn sah auf den toten Vater. Dich, Vater, dachte er dabei, darf ich nicht fragen. Was du von mir erwartest, ist klar. Und hast du nicht recht? Bin ich dir nicht diese Entscheidung, die Entscheidung in deinem Sinne, schuldig – gerade jetzt?
    Und schon wollte sich der Sohn hinknien, dem toten Vater die Hand auf die stille Brust legen und schwören, stets in seinem Geiste zu leben und zu arbeiten, das Werk der Ahnen zu erhalten … da zuckte er zurück.
    Leuchteten da nicht zwei Augen? Zwei große Augen in flimmerndem Glanze? Hörte er nicht ein Flüstern – ich liebe dich?
    Und dort, dort trat sie aus der Wand, die Kunst, die Muse, und hielt einen Lorbeerkranz. Für dich, wenn du mir folgst …
    Für dich!
    Jedoch, was war mit dem Vater?
    Mit dem Erbe?
    Mit der Blutspflicht?
    Mit der Firma?
    Ich liebe dich, hörte er es wieder flüstern. Die Muse liebte ihn, und er liebte die Muse.
    Seine Dichtung, glühend; seine Verse, wie Fanfaren.
    Der Flug seines Geistes!
    Rief er nicht:
    Freiheit braucht die Seele, Luft
zu atmen die Natur, des Lebens
zu eng begrenzten Raum mit Kraft
zu sprengen …
    Sprengen!
    Sprenge die Ketten der Vernunft, wirf dich dem Gefühl in die Arme!
    Da trat er jäh einen Schritt vom Leichnam seines Vaters zurück, fanatischen Glanz in den Augen, und sagte: »Ich kenne meinen Weg. Kunst, ich folge dir.«
    Und ohne auf den Toten noch länger zu achten, wandte er sich zur Tür, verließ den Raum, schenkte die Firma der Stadt, die mit ihr machen konnte, was sie wollte, Packte sein Bündel, versah sich mit seinem Ersparten und setzte den Fuß in den Staub der Straße.
    Sehnsucht.
    Was ist Sehnsucht?
    O Mensch, Unwissender, laß deinen Mund schweigen, denn er redet nur Falsches, wenn er das erklären will. Sehnsucht läßt sich nicht mit dem Verstand zerlegen; Sehnsucht muß man fühlen, kann man nur fühlen.
    Sehnsucht, dieses tiefste und schmerzlichste Geheimnis der Seele, ist eines jener Wunder im Menschen, die nie geklärt und nie begriffen werden. Es ist da, einfach plötzlich da, dieses drückende, schmerzende Gefühl, dieses geheimnisvolle Gewicht, das sich auf das Herz legt und dessen Schlag behindert, einengt. Er ist plötzlich da, dieser mystische Drang nach jemandem oder etwas, den oder das wir ersehnen.
    Sehnsucht.
    Gäbe es eine Zunge, die diesen Schmerz, der bitter ist und doch süß zugleich, zerlegen könnte wie ein Chemiker seinen Stoff oder wie ein Mechaniker seine Maschine – ein Heiligtum würde in den Staub sinken, eine Welt der Seele würde zerbrechen, ein Teil des Göttlichen würde seine Wunderkraft verlieren.
    O Sehnsucht, Schwester der Liebe, treibe du eher die Menschen in ihre süßen Taumel zum Glück oder Verderben, als daß du den Schleier deiner Herkunft lüftest.
    Auch unser junger Dichter fühlte diese Macht, der er nicht entrinnen konnte und wollte, fühlte das Suchen seiner Seele nach einem Paar glänzender Augen und roter Lippen. Er ließ sich treiben, willenlos, war ein Spielball seiner Empfindungen, wanderte durch Dörfer und Städte, reiste zu Pferd, im Wagen, wie es die Gelegenheit ihm schenkte. Er schluckte Staub und schwitzte in Sonnenglut, fror im Regen, trotzte dem Sturm, blieb unverzagt, trieb, wie er glaubte, dem Glück entgegen und trieb doch ab vom Strom der Allgemeinheit in ein stilles Nebenwasser ganz am Rand des Bettes. Dort hielt er an.
    Noch war er jung und ahnte nicht sein fürchterliches Schicksal. Im Gegenteil, er fühlte sich glücklich, unendlich, überschwenglich glücklich, denn er stand jetzt vor dem ersten Ziel seiner Reise … vor dem Haus der Geliebten. Inmitten eines Parks lag es, groß, stattlich, verziert mit Figuren von Künstlerhand. Kunde gab es vom

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