Sieh dich nicht um
Informationen heranzukommen, habe ich mich unter einem Vorwand mit einer sehr netten, begabten Schauspielerin zum Mittagessen verabredet, mit der ich wirklich gern befreundet wäre. Ich habe sie angelogen, so wie ich jeden anderen, der mir hier in Minneapolis begegnet ist, angelogen habe, mit Ausnahme von George Svenson natürlich. Es liegt in meinem Interesse, alles herauszufinden, was mir helfen könnte, wieder ein normaler, ehrlicher Mensch zu werden. An Ihrer Stelle würde ich lieber Nachforschungen über Rick Parkers Verbindung zu Heather Landi anstellen, anstatt so zu tun, als würde ich Sachen erfinden.«
»Das wollte ich keineswegs andeuten, Miss Farrell. Wir werden diesem Hinweis sofort nachgehen. Aber Sie müssen doch zugeben, daß nicht gerade viele Zeugen aus dem Schutzprogramm zufällig der Freundin einer Verstorbenen begegnen, deren Mutter ermordet wurde, was wiederum der Grund für ihre Aufnahme in das Programm war.«
»Und nicht besonders viele Mütter werden ermordet, weil sie nicht glauben, daß der Tod ihrer Tochter ein Unfall war.«
»Wir befassen uns mit der Sache, Miss Farrell. Bestimmt wurden Sie schon darauf hingewiesen, aber es ist von größter
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Wichtigkeit: Ich bestehe darauf, daß Sie auf der Hut sind und sich nicht verraten. Sie sagen, Sie haben neue Freunde gefunden. Das ist schön, aber überlegen Sie sich genau, was Sie ihnen erzählen. Seien Sie immer und unter allen Umständen vorsichtig. Wenn auch nur ein Mensch erfährt, wo Sie sich aufhalten, müssen wir Sie anderswo unterbringen.«
»Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Mr. Baldwin«, antwortete Lacey. Bei dem Gedanken, daß sie ihrer Mutter von ihrem ne uen Wohnort in Minneapolis erzählt hatte, wurde ihr mulmig.
Als sie auflegte und das Zimmer verließ, hatte sie das Gefühl, als laste das Gewicht der Welt auf ihren Schultern. Baldwin hatte sie nicht ernst genommen. Offenbar glaubte er nicht, daß die Verbindung zwischen Rick Parker und Heather Landi von Bedeutung war.
Allerdings konnte Lacey nicht ahnen, was Bundesstaatsanwalt Gary Baldwin im gleichen Augenblick zu seinen Assistenten sagte, die das Gespräch mitgehört hatten. »Der erste wirkliche Durchbruch! Parker steckt bis zum Hals in der Sache drin.«
Nach einer Weile fügte er hinzu: »Und Lacey Farrell weiß mehr, als sie zugibt.«
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Was Alice betrifft, habe ich mich wohl getäuscht, dachte Tom Lynch, als er nach dem Training im Twin Cities Gym unter der Dusche stand. Vielleicht war sie doch eingeschnappt, weil ich mich auf der Party nicht ständig um sie gekümmert habe. Nun hatte sie sich schon seit zwei Tagen nicht mehr im Fitneßstudio blicken lassen. Und zurückgerufen hatte sie ihn auch nicht.
Aber Kate ha tte sich gemeldet und ihm von dem Mittagessen mit Alice erzählt. Die Verabredung war von Alice ausgegangen, also mag sie wenigstens jemanden aus der Familie, tröstete er sich.
Aber warum läßt sie nichts von sich hören, und sei es nur, um zu sagen, daß sie nicht kann oder meine Nachricht nicht rechtzeitig bekommen hat, um gestern abend mit mir auszugehen?
Er stieg aus der Dusche und trocknete sich ab. Andererseits hatte Kate auch erwähnt, daß Alice gerade einen neuen Job anfing. Vielleicht hatte sie ihn ja deshalb nicht angerufen.
Oder war vielleicht ein anderer Mann im Spiel?
Oder war sie vielleicht krank?
Da Tom wußte, daß Ruth Wilcox' wachsamen Blicken nichts entging, schaute er beim Hinausgehen in ihr Büro. »Alice Carroll ist heute wieder nicht aufgetaucht«, sagte er betont beiläufig. »Oder kommt sie jetzt zu einer anderen Tageszeit?«
Er sah, wie Ruths Augen interessiert aufblitzten. »Ich wollte sie zufällig gerade anrufen und fragen, ob alles in Ordnung ist«, sagte sie. »Seit zwei Wochen ist Alice jeden Tag so brav gekommen, daß ich fürchte, da stimmt was nicht.«
Ruth lächelte verschmitzt. »Ich könnte sie ja jetzt sofort
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anrufen. Wenn sie sich meldet, soll ich ihr dann sagen, daß Sie nach ihr gefragt haben und mit ihr sprechen wollen?«
Du meine Güte! dachte Tom reumütig. Jetzt erfährt es das ganze Fitneßcenter, daß sich zwischen Alice und mir etwas anbahnt. Aber du hast selbst damit angefangen, überlegte er dann. »Sie sind eine richtige Kupplerin, Ruth«, sagte er. »Klar, wenn sie abnimmt, geben Sie sie mir.«
Nach viermaligem Läuten sagte Ruth: »Wie schade. Sie ist nicht zu Hause, aber der Anrufbeantworter ist an. Ich hinterlasse eine Nachricht.«
Ruth sprach aufs Band,
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