Sieg des Herzens
darum kümmern, daß das Haus so gut wie möglich abgesichert ist, wenn ich so lange weg bin.«
»Das klingt vernünftig. Aber Sie werden es sich doch nicht anders überlegen?« forschte er nach.
»Ich denke nicht.«
»Gut. In ein paar Tagen komme ich wieder«, sagte er dann. »Sie müssen dann aber wirklich mit mir kommen. Ich glaube, Mrs. Tremaine, daß Sie dieses Haus so bald wie möglich verlassen sollten. Zumindest eine Zeitlang, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Denken Sie daran, daß es für Sie gefährlich werden könnte, wenn Sie hierbleiben.«
»Warum?«
»Die Rebellen werden Sie als Verräterin ansehen.«
»Das waren keine brutalen Männer.«
»Nein, aber es könnten andere kommen.«
Rhiannon überlegte einen Augenblick. Daß es für sie gefährlich werden könnte, hatte sie auch schon gewußt, bevor sie die Rebellen verraten hatte. Aber irgend etwas hielt sie doch noch hier.
»Ich werde gründlich über Ihre Vorschläge nachdenken, Sir«, versicherte sie ihm dann. »Und wahrscheinlich gehe ich mit, wenn Sie wieder herkommen. Ich stimme Ihnen zu, daß das bestimmt vernünftiger ist.«
»Ich wünschte, Sie würden jetzt gleich mitkommen.«
Rhiannon lächelte und sagte: »Ganz ehrlich, ich brauche
noch ein bißchen Zeit. Das ist alles, und ... vielen Dank, Colonel McKenzie.«
Ian drängte nicht weiter, bat sie aber, ganz besonders vorsichtig zu sein, bis er zurückkomme.
Als die Yankees kurz darauf Rhiannons Anwesen verließen, blickte sie ihnen noch einen Augenblick gedankenverloren nach und eilte dann in ihr Zimmer, um noch einmal Richards Brief zu lesen. Sie hätte einfach noch nicht gehen können. Absolut nicht. Nicht, nachdem ihr Ian McKenzie diese letzten Worte von Richard überbracht hatte. Aber während sie den Brief ein drittes Mal las, überkam sie plötzlich wieder die Verzweiflung darüber, daß sie nicht genau wußte, was letzte Nacht geschehen war.
Sie mußte wirklich etwas ändern. Es konnte nicht so weitergehen. Wenn man ihr jetzt gestattete, als Krankenschwester in einem Unionshospital zu arbeiten, dann wollte sie es tun. Wenn sie dazu beitragen konnte, das Leben eines Soldaten zu retten und einer anderen Frau zu ersparen, was sie durchmachte, dann würde dadurch auch ihr eigenes Leben wieder einen Sinn bekommen.
Sie wollte gleich damit anfangen, legte den Brief auf den Kaminsims und stürzte sich in die Arbeit. Es war ein perfekter Nachmittag, um mal wieder gründlich sauberzumachen. Sie zog selbst das Bett ab und sagte sich, daß die Laken unbedingt eine Wäsche nötig hätten, genauso wie sie selbst, ihr Nachthemd und ihre Trauerkleidung ...
Alles sollte frisch sein, wenn sie neu anfing.
Julian arbeitete sich vorsichtig an das Haus heran, blieb aber doch in sicherer Entfernung. Er beobachtete, wie die Yankees davonritten - sein Bruder vorweg -, und wartete dann noch etwas länger, um sicherzugehen, daß auch wirklich alle verschwunden waren. Rhiannon Tremaine war nicht mit ihnen geritten.
Er sah, wie Angus hinter dem Haus eine Wanne aufbaute, und sich der ganze Haushalt für einen Waschtag zu rüsten schien - vor allem Laken und Kleider. Julian überlegte, ob Rhiannon sich wohl damit einverstanden erklärt hatte, zu einem späteren Zeitpunkt mit den Yankees mitzukommen.
Er wollte bis zum Einbruch der Dunkelheit warten, bevor er sich dem Haus noch weiter näherte. Eigentlich lag es ihm fern, sie zu bestehlen, aber er brauchte unbedingt den Schlafmohn, den sie in ihrem Garten anbaute, und so viel von den fertigen Arzneien, wie er nur kriegen konnte. Außerdem war er mittlerweile zu dem Schluß gekommen, daß sie ihm gegebenenfalls eine große Hilfe sein könnte. Er überlegte, ob er sie nicht einfach mit sanfter Gewalt zwingen könnte, mit ihm zu gehen. Wenn das jemand als Entführung bezeichnete, hatte er immer noch das Argument, daß es zu ihrem eigenen Schutz geschehen war - sie war einfach zu wertvoll, um sie hier draußen sich selbst zu überlassen. Aber der gute Angus war ein verdammt großer Kerl, und so hielt Julian es für angebracht, sich ganz vorsichtig auf ihrem Gelände zu bewegen, denn er wollte nicht erwischt werden.
Den Rest des Nachmittags verbrachte er im Schatten einer großen Kiefer. Etwas mitgenommen von den Ereignissen der vergangenen Stunden, hatte er die Augen nur für einen kurzen Moment schließen wollen und fuhr erschrocken hoch, als er bemerkte, daß er eingenickt war und jemand ganz in der Nähe zu sein schien. Ein Geräusch hatte ihn
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