Sieh dich um: Thriller (German Edition)
sie. Vor allem Spieler, die in der Vergangenheit gut gegen sie gespielt hatten.
O’Hara nickte anerkennend ob des unternehmerischen Geschicks des Ballsportvereins seiner Stadt, das zu unvergleichlichen siebenundzwanzig Titeln in der World Series geführt hatte – den mit Abstand meisten in der Geschichte der Major League. O’Hara selbst war im Verlauf seines Lebens mehr als einmal genauso vorgegangen und hatte mit seinem Geld gekauft, was er zum Gewinnen gebraucht hatte. Eigentlich waren es einfache betriebswirtschaftliche Grundsätze. Das Gesetz des Dschungels. Das Überleben der Reichsten.
Er faltete die Zeitung längs und las die Schlagzeile über der Geschichte des tragischen Todes von Micah Brantley:
NOTLEIDENDER KNICKS-HELD TOT AUFGEFUNDEN
Von Raymond C. Garcia – New York Times
Der frühere Basketballspieler der New York Knicks Micah Brantley wurde gestern Abend in einer Entziehungsklinik in der Fifth Avenue in Manhattan bewusstlos aufgefunden. Vier Stunden später wurde er im Laura Michele Memorial Hospital in Manhattan für tot erklärt.
Vorläufige Bluttests ergaben Hinweise auf Heroin und Kokain in Mr. Brantleys Kreislauf. Das Notarztteam kämpfte mehr als zwei Stunden lang darum, Mr. Brantley wiederzubeleben, doch die Bemühungen erwiesen sich letztendlich als erfolglos. Dr. Mohammed Mobati, der leitende Chirurg und zur fraglichen Zeit im Dienst, kündigte an, dass im Lauf des Tages weitere Tests durchgeführt werden sollen.
Trotz seiner früher hervorragenden körperlichen Verfassung hatte Mr. Brantleys Gesundheit stark gelitten, nachdem er 2004 von der National Basketball Association nach seinem dritten positiven Drogentest lebenslang gesperrt worden war.
Mr. Brantley war achtunddreißig Jahre alt.
Ein kurzer Gedenkgottesdienst ist für Mittwoch, 16 Uhr im Madison Square Garden geplant. Die Öffentlichkeit ist eingeladen. Statt Blumen wird um Spenden für die New Yorker Ortsgruppe von Narcotics Anonymous gebeten.
Der Artikel endete mit den Kontaktinformationen des Reporters und zusätzlichen Details zum Gottesdienst, den zu besuchen O’Hara nicht vorhatte. Soweit es ihn betraf – gut, dass dieser Abschaum weg war. Die Welt war besser dran ohne Typen wie Brantley. O’Hara und Michalovic hatten der Allgemeinheit sogar einen Dienst erwiesen – nicht, dass O’Hara mit Glückwunschanrufen für ihre Bemühungen rechnete. Abschaum hin, Abschaum her, die New Yorker Sportwelt hatte Micah Brantley geliebt und ihn als eine Art Übermenschen in Erinnerung behalten.
Angewidert schüttelte O’Hara den Kopf. Sportfans waren absolut unbelehrbar, und über Geschmack ließ sich bekanntlich streiten. Man hielt zu seinem Team, ging mit ihm durch dick und dünn und liebte es mit allen Fehlern und Unzulänglichkeiten. Kein Wenn und Aber, kein Vielleicht. Alles andere bedeutete nur, dass man nie ein wirklicher Fan gewesen war.
O’Hara warf die Zeitung auf den Schreibtisch, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und dachte über seinen nächsten Zug nach. Fünf Minuten später hatte er seine Antwort für Michalovic parat – und sie war wunderschön. Mehr noch – da sein nächster Zug ein schlagender werden musste, sollte er auch spritzig genug sein, um es zumindest in den B-Abschnitt der New York Times zu schaffen. Ohne Prominentenbonus brauchte O’Hara jede Menge Blut, wenn der in der Zeitung entsprechend weit vorne gebracht werden sollte.
Aber das war kein Problem – die nächste Figur hatte jahrelang in ihrem Durst nach Rache im eigenen Saft gesiedet, was sie in dieser Situation zum idealen Bauern machte. Außerdem schadete es nicht, dass beim Töten abartiger Sex eine entscheidende Rolle spielte. Schließlich lechzte die breite Öffentlichkeit geradezu nach Perversitäten, genauso wie nach den Skandalen ihrer geliebten Sportstars. Wie Pawlowsche Hunde. Warum, wusste niemand so genau. Vielleicht fühlten sie sich selbst dadurch besser – besser als die Menschen, über die sie in den Zeitungen lasen.
O’Hara senkte die Füße zurück auf den Boden und beugte sich auf seinem Sitz vor, um das Telefon vom Schreibtisch zu nehmen. Die Zeit war gekommen, um seine Spielfigur daran zu erinnern, was in jener stürmischen Nacht vor fünfundzwanzig Jahren in ihrer Wohnung in Manhattan geschehen war – und um ihr die Chance zu bieten, endlich die Rache zu üben, nach der sie all die Jahre gedürstet hatte.
Sex verkaufte sich immer, daran bestand kein Zweifel, und jetzt war es an der Zeit,
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