Sieg des Herzens
vorsichtig von ihr und zog ihr das Nachthemd herunter. Dann griff er nach seinem Handtuch, das am Fußende des Bettes lag, wickelte sich darin ein und legte sich auf einem Ellbogen abgestützt neben sie. Er überlegte noch, ob sie wohl eingeschlafen war, als er sie mit einemmal tief und regelmäßig ein- und ausatmen hörte. Er zögerte einen Augenblick, bevor er ihr eine Locke ihres schwarzen Haares aus der Stirn strich. Sie hatte so feine, zerbrechliche Züge - wie aus Porzellan - und eine makellose Haut.
Plötzlich kuschelte sie sich vertrauensvoll an ihn, und er strich ihr sacht übers Haar und dachte, daß sie einfach nur Schlaf brauchte und keine Drogen.
Er wagte kaum zu atmen. Ihr Kopf lag an seiner Brust, ihr Haar kitzelte seinen nackten Oberkörper, und er roch ihr betörendes Rosenparfüm. Sanft spürte er ihren Atem auf der Haut und die leichte Berührung ihrer Hand unter seiner Armbeuge. Er konnte im Schein der flackernden Kerze ganz gut sehen. Das goldgelbe Licht spielte auf ihrem weißen Nachthemd und brachte die Konturen ihres Körpers besonders gut zur Geltung, ihre wohlgeformten Brüste, ihren leicht gewölbten Oberbauch und die schön geschwungenen Hüften. Er berührte abermals ihr Haar, und sie rückte noch näher an ihn heran. Jetzt schlief sie so ruhig und vertrauensselig an seiner Brust wie ein Kätzchen. Noch näher durfte sie ihm allerdings nicht mehr kommen, dachte er bei sich, sonst würde sie einen Teil seines Körpers berühren, der schon so willig war, daß sie bestimmt entsetzt zurückgewichen wäre.
Im Schlaf stöhnte sie auf, und ihre Fingerknöchel bewegten sich über sein Brustbein. Er biß die Zähne zusammen, entschlossen, ein wenig von ihr abzurücken. Ansonsten wäre er bald nur allzu bereit, ihren Schmerz und ihren Zustand auszunutzen. Aber sie kam nun noch näher an ihn heran, als ob sie mit ihm verschmelzen wollte. Sie berührte ihn überall, immer noch schlafend, jetzt aber ganz friedlich und sich in Sicherheit wiegend.
Sie hat Drogen genommen, versuchte er sich in Erinnerung zu rufen. Wieviel, konnte er allerdings nicht sagen.
Bestimmt eine ganze Menge. Sie hatte gewußt, was sie tat, und sie hatte noch mehr nehmen, sich bis zur Besinnungslosigkeit berauschen wollen. Vielleicht nutzte sie seine Anwesenheit hier nur aus.
Langsam rückte er von ihr ab. Aber ganz instinktiv folgte sie wieder seiner Bewegung.
Was war denn nun eigentlich mit der Kraft dieses Weines? Sollte er davon nicht auch schlafen können? Er hatte ein bißchen Ruhe bitter nötig. Morgen würden sie weiterreiten, und er wußte nicht, ob sie vielleicht auf Yankee-Patrouillen stießen. Er konnte doch nicht die ganze Nacht hier wach liegen. Er dachte, daß er sich irgendwie etwas bequemer hinlegen müßte, und ließ den Kopf auf die Kissen sinken.
O Gott, hier neben ihr würde er niemals Schlaf finden. Sie lag so dicht bei ihm, daß er spürte, wie sich ihre Brust beim Atmen hob und senkte, und ihre Weiblichkeit nahm ihn so gefangen, daß er fast das Gefühl hatte, als ob die Körperhälfte, mit der er sie berührte, in Flammen stand. Sein Puls pochte ihm in den Schläfen, das Blut pulsierte in seinen Adern, und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er fühlte sich so sehr zu ihr hingezogen, und sein ganzer Körper war so angespannt, daß es beinah weh tat...
Verzweifelt stöhnte er auf, aber sie rührte sich nicht. Wieder versuchte er, von ihr abzurücken, aber sie schmiegte sich nur noch enger an ihn und umfaßte mit dem Arm seinen Oberkörper. Wieder versuchte er, sich von ihr loszumachen.
»Nein ...«, flüsterte sie da, »verlaß mich nicht.«
Er schloß die Augen und dachte: Wo ist der Schlaf, den du mir versprochen hast, Mammy Nor?
Das Gefühl der Ruhe und Geborgenheit, die ihm der Wein gebracht hatte, war verschwunden. Ob es sich wohl wieder einstellen würde? Er atmete tief durch und besann sich darauf, wie der Wein seinen Körper erwärmt und die Anspannung seiner Glieder gelockert hatte ... Er wollte wieder diese sanfte Brise spüren, sich an Zeiten vor dem Krieg erinnern - an den Frieden ...
Er betete um Schlaf.
3
Rhiannon war in Richard Tremaine verliebt gewesen, solange sie zurückdenken konnte. Er stammte aus Virginia , ganz in der Nähe von Washington. Sie war in Nordflorida geboren und aufgewachsen. Aber ihre Väter kannten sich schon eine Ewigkeit. Beide stammten aus einem kleinen walisischen Städtchen. Richards Vater war im Norden Amerikas Journalist geworden und ihr Vater
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