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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
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im Gefängnis tausendfach schlimmer wäre. Ein Prominenter im Knast, darauf standen alle, oder? Für andere Häftlinge wäre eine bekannte Persönlichkeit wie er ein gefundenes Fressen, um sich selbst einen Namen zu machen.
    Aber wer hatte Micah überhaupt mit der Vergewaltigung und der Ermordung dieser dämlichen kleinen Schlampe damals am College in Verbindung gebracht?
    Micah bemühte sich vergeblich, sich die Details der Unterhaltung ins Gedächtnis zu rufen, die er wenige Tage zuvor mit dem geheimnisvollen Anrufer geführt hatte. Leider konnte er sich an kaum etwas erinnern. Die Drogen hatten sein Gehirn in Brei verwandelt. Das Einzige, was von der Unterhaltung hängen geblieben war, das war die Drohung, der Anrufer würde zur Polizei gehen und sämtliche Details darüber ausplaudern, was Micah und seine Freunde in jener Nacht vor fünfzehn Jahren an der Syracuse University in den Frühjahrsferien angestellt hatten. Wie durch ein Wunder war es ihm – trotz des nahezu ununterbrochenen Stroms an Speedballs, die er sich nach dem Telefongespräch in den Kreislauf gejagt hatte – irgendwie gelungen, wenigstens einen Teil der Worte des geheimnisvollen Anrufers lange genug im Gedächtnis zu behalten, um am nächsten Morgen seinen jämmerlichen Hintern aus dem Bett zu hieven und pünktlich in der Entzugsklinik aufzutauchen.
    Die unheilschwangeren Worte des Anrufers hallten erneut durch seine Gedanken.
    Pünktlich um acht Uhr. Es wäre besser für Sie, wenn Sie kommen, Micah. Sonst werden Sie noch beten, es getan zu haben.
    Micah fuhr sich mit der trockenen Zunge über die aufgesprungenen Lippen und nahm all seine Willenskraft zusammen. Er musste bis sechs Uhr abends durchhalten. Dann würde er seinen Cocktail aus Diazepam, Klonapin und Tylenol bekommen, der ihm dabei helfen würde, die unerträglichen Entzugsschmerzen zu überstehen. Das viele Denken bereitete ihm Kopfschmerzen. Das war schon immer so gewesen. Nur noch eine kleine Weile. Dann würde alles wieder in Ordnung sein.
    Micah sah erneut auf die Uhr.
    Dreizehn nach fünf.
    Was denn, nur eine beschissene Minute?
    Gerade, als er glaubte, buchstäblich den Verstand zu verlieren, erklang ein leises Klopfen an seiner Zellentür. Gleich darauf klimperte ein Schlüssel, und die Tür öffnete sich. Es war Smith, der Krankenpfleger, der Micah schon den ganzen Tag mit finsteren Blicken verfolgte. Seit seiner Ankunft in dieser gottverlassenen Anstalt. Ihm folgte eine zierliche blonde Frau, schätzungsweise fünfundvierzig Jahre alt.
    »Ein Paket für dich, du Penner«, knurrte Smith missmutig und schüttelte den Kopf. »Weiß der Geier, wieso du eine Sonderbehandlung bekommst, aber das liegt wohl daran, dass du mal berühmt warst, wie?«
    Die Frau durchquerte die Zelle und reichte Micah einen gelben Luftpolsterumschlag. »Von der Settle Systems Group«, sagte sie, wandte sich um und verließ sogleich wieder die Zelle, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Smith bedachte Micah mit einem letzten mürrischen Blick, bevor er sich ebenfalls in den Korridor zurückzog. »Bis morgen, Großer«, sagte er und hob den Schlüsselbund an, der mit einer silbernen Kette an seinem Gürtel befestigt war. »Vielleicht wischst du dir bis dahin den Schweiß von der Stirn. Man weiß schließlich nie, wann man Damenbesuch kriegt, nicht wahr? Denk dran, Kumpel – für seine Fans sollte man immer gut aussehen.«
    Micah biss die Zähne zusammen, während der Pfleger die Zellentür von außen schloss und absperrte, bevor sich seine Schritte durch den Korridor entfernten. Als endlich nichts mehr von Smith zu hören war, riss Micah den Umschlag mit den Zähnen auf und zog einen vergilbten Zeitungsausschnitt hervor. Es handelte sich um einen Ausschnitt der Sportseite der New York Times . Am oberen Rand prangte über mehrere Spalten in großen Lettern die Überschrift:
    BRANTLEY WUCHTET NEW YORK AN CHICAGO VORBEI – KNICKS ERREICHEN PLAYOFFS
    Micah überflog den Artikel, den er praktisch auswendig kannte. Mit schillernden Worten wurde beschrieben, welche Heldentat er 1998 begangen hatte.
    Unter den Artikel hatte jemand mit violettem Filzstift eine Nachricht gekritzelt:
    VON DEINEM GRÖSSTEN FAN. VIEL SPASS DAMIT. ISS DAS NACH DEM LESEN, SONST KOMMEN KEINE WEITEREN PÄCKCHEN.
    Tränen der Frustration trübten Micahs Sicht, als er einen erneuten Blick in den Umschlag warf. Unten am Boden lag eine Spritze mit einer klaren Flüssigkeit und starrte ihn an.
    Micah blinzelte. Er traute seinen Augen nicht.

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