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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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rauszuhalten.
    Millionengewinne winkten und dazu noch das prickelnde Gefühl bei der Begrüßung wichtiger Persönlichkeiten, die aufgekratzte Stimmung und das Lärmen der Spielautomaten, die klingelnd eine Flut von Vierteldollarmünzen ausspuckten, so daß sich die Spieler fühlten, als hätten sie das große Los gezogen.
    Jimmy wußte, daß echte Spieler auf die Leute herabblickten, die an den einarmigen Banditen ihr Glück versuchten. Er nicht.
    Er verachtete nur jene, die mit dem Geld anderer Leute spielten.
    Die Leute, die ihr Gehalt verspielten, mit dem sie eigentlich ihre Hypotheken und die Studiengebühren ihrer Kinder hätten bezahlen sollen.
    Aber wer es sich leisten konnte zu spielen – der sollte in seinem Casino ausgeben, soviel er wollte. Das war Jimmy Landis Sicht der Dinge. Seine stolze Behauptung wurde in allen Artikeln über das neue Casino-Hotel zitiert: »Bei mir bekommen Sie bessere Zimmer, besseren Service, besseres Essen und bessere Unterhaltung geboten als irgendwo sonst, sei es in Atlantic City, in Las Vegas oder sogar in Monte Carlo.«
    Die ersten Wochen waren längst ausgebucht. Er wußte, daß einige Leute nur kamen, um sich auf alles zu stürzen, was ihnen nicht gefiel oder was Anlaß zur Klage geben könnte. Nun, sie würden ihre Meinung ändern. Das hatte er sich geschworen.
    Jimmy Landi hatte es schon immer für wichtig gehalten, daß ein Mensch eine Herausforderung hatte, aber er gestand sich ein, daß es für ihn persönlich nie wichtiger war als jetzt. Steve
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    Abbott hatte die Kleinarbeit bei der Vorbereitung des Projekts übernommen, so daß Jimmy den Kopf für das große Ganze frei hatte. Er interessierte sich nicht dafür, wer die Speisekarten druckte oder die Servietten bügelte. Er wollte wissen, was sie kosteten und wie sie aussahen.
    Doch er war nicht recht bei der Sache, sosehr er sich auch bemühte. Seit er am vergangenen Montag die Kopie von Heathers Tagebuch zurückbekommen hatte, ließ es ihn nicht mehr los. Stundenlang brütete er über den Aufzeichnungen seiner Tochter. Hier tat sich ein Tor zu Erinnerungen auf, die er vielleicht lieber ausgeblendet hätte. Das Verrückte daran war, daß Heather das Tagebuch erst angefangen hatte, als sie nach New York zog und eine Karriere im Show-Business begann, aber sie kam immer wieder auf frühere gemeinsame Erlebnisse mit ihm oder ihrer Mutter zu sprechen. Das ganze Tagebuch war zugleich mit Kindheitserinnerungen gespickt.
    Was ihn beim Lesen des Tagebuchs beunruhigte, war die Andeutung, daß Heather Angst vor ihm gehabt hatte. Wie war sie denn nur darauf gekommen? Sicher, er hatte ihr ein paar Mal fast den Kopf abgerissen, so wie er es mit jedem machte, der aus der Reihe tanzte, aber das war doch wirklich kein Grund, Angst vor ihm zu haben. Dieser Gedanke bedrückte ihn.
    Was war das für ein Vorfall vor fünf Jahren, den sie so sorgfältig vor ihm verheimlicht hatte? Immer wieder vertiefte er sich in diese Abschnitte des Tagebuchs. Die Vorstellung, daß jemand Heather übel mitgespielt hatte und ungeschoren davongekommen war, machte ihn verrückt. Noch nach all den Jahren hatte er das Bedürfnis, der Sache auf den Grund zu gehen.
    Auch die Frage, was mit den unlinierten Seiten des Tagebuchs geschehen war, nagte an ihm. Er hätte schwören können, daß er sie gesehen hatte. Zugegebenermaßen hatte er an jenem Abend, als Lacey Farrell ihm die Kopie brachte, nur einen flüchtigen Blick darauf geworfen. Und am nächsten Abend, als er
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    tatsächlich versuchte, darin zu lesen, war er zum ersten Mal seit Jahren betrunken gewesen. Aber diese Seiten existierten, dessen war er sich sicher.
    Die Polizei behauptete, sie hätte die unlinierten Seiten nie erhalten. Vielleicht stimmte das ja. Doch angenommen, ich habe recht und diese Seiten waren ursprünglich vorhanden, überlegte er. Wenn sie nicht jemand für wichtig gehalten hätte, wären sie wahrscheinlich nicht verschwunden. Es gab nur einen Menschen, der ihm die Wahrheit sagen konnte: Lacey Farrell.
    Als sie das Tagebuch für ihn kopiert hatte, war ihr bestimmt aufgefallen, ob die letzten drei Seiten anders aussahen als die vorhergehenden.
    Sie waren fleckig – daran erinnerte er sich dunkel. Jimmy beschloß, Lacey Farrells Mutter anzurufen und sie noch einmal zu bitten, Lacey jene Frage zu stellen, auf die er eine Antwort brauchte: Existierten jene Seiten überhaupt?

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    Lacey wachte auf und warf einen Blick auf die Uhr. Sie hatte an die drei Stunden

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