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Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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leise fort: »Und Sie sollten mir natürlich auch noch für einiges andere mehr dankbar sein.«
    Sie zuckte zusammen und überlegte, was er wohl damit meinen könnte.
    »Sie hätten doch wissen müssen, daß man davon abhängig wird.«
    Erleichtert atmete sie auf, lehnte sich unwillkürlich gegen ihn und sagte mechanisch: »Ich bin nicht abhängig«.
    Worauf er nichts erwiderte.
    »Na ja, vielleicht ein bißchen«, gestand sie leise ein, und dann wurde ihr erst bewußt, daß sie sich in ihrer dunklen Abgeschiedenheit beinah an ihn gekuschelt hatte. Unter der Augenbinde war es jetzt stockdunkel, kein Sonnenstrahl erwärmte mehr ihr Gesicht, und sie ging davon aus, daß es mittlerweile Nacht geworden war. Am liebsten hätte sie sich umgedreht, um sein Gesicht zu sehen, aber sie wagte nicht, die Augenbinde abzunehmen.
    »Wie lange noch?« fragte sie statt dessen.
    »Bis wir beim Lager sind? Das dauert nicht mehr lang.«
    »Bis ... das Zittern aufhört und die Kälte, meine ich.«
    »Ah, jeden Tag wird es ein bißchen besser.«
    »O Gott...«
    »Die letzte Nacht war die schlimmste. Mal im Ernst, fühlen Sie sich jetzt nicht schon ein wenig besser?«
    »Nein.«
    »Sie sind ein Lügnerin.«
    »Ich fühle mich furchtbar.«
    »Aber in gewisser Weise auch besser, oder nicht?«
    Erstaunt stellte sie fest, daß sie lächelte, als sie ihm antwortete: »Nun, wenn ich daran denke, daß es mir bald bessergeht, vielleicht schon. Aber ich bin so müde.«
    »Dann ruhen Sie sich doch ein wenig aus.«
    »Das geht nicht. Ich sehe nichts und bewege mich mit verbundenen Augen durch einen Kiefernwald, der in einem Sumpfgebiet liegt.«
    »Ich bin ein ausgezeichneter Reiter«, erinnerte er sie. »Wie alle galanten, schneidigen, jungen Kavalleristen.«
    Sie glaubte einen bitteren Unterton in seiner Stimme vernommen zu haben, und fragte sich, ob er nicht schon mehr von diesem Krieg gesehen hatte, als er zugeben wollte. Sie war jetzt wirklich müde. So müde! Und plötzlich hatte sie das Gefühl, als sei es ein wahrer Luxus, hier mit ihm zusammen reiten zu dürfen, ihn atmen zu spüren und seine Arme um sich zu wissen: zwei Eindrücke, die ihr nur allzu bekannt vorkamen...
    Was war bloß vorgestern nacht passiert?
    Sie konnte sich immer noch nicht richtig erinnern, aber wie sie so an ihm lehnte, fühlte sie sich regelrecht geborgen. Er war wie ein Fels ... so standhaft. Aber viel zu direkt, unhöflich und arrogant... Er wußte, was vorgefallen war, und hatte alles mitbekommen. Er war wirklich ein ganz ungewöhnlicher Arzt, einer, der mit dem Gewehr genausogut umgehen konnte wie mit dem Skalpell. Seine Worte konnten ebenso schneidend sein wie die Klinge seines Messers, aber auch heilend wirken wie die Berührung seiner Hände...
    Aber was änderte das schon? Sie konnte nicht für immer bei den Rebellen bleiben. Sie würden ihr bald wieder die Augen verbinden und sie zu den Yankees nach St. Augustine schicken. Was auch immer zwischen ihr und Julian vorgefallen war, zählte nicht. Es war vorbei, denn der Krieg ging weiter, und jeder mußte seinen Weg gehen.

8
    Rhiannon erwachte, als Julian dem Pferd die Zügel anzog. Sie mußte wohl eingedöst sein. Von überall her schrien ihnen jetzt Männer zur Begrüßung etwas zu.
    »Doktor, Colonel, Sir!« hörte sie einen Mann rufen.
    Dann die Stimme einer Frau: »Julian!«
    Julian nahm Rhiannon die Binde ab, und sie zwinkerte ein wenig, bis sich ihre Augen an den schwachen Lichtschein im Lager gewöhnt hatten. Sie befanden sich inmitten eines dichten Sumpfkiefernwaldes, zwischen dessen Stämmen - überall, wo Platz genug dafür war - Zelte standen. Die Szenerie wurde nur von ein paar ganz kleinen Lagerfeuern erhellt, und hier und da brannte eine Fackel. Bei diesem schummrigen Licht fiel ein rotgoldener Schimmer auf die helle Leinenbespannung der Zelte. Es lag immer noch Regen in der Luft, und für die Jahreszeit war es erstaunlich kühl.
    Um sie herum befanden sich noch viel mehr Männer zu Pferd als nur die paar, die sie am späten Nachmittag getroffen hatten. Unterwegs mußte sich wohl eine zweite Eskorte zu ihnen gesellt haben. Keiner der Männer trug eine Uniform. Sie sahen alle ähnlich abgerissen aus wie der Trupp, der in ihr Haus gekommen war. Hier und da hatte einer eine typisch haselnußbraune Uniformhose oder graue Uniformjacke der Konföderierten an. Manche trugen sogar Jacke oder Hose im Blau der Union. Aber keines der Kleidungsstücke ließ auf einen Rang schließen.
    »Julian!« hörte

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