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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Weinglas. »Alex, ich sollte dich nicht damit belasten.«
    Carbine nahm ihre Hand. »Doch, das solltest du, Mona. Wenn du das nächste Mal mit Lacey telephonierst, mußt du ihr sagen, wie sehr du unter dieser Situation leidest. Wenn du nur ungefähr wüßtest, wo sie ist, könntest du es vielleicht besser aushalten.«
    »Nein, das geht nicht. Sie darf auf keinen Fall erfahren, wie ich mich fühle. Das würde es nur noch schwerer für sie machen.
    Gott sei Dank habe ich Kit und ihre Familie. Und ich habe dich.
    Lacey ist ganz allein.«
    »Sag es ihr trotzdem«, beharrte Carbine. »Und behalte für dich, was sie dir erzählt.«
    Er tätschelte ihr die Hand.

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    »Wenn Sie einen nicht existenten Freund erfinden, müssen Sie dabei an einen wirklichen Menschen denken«, hatte Marshal George Svenson Lacey geraten. »Stellen Sie sich den Mann und seine Art zu sprechen genau vor. Wenn Sie dann etwas über ihn erzählen, klingt es glaubwürdiger. Und vergessen Sie den Trick nicht, auf Fragen immer mit einer Gegenfrage zu kontern.«
    Lacey hatte beschlossen, Rick Parker als Vorbild für den Freund zu nehmen, von dem sie sich getrennt hatte. Sie konnte sich leichter vorstellen, Schluß mit ihm zu machen, als mit ihm liiert zu sein. Er war ein ausgezeichnetes Vorbild für einen Exfreund, den man beschreiben konnte, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln.
    Inzwischen ging sie täglich ins Fitneßstudio, immer am späten Nachmittag. Das Training tat ihr gut und half ihr beim Nachdenken. Da sie nun einen Sozialversicherungsausweis hatte, wollte sie unbedingt Arbeit finden. Doch Marshal Svenson hatte ihr mitgeteilt, daß das Zeugenschutzprogramm keine falschen Zeugnisse früherer Arbeitgeber zur Verfügung stellte.
    »Wie soll ich ohne Zeugnisse einen Job kriegen?« hatte sie gefragt.
    »Wir schlagen vor, daß Sie anbieten, ein paar Wochen lang ohne Gehalt zu arbeiten. Vielleicht werden Sie dann eingestellt.«
    »Ich
    würde niemanden ohne Zeugnisse einstellen«, widersprach Lacey.
    Allerdings führte nichts an der Erkenntnis vorbei, daß sie es versuchen mußte. Abgesehen vom Fitneßstudio kam sie nirgendwo mit anderen Menschen in Kontakt. Durch die
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    ständige Einsamkeit schleppte sich die Zeit endlos langsam dahin, und Lacey spürte, daß die Depression sich wie eine düstere Wolke über sie senkte. Mittlerweile graute ihr sogar vor den wöchentlichen Telephonaten mit ihrer Mutter. Jedesmal brach Mona am Ende in Tränen aus, und Lacey hätte vor ohnmächtiger Wut schreien können.
    Nach ein paar Tagen im Fitneßstudio hatte sie es geschafft, sich mit Ruth Wilcox anzufreunden. An ihr hatte sie auch die Geschichte ausprobiert, wie sie nach Minneapolis gekommen war: Ihre Mutter hatte wieder geheiratet und war nach London gezogen. Der Arzt, für den sie gearbeitet hatte, hatte die Praxis aufgegeben. Und sie hatte mit ihrem Freund Schluß gemacht.
    »Er war so jähzornig und sarkastisch«, erklärte sie und dachte dabei an Rick.
    »Die Sorte kenne ich«, sagte Ruth Wilcox. »Aber ich muß Ihnen etwas sagen: Tom Lynch hat sich nach Ihnen erkundigt.
    Ich glaube, er mag Sie.«

    Lacey hatte sich Mühe gegeben, Lynch nicht merken zu lassen, daß sie sich für ihn interessierte. Allerdings hatte sie die Begegnung mit ihm sorgfältig vorbereitet. Sie ging früher zum Joggen, damit sie fertig war, wenn er anfing. Sie meldete sich zu einem Aerobic-Kurs an, der in einem Raum neben dem Laufband stattfand, damit er sie sah, wenn er vorbeilief.
    Manchmal trank er vor dem Nachhausegehen an der Bar noch einen Vitaminshake oder einen Kaffee. Also setzte sich Lacey ein paar Minuten vorher ins Cafe, und zwar an einen Tisch für zwei.
    In der zweiten Woche hatte ihre Strategie endlich Erfolg. Als er in die Bar kam, saß sie allein an einem kleinen Tisch. Alle anderen Tische waren besetzt. Als er sich nach einem freien Platz umsah, trafen sich ihre Blicke. Lacey hoffte auf ihr Glück und deutete auf den leeren Stuhl.
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    Nach kurzem Zögern kam Lynch zu ihr hinüber.
    Lacey hatte Heathers Tagebuch durchforstet und sich jede Stelle notiert, in der Tom Lynch erwähnt wurde. Zum erstenmal hatte Heather vor etwa anderthalb Jahren über ihn geschrieben.
    Sie hatte ihn nach einer Vorstellung kennengelernt.

    Als wir heute im Barrymore's einen Hamburger essen waren, war ein toller Typ dabei. Tom Lynch ist groß, sieht unverschämt gut aus und ist um die Dreißig. Er hat seine eigene Radiosendung in St. Louis, will aber bald nach

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