Sieg des Herzens
sollte. Die ranghöchsten medizinischen Offiziere der Konföderation bitten Sie um Ihre Hilfe, Doktor.«
Julian trommelte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte. »Werde ich mit meinem Vetter Zusammenarbeiten?«
Natürlich wäre er gerne wieder mit Brent zusammengewesen, obwohl er ihm im Augenblick am liebsten den Hals umgedreht hätte. Wie konnte er anderen nur ihre private Korrespondenz zeigen? Aber sie wußten beide, daß die unhygienischen Verhältnisse in den Unterkünften und das verseuchte Trinkwasser mehr Opfer unter den Soldaten forderten als Kugeln und Bajonette zusammen. Brent hatte nur getan, wozu er sich verpflichtet fühlte. Er hatte sicher nicht mit derartigen Konsequenzen gerechnet.
»Ich fürchte«, riß ihn Rogers aus seinen Gedanken, »daß Brent McKenzie selbst auch zu keiner leichten Aufgabe abkommandiert wurde.«
»So?« Erstaunt stellte Julian fest, daß der alte Rogers rot wurde.
Dann lehnte er sich zu Julian hinüber, als ob noch jemand anderes im Zelt wäre, der nicht hören sollte, worüber sie sich unterhielten, und raunte ihm zu: »Prostituierte!«
»Bitte?« fragte Julian, der den Zusammenhang nicht sah.
»Nun, Sir, es ist mittlerweile regelrecht zu einer Epidemie geworden. Dort, wo Männer kämpfen, sind auch diese Frauen nicht weit. Wir haben schon so viele Soldaten, die wegen ... äh ... wissen Sie, Krankheiten des Fleisches darniederliegen...«
Julian senkte ein wenig den Kopf, um den Hauptmann nicht merken zu lassen, daß ihn seine unbeholfene Art amüsierte. Aber dann konnte er doch nicht umhin, ihn zu fragen: »Meinen Sie etwa Filzläuse?« Woraufhin Rogers geradezu bemitleidenswert dunkelrot wurde, so daß Julian dachte, daß es jetzt wohl an der Zeit sei, ihm ein bißchen entgegenzukommen.
»Tut mir leid, Sir.«
»Nicht nur Ungeziefer, viel schlimmer. Da sind Frauen ...so viele Frauen. Nun, Dr. Brent McKenzie erhält einen Spezialauftrag, einige dieser furchtbaren Krankheiten in Schach zu halten und dafür zu sorgen, daß unsere Männer wieder kämpfen können.«
Julian, dem selbst das Herz schwer wurde bei dem Gedanken, Florida verlassen zu müssen, konnte Brent nun nicht mehr länger böse sein. Es war fast zu seinem Lebensinhalt geworden, den Männern auf dem Feld zu helfen, und nun schickte man ihn weg, um Prostituierte zu behandeln. Der Arme, er war wirklich nicht zu beneiden.
»Ich bin sicher, daß mein Vetter seinem Berufsstand alle Ehre macht und die vor ihm liegende Aufgabe mit Bravour bewältigt«, sagte Julian schließlich.
Rogers nickte düster: »Die wichtigen Männer im medizinischen Korps sind auf Sie aufmerksam geworden und sehr zufrieden mit Ihren Erfolgsraten.«
»Ich mußte aber auch nicht unter solch schlechten Bedingungen arbeiten wie die meisten anderen Ärzte inmitten der großen Schlachten.«
»Sie haben doch auch Männer auf dem Feld behandelt!«
»Wir hatten hier einige Scharmützel, und ich hatte mit den gleichen Krankheiten und Verletzungen zu tun, aber niemals unter so grauenerregenden Umständen, wie in manchen Berichten zu lesen ist. Die Zahlen der Verwundeten, Gefallenen und Vermißten bei Antietam waren ja geradezu erschreckend.«
»Ja, da haben Sie wohl recht«, stimmte Rogers ihm zu. »Deshalb werden Sie ja auch so dringend gebraucht, Doktor. Sie sollten sich durch diese Abkommandierung nicht zurückgesetzt fühlen. Der Gouverneur von Florida verbringt Stunden damit, der konföderierten Regierung zu schreiben und sich darüber zu beklagen, in welchem Maß man seinen Staat bereits entvölkert hat, und daß ihm nur noch so wenig Männer bleiben, um ihn zu verteidigen. Die Konföderation weiß ganz genau, wie es um Florida bestellt ist, und wenn die Sommerkampagnen vorüber sind, haben Sie gute Chancen, aus der nationalen Pflicht entlassen zu werden und nach Hause zurückzukehren. Das ist natürlich kein Versprechen oder gar eine Garantie, Sir. Sie wissen ja, daß ich Ihnen das nicht geben kann. Wir müssen eben alle dorthin gehen, wo man uns hinschickt.«
»Auf die gemeinsame Sache«, murmelte Julian und prostete Rogers mit seinem Brandyglas zu.
»Auf die Selbstbestimmung!« bekräftigte Rogers leidenschaftlich.
»Sagen Sie mir doch bitte, Sir, wieso man gerade Sie beauftragt hat, mir diese frohe Botschaft zu überbringen, und wie Sie mich in diesem gottverfluchten kleinen Wäldchen mitten im Sumpf gefunden haben?«
»Nun, mich hat man auch versetzt, und ich bin gerade auf dem Weg zu meiner neuen Einsatzstelle, Sir. Und
Weitere Kostenlose Bücher