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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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die Lieder persönlich ausgesucht. Alle hatten zu Heathers Lieblingsliedern gehört.
    Sie wollte, daß ich das Hotel Heather's Place nenne, dachte er.
    Das war nicht ernst gemeint. Lächelnd verbesserte sich Jimmy:
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    Ein bißchen ernst hat sie es doch gemeint.
    Dieser Raum wird ihr Zimmer sein, überlegte er, während er sich umsah. Ihr Name steht an den Türen, und ihre Lieder sind an die Wände gemalt. Ihr Geist lebt hier weiter, wie sie es gewollt hat. Aber anders als im Restaurant, wo ich mir ständig ihre Porträts ansehen muß.
    Er mußte endlich einen Schlußstrich ziehen.
    Ruhelos ging er zu einem Fenster. Am Horizont schimmerte der Halbmond über den aufgepeitschten Wellen.
    Heather.
    Isabelle.
    Beide fort. Jimmy wußte nicht, warum er immer öfter an Isabelle dachte. Unmittelbar vor ihrem Tod hatte sie der jungen Immobilienmaklerin das Versprechen abgenommen, ihm Heathers Tagebuch zu geben. Wie hieß sie noch mal? Tracey?
    Nein, Lacey. Lacey Farrell. Er hatte sich gefreut, es zu bekommen, aber nicht gewußt, was denn so wichtig daran sein sollte. Kurz nachdem er es erhalten hatte, hatte die Polizei ihn um die Kopie gebeten. Man wollte sie mit dem Original vergleichen.
    Nur zögernd war er dieser Aufforderung gefolgt. Er hatte das Tagebuch noch in der Nacht durchgesehen, als Lacey Farrell es ihm gegeben hatte. Doch er verstand immer noch nicht. Was hatte er nach Isabelles Ansicht darin finden sollen? Vor dem Lesen hatte er sich betrunken. Es tat so weh, Heathers Handschrift zu sehen und ihre Schilderungen gemeinsamer Unternehmungen zu lesen. Natürlich hatte sie auch geschrieben, daß sie sich seinetwegen Sorgen machte.
    »Papa«, dachte Jimmy.
    Das einzige Mal, daß sie mich »Dad« genannt hat, war, als sie glaubte, daß ich sauer auf sie bin.
    Isabelle hatte hinter allem eine Verschwörung vermutet. Und
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    dann war sie – welche Ironie des Schicksals! – zufällig zum Opfer eines Verbrechers geworden, der sich als angeblicher Kaufinteressent Zugang zur Wohnung verschafft hatte. Später war er wiedergekommen, um die Wohnung auszurauben.
    Ein uralter Trick, und Isabelle war arglos darauf hereingefallen. Sie war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
    Oder etwa nicht? fragte sich Jimmy Landi. Er wurde die Zweifel einfach nicht los. Bestand vielleicht doch die Möglichkeit, daß Isabelle recht gehabt hatte? Daß Heather nicht bei einem Unfall ums Leben gekommen war? Drei Tage vor Isabelles Tod hatte eine Kolumnistin in der Post geschrieben, Heather Landis Mutter Isabelle Waring, eine ehemalige Schönheitskönigin, »ist möglicherweise mit ihrem Verdacht, daß die junge Sängerin nicht Opfer eines Unfalls war, auf der richtigen Spur«.
    Die Kolumnistin war von der Polizei befragt worden und hatte zugegeben, daß sie Isabelle kennengelernt hatte. Isabelle hatte ihr erzählt, daß sie, was den Tod ihrer Tochter anging, eine andere Theorie hatte. Doch die Andeutung in ihrer Kolumne, Isabelle habe den Beweis entdeckt, sei reine Erfindung gewesen.
    War Isabelle wegen dieses Artikels gestorben? fragte sich Jimmy Landi. Hatte jemand die Nerven verloren?
    Jimmy hatte sich bemüht, nicht darüber nachzudenken. Wenn Isabelle ermordet worden war, um zum Schweigen gebracht zu werden, konnte das nur eines bedeuten: Jemand hatte nachgeholfen, als Heather in ihrem Auto am Fuße eines Abhangs verbrannte.
    Vor einer Woche hatte die Polizei die Wohnung freigegeben.
    Jimmy hatte das Maklerbüro angerufen und den Auftrag erteilt, sie wieder zum Verkauf anzubieten. Doch er brauchte Gewißheit. Er würde einen Privatdetektiv anheuern, der herausfinden sollte, ob die Polizei etwas übersehen hatte. Und er
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    wollte mit Lacey Farrell sprechen.
    Ein lautes Hämmern riß ihn aus seinen Grübeleien. Er sah sich um. Zeit zu gehen. Mit schweren Schritten durchquerte er den Raum und trat auf den Flur hinaus. Nachdem er die schweren Mahagonitüren geschlossen hatte, drehte er sich noch einmal um. Ein Graphiker hatte die goldenen Buchs taben entworfen, die an der Tür befestigt werden sollten. In ein oder zwei Tagen würden sie fertig sein.
    »Heather's Place« würde da stehen. Für Papas kleine Tochter.
    Falls sich herausstellen sollte, daß jemand deinen Tod verschuldet hat, mein Kind, bringe ich ihn persönlich um. Das schwöre ich dir.

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    Es war Zeit für den gleichzeitig ersehnten und gefürchteten Anruf zu Hause. Diesmal befand sich die abhörsichere Leitung in einem Motelzimmer.

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