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Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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tun ... egal, was der Krieg noch bringen mochte.
    Die Sonne senkte sich schon über dem Horizont, als sie das Haus verließ und zum Friedhof hinüberging, der von einem schmiedeeisernen Zaun umgeben war. Mit einem leichten Quietschen öffnete sie die besonders hübsch ausgearbeitete Pforte, als die letzten Sonnenstrahlen gerade golden durch das Grün der Kiefern und Eichen fielen, die zwischen den Gräbern standen. Ein leichter Dunstschleier lag über dem Land, und im Schatten der Bäume war es gerade noch hell genug, daß Rhiannon die Inschriften auf den Grabsteinen lesen konnte. Zur Rechten lagen ihre Eltern, deren Grabsteine aus einem erlesenen Granit gefertigt waren, den man extra aus Philadelphia hatte kommen lassen. Neben ihnen befand sich das Grab ihres kleinen Bruders, der bei der Geburt gestorben war. Hampton, einen Vetter ihres Vaters, hatte man ein paar Schritte von ihren Eltern entfernt zur letzten Ruhe gebettet, und hinter seinem Grab lagen einige der Männer begraben, die in den Salzgewinnungsanlagen gearbeitet hatten - wie auch Jimmy Lake, der fahrende Lehrer, der im April 1862 in der Schlacht von Shiloh ums Leben gekommen war. Richards Grab befand sich links neben einer großen Eiche.
    Rhiannon zog seinen Brief aus den Falten ihres Rockes, und als sie auf seinem Grab niederkniete, stiegen ihr wieder Tränen in die Augen. Mit einemmal frischte der Wind auf und berührte, erstaunlich kalt für einen Sommerabend, ihr Gesicht und spielte mit ihrem Haar. Es würde bald regnen, dachte sie geistesabwesend. Egal. Mit den Fingern fuhr sie über die eingravierten Buchstaben, die seinen Vornamen bildeten, und konnte fast Richards Gesicht und sein Lächeln sehen und seine Stimme hören. Auch als er den Tod vor Augen hatte, wollte er nur, daß sie lebte. Sie beugte sich vornüber, mit den Händen ihr Gesicht bedeckend, während der Wind noch stärker wurde. Bald würde es ganz dunkel sein und Regen geben. Fast konnte man meinen, die Natur wollte ihren Gemütszustand widerspiegeln.
    Plötzlich überkam sie ein merkwürdiges Gefühl. Sie hob den Kopf und rieb sich die Augen. Dann sah sie sich ängstlich um und erstarrte vor Schreck: Colonel McKenzie war zurückgekehrt. Nicht der Nordstaaten-Kavallerist, sondern der Rebellenanführer. Er lehnte an einer nahe stehenden knorrigen Eiche und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, als ob er sie schon eine ganze Weile so beobachtete. Jetzt schienen seine kühlen, blauen Augen sie sowohl verächtlich als auch ungeduldig zu mustern.
    Sie war zunächst erschauert, sah nun aber zähneknirschend zu ihm hinüber. Eigentlich war sie davon ausgegangen, daß das Opium sie alle Träume, Ängste und Erinnerungen hatte vergessen lassen. Aber nun erinnerte sie sich vage an einen Traum - einen schönen Traum! -, in dem Richard vorgekommen war. Oder war es vielleicht gar nicht Richard und womöglich überhaupt kein Traum gewesen?
    Wenn sie bloß wüßte, was letzte Nacht geschehen war!
    Zu Julian gewandt, sagte sie dann: »Was machen Sie denn schon wieder hier, Colonel?«
    Anstatt auf ihre Frage zu antworten, entgegnete er: »Sie sind nicht mit den Yankees mitgegangen.«
    »Wieso? Hätte ich das tun sollen?«
    »Ja.«
    »Warum?« wollte sie wissen, erinnerte sich dann aber, daß Ian McKenzie quasi darauf bestanden hatte, sie gleich mitzunehmen. Nun dachte sie, daß es wohl ein Fehler gewesen sei, seinem Rat nicht zu folgen. Die beiden McKenzies hatten sich bestimmt getroffen, egal, welche Lügen sie ihr auch aufgetischt hatten. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, daß Ian sie gewarnt hatte, daß die Rebellen sich rächen könnten.
    »Sind Sie etwa zurückgekommen, um mein Haus niederzubrennen?«
    Julian zog verwundert eine Augenbraue in die Höhe und blickte an ihr vorbei zum Haus. »Es ist ein schönes Haus, solide gebaut und doch sehr ansprechend. Warum sollte ich es anzünden?«
    »Weil wir in einem Staat der Konföderierten leben und ich eine Verräterin bin. Entspricht das nicht Ihrer Meinung?«
    »Ja, aber ich bin nicht des Hauses wegen zurückgekehrt.«
    »Warum denn sonst?«
    »Ihretwegen, Mrs. Tremaine«, sagte er leichthin.
    »Meinetwegen?« wiederholte sie erschrocken, taxierte ihn dann aber eingehend und überlegte, ob er sich wohl über sie lustig machte.
    »Ja, Mrs. Tremaine. Sie hätten mit den Yankees gehen sollen, denn jetzt müssen Sie mit mir kommen.«
    Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf und sah ihn verunsichert an. Während sie sich langsam erhob, überlegte sie,

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