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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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er von Laceys Anworten hielt. »Reden wir darüber, wie Curtis Caldwell sich Zugang zur Wohnung verschafft hat«, sagte er. »Nichts weist auf einen Einbruch hin. Und Isabelle Waring hat ihm bestimmt nicht die Tür aufgemacht und sich dann in seiner Gegenwart wieder aufs Bett gelegt. Haben Sie ihm einen Schlüssel gegeben?«
    »Nein, natürlich nicht«, entrüstete sich Lacey. »Aber Moment mal! Isabelle hatte immer einen Schlüssel in einer Schale auf dem Flurtischchen liegen. Sie sagte, sie habe keine Lust, immer nach ihrem Schlüsselbund zu suchen, wenn sie nur rasch hinuntergehen wollte, um den Briefkasten zu leeren. Vielleicht hat Caldwell ihn dort gesehen und mitgenommen. Aber was ist mit meiner Wohnung?« fiel ihr plötzlich ein. »Wie ist der Einbrecher dort hineingekommen? Das Haus hat einen Pförtner.«
    »Und eine Garage, in der ein ständiges Kommen und Gehen herrscht, und einen Lieferanteneingang. Diese sogenannten bewachten Apartmenthäuser sind ein Witz, Miss Farrell. Sie sind doch Immobilienmaklerin. Sie müßten das eigentlich wissen.«
    Lacey dachte an Curtis Caldwell, der ihr mit einer Pistole in der Hand nachlief, um sie zu töten. »Kein besonders guter Witz.« Tränen traten ihr in die Augen. »Bitte, ich möchte nach Hause«, sagte sie.
    Einen Moment lang glaubte sie, daß man sie hierbehalten
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    würde, doch Sloane stand auf. »Okay, Sie können jetzt gehen, Miss Farrell. Aber ich muß Sie warnen. Möglicherweise wird wegen Entfernung und Unterschlagung von Beweisstücken von einem Tatort Anklage gegen Sie erhoben.«
    Ich hätte mit einem Anwalt sprechen sollen, überlegte Lacey.
    Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein?
    Ramon Garcia, der Hausmeister, und seine Frau Sonya waren gerade dabei, Laceys Wohnung aufzuräumen, als sie nach Hause kam. »Wir wollten es Ihnen nicht zumuten, die Nacht in diesem Chaos zu verbringen«, erklärte Sonya, die gerade die Schlafzimmerkommode mit einem Lappen abstaub te. »Wir haben die Schubladen wieder eingeräumt, natürlich nicht nach Ihrem System, aber wenigstens liegen die Sachen nun nicht mehr am Boden herum.«
    »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte Lacey.
    Vorhin hatte es in der Wohnung von Polizisten ge wimmelt, und ihr hatte schon vor dem Anblick gegraut, der sie bei ihrer Rückkehr erwartete.
    Ramon hatte das Türschloß wieder angebracht. »Das war ein Fachmann«, sagte er. »Und er hatte das richtige Werkzeug. Ich frage mich, warum er nicht Ihre Schmuckschatulle geknackt hat.«
    Das hatte die Polizei Lacey als erstes zu überprüfen gebeten.
    Doch niemand hatte die Goldarmbänder, die Diamantohrringe und die Perlen ihrer Großmutter angerührt.
    »Wahrscheinlich hatte er es auf etwas anderes abgesehen«, antwortete sie mit müder Stimme.
    Sonya musterte sie mitfühlend. »Ich bin morgen vormittag wieder da. Keine Angst, wenn Sie aus dem Büro kommen, ist hier alles tipptopp.«
    Lacey begleitete die beiden zur Tür. »Funktioniert der Riegel noch?« fragte sie Ramon.
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    Er probierte ihn aus. »Solange der vorgeschoben ist, kommt man nur mit einem Rammbock hier rein. Es kann Ihnen nichts passieren.«
    Lacey verschloß und verriegelte die Tür hinter ihnen und sah sich in ihrer Wohnung um. Wo bin ich da nur hineingeraten?
    dachte sie mit einem Schaudern.

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    8

    Normalerweise benutzte Lacey nur Wimperntusche und einen hellen Konturenstift für die Lippen. Doch als sie im Morgenlicht die Ringe unter ihren Augen und ihre Blässe bemerkte, trug sie Rouge und Lidschatten auf und suchte in der Schublade nach einem Lippenstift. Allerdings hob sich ihre Stimmung dadurch kaum. Nicht einmal ihre Lieblingsjacke mit dem goldbraunen Muster trug dazu bei, den Anflug von Trübsinn zu vertreiben.
    Ein letzter Blick in den Spiegel sagte ihr, daß sie noch immer niedergeschlagen und erschöpft aussah.
    Vor der Bürotür blieb sie stehen, holte tief Luft und richtete sich auf. Plötzlich schoß ihr eine Erinnerung durch den Kopf.
    Mit zwölf Jahren hatte sie auf einmal sämtliche Jungen in ihrer Klasse überragt und deshalb angefangen, krumm zu gehen.
    Aber Dad hat mir gesagt, daß es etwas Schönes ist, groß zu sein, dachte sie. Er hat ein Spiel erfunden, bei dem wir beide Bücher auf dem Kopf balancieren mußten. Er fand, daß man einen selbstbewußten Eindruck macht, wenn man sich gerade hält.
    Und genau das brauche ich jetzt, überlegte sie sich, als sie kurz darauf zu Richard Parker senior gerufen wurde.
    Rick war auch da. Offenbar

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