Sieh dich um: Thriller (German Edition)
angekündigt hatten, nisteten sich in ihrem Schädel ein, und es sah nicht danach aus, als wollten sie in nächster Zeit wieder verschwinden. »Das muss es nicht, Detective Rodriguez«, erwiderte Dana. »Sie können ja nichts dafür. Der Abdruck bringt uns trotzdem ein ganzes Stück weiter; damit haben wir wesentlich mehr als vorher. Vielen Dank für Ihre Zeit. Sie waren uns eine große Hilfe – ehrlich.«
Dana sah Brown an. »Können wir gehen?«, fragte sie gepresst.
»Sicher«, antwortete Brown und bedachte sie mit einem fragenden Blick. »Wohin als Nächstes?«
Dana atmete tief durch. »Wir wenden uns an die Medien. Ich denke, es ist an der Zeit, die Öffentlichkeit einzuschalten. Ich sehe keine andere Möglichkeit mehr.«
Brown wirkte wieder völlig professionell, und Dana war froh, ihren Partner zurückzuhaben. Wollte sie sich selbst gegenüber ehrlich sein, musste sie zugeben, dass sie ein wenig eifersüchtig geworden war, als sie beobachtet hatte, wie er sich ins Zeug legte, um Mariel Rodriguez zu beeindrucken. »Ich bin dabei«, sagte er.
Sie bedankten sich erneut bei Rodriguez und verließen das Labor durch dieselbe große Glastür, durch die sie gekommen waren. Als sie fünf Minuten später aus dem weitläufigen Gebäude hinaus in die Nachmittagssonne traten, schirmte Dana mit einer Hand die Augen ab, während sie mit der anderen ihr Mobiltelefon aufklappte und eine Nummer eintippte. Vor ihnen, am Fuß der Stufen, strömten Menschen vorbei.
Bereits nach dem ersten Klingelzeichen meldete sich eine vertraute Stimme. »Ray Garcia hier, New York Times . Was kann ich für Sie tun?«
Dana atmete tief ein, und der unverwechselbare Duft von Hotdogs stieg ihr in die Nase. Keine zehn Meter entfernt stand ein Verkaufswagen. Ihr Magen grummelte laut und erinnerte sie daran, dass sie und Brown den ganzen Tag noch nichts gegessen hatten, doch sie zwang sich, es zu ignorieren. Jetzt war keine Zeit zum Essen. Das war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnten. Im Schnellverfahren informierte sie Garcia über ihre und Browns jüngste Entdeckung, das Foto des Jungen in der Schachbiografie über Amos Burn. Von allen Reportern, mit denen Dana bisher im Verlauf der Ermittlungen zu tun gehabt hatte, war Garcia derjenige, dem sie am meisten vertraute, bei dem sie sich am besten aufgehoben fühlte, auch wenn er sich hin und wieder ausgesprochen kindisch benehmen konnte – insbesondere, wenn er meinte, nicht genügend Informationen von ihnen zu bekommen. Aber der Bursche war zumindest fair, was wesentlich mehr war, als sie über Nick Brandt von der New York Post sagen konnte.
»Wie lange dauert es, bis Sie das Bild auf Ihrer Webseite haben können?«, fragte Dana.
»Wie lange brauchen Sie, um es in meine Redaktion zu übertragen?«
»Fünf Minuten.«
»Geben Sie mir zehn, und es ist auf der Homepage der Zeitung.«
»Großartig. Danke, Ray.«
»Im Gegenteil, ich danke Ihnen, Agent Whitestone. Ich bin Ihnen sehr verbunden. Meine Bosse sitzen mir wegen dieses Falls pausenlos im Nacken. Beinah, als hätten sie vergessen, wie es als Reporter im Außeneinsatz ist.«
Dana lachte freudlos – sie wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis auch ihr und Brown ihr Boss wegen dieses Falls im Nacken sitzen würde. Zweifellos bekam FBI-Direktor Bill Krugman jeden Morgen während der Lagebesprechung einiges vom Präsidenten der Vereinigten Staaten zu hören. Früher oder später würde er den Druck an Brown und Dana weitergeben – ohne Glacéhandschuhe. »Kommt mir bekannt vor, Ray«, antwortete Dana.
Garcia brummte in den Hörer. »Ich erwarte das Foto also in meinem E-Mail-Postfach, in Ordnung?«
»Ja. Ich schicke es gleich durch.«
Dana beendete das Gespräch mit Garcia und startete das E-Mail-Programm ihres Mobiltelefons, um die Bilder an Garcia weiterzuleiten, die der Tatortfotograf am Morgen in der Wohnung der Toten geschossen hatte. Als sie fertig war, schloss sie die Augen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Dinge würden sich gehörig ändern – so oder so. Sie konnte nur hoffen, dass sie sich zum Besseren wenden würden – um des Jungen willen, wo immer er im Augenblick sein mochte.
Brown telefonierte selbst auf seinem Handy, als Dana ihres in die Tasche zurückschob und tief seufzte. Er schaute nicht auf. »Ich habe mitgehört, Dana«, sagte er, während er auf die Tasten tippte und konzentriert die Stirn in Falten legte. »Der Zeichner hat die Phantomzeichnung des Jungen fertig, wie er
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