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Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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Dame. Manchmal wird jemand hierher überführt, den ich von früher kenne -ein Freund oder ein Bekannter. Sie müssen nämlich wissen, daß ich vor dem Krieg Kutschen verkauft habe - natürlich nur die besten und eine ganze Menge davon in den Süden.«
    Sie lächelte ihm freundlich zu, während er die Sachen wieder in den Korb packte, und nahm sich vor, ihn niemals zu unterschätzen. Obwohl er sie mochte, blieb er doch ein mißtrauischer alter Kauz.
    »Darf ich jetzt zu den Jungs rein?« fragte sie dann. »Nun, da Sie sich davon überzeugt haben, daß ich weder ein Gewehr noch ein Messer oder gar eine Kanone mitgebracht habe?«
    »Ja, gehen Sie nur, Miß Sydney«, entgegnete Granger freundlich und nickte einem der beiden Wachleute zu, die gewartet hatten, um sie zu den Gefangenen zu begleiten. Als sie schon im Vorzimmer angelangt waren, rief Granger ihr noch nach: »Miß Sydney!«
    »Ja, Sergeant, ist noch etwas?«
    »Passen Sie auf sich auf, junge Dame. Sie sind ein sehr adrettes Persönchen, das könnte Ihnen leicht zum Verhängnis werden.«
    »O danke, Sergeant, aber ich bin immer vorsichtig.«
    »Genau das macht mir Sorgen«, murmelte Granger so leise, daß sie es nicht verstehen konnte.
    Die Wache eskortierte sie durch das Gebäude bis in den hinteren Teil. Es war ein merkwürdiges Gefängnis. Man nannte es das Alte Kapitol, da es eine Zeitlang als Regierungssitz gedient hatte. Es war auch schon einmal eine Pension gewesen, bevor die aktuellen Insassen hier eingezogen waren. Aber wie Sydney gehört hatte, gab es schlimmere Gefängnisse, wozu übrigens auch die im Süden zählten. Die Union war über die Bedingungen dort empört - besonders was das Essen anging. Aber man schien nicht begreifen zu wollen, daß es in den meisten Fällen nicht daran lag, daß die Behörden die Gefangenen absichtlich so schlecht behandeln ließen, sondern daß es einfach keine bessere Verpflegung gab. Die eigenen Soldaten erhielten die gleichen kärglichen, meist bereits schon verdorbenen Rationen wie die Gefangenen. Was die Lebensmittelversorgung allgemein anging, verschärfte man von seiten der Union das Embargo gegen den Süden immer mehr, so daß Tod durch Verhungern weder im Feld noch im Gefängnis eine Seltenheit war.
    Die etwa fünfundzwanzig Männer, denen Sydneys Besuch galt, saßen in einer kargen Halle an langen Tischen und auf einfachen Stühlen. Im Winter wurde in diesem Raum Sport getrieben, im Sommer benutzte man ihn als Aufenthaltsraum. Als Sydney mit ihrem Korb hereinkam, wurde sie sogleich von den wartenden Männern umringt, die sie höflich begrüßten und begierig waren, zu sehen, was sie ihnen mitgebracht hatte. Obwohl sie in diesem Gefängnis ordentlich behandelt wurden, waren alle viel zu dünn und sahen ziemlich mitgenommen aus.
    Das also war aus den stolzen Jungs geworden, die vor gut zwei Jahren in den Krieg gezogen waren und damals so schneidig ausgesehen hatten. Ihr Stolz war ihnen wohl geblieben, aber es war unübersehbar, daß sie nun von all dem genug hatten.
    »Liebe Miß McKenzie!« kam Leutnant Aaron Anderson, ein Artillerist aus Alabama, durch die wartenden Männer auf sie zu und nahm ihre Hände in seine. »Miß McKenzie, Sie sind eine wahre Augenweide für uns. Die Jungs und ich sind Ihnen so dankbar für Ihre Besuche! Was haben Sie uns denn heute abend wieder Schönes mitgebracht?«
    »Lauter Leckereien, Gentlemen. Nehmen Sie doch einfach den Korb und sehen Sie selbst nach!«
    »Gern, mir läuft jetzt schon das Wasser im Munde zusammen«, rief ein Gefreiter aus Mississippi.
    »Thomson, nehmen Sie ihr bitte den Korb ab, und verteilen Sie den Inhalt«, sagte Anderson zu ihm.
    Das war ein Trick! Denn während Thomson die Nahrungsmittel verteilte, konnten Sydney und der Leutnant -nach wie vor von den Männern umringt - ein paar Worte miteinander wechseln, ohne daß die Wachen, die sich ebenfalls im Raum befanden, etwas davon mitbekamen.
    »Hören Sie gut zu«, sagte Anderson, der nun nicht mehr lächelte und sich beeilte, seine Mitteilung an Sydney weiterzugeben. »Ein General Pratt der Union ist gerade dabei, einen Versorgungszug zu organisieren, der in der Nähe der alten Zollstation an der Straße nach Harper's Ferry im ehemaligen Virginia vorbeikommen wird.«
    Obwohl die Männer um ihn herum eine Menge Aufhebens und Lärm machten, war für Sydney unüberhörbar, welche Verachtung der Leutnant der Union entgegenbrachte. Gegen Ende des Jahres 1862 war Virginia in zwei Teile aufgesplittet worden.

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