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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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gegangen sein sollte. Ich schaute auf den Tisch. Irgend etwas mußte in diesen Chips gespeichert sein, das all den Aufwand wert gewesen war, irgendein erstklassiges kleines Programm. Aber wenn das der Fall war, und wenn das hier Eproms waren, die auf dem Tisch glitzerten wie Regentropfen im Sonnenschein, dann waren es nicht die, die Pal in Wirklichkeit haben wollte. Die, die er in Wirklichkeit haben wollte, waren in der Segeltuchtasche, die an meiner Stuhllehne hing.
    Ich und Charlie — von Sano nicht zu reden, der es anderweitig verdient hatte — , wir hatten für diese Dinger gelitten, und jetzt hätte ich hinter mich greifen und hinausspazieren können, während diese beiden Kerle sich gegenseitig nach Knutschflecken absuchten. Shinichro kam mit seiner Zigarette sehr gut zurecht; er war eine Studie in verachtungsvoller Nonchalance. Aber Pal hatte wieder angefangen zu lächeln, und es war dieses folkloristische Grinsen, das einem ankündigte, man werde demnächst eine Mistgabel zwischen die Augen bekommen, und das kaum jemals zu einem Lachen wurde.
    »Wo ist der Testchip?« fragte Pal und tippte auf ein fehlendes Viereck in einer Packung. Jede Wafer mit Siliziumchips hatte ein paar Testchips zur Qualitätskontrolle. Shinichro sagte nichts und bewegte sich nicht, und Pal grinste und sagte: »Kao, Japan. Großes Kao für Sie.«
    Wieder zeigte Shinichro keine sichtbare Reaktion. Seine Ellbogen blieben wie angewurzelt auf dem Tisch. Eine Minute kroch dahin, bis Pal sich abwandte und mit ausladender, großspuriger Geste etwas Salz verlangte. Die winzige Kellnerin eilte herbei, war in Sekundenschnelle am Tisch und wieder weg, und wir waren allein. Pal nahm den zierlichen Glasstreuer und begann, sich langsam Salz in die Hand rieseln zu lassen; er sah zu, wie es herabfiel und sich in der Mulde seiner Handfläche anhäufte, bis er langsam die Finger darum schloß und es aus der Faust auf die Tischdecke rinnen ließ. Zarte, weiße Kristalle flössen hervor wie der Sand der Zeit und überkrusteten die glatte Fläche zwischen ihm und Shinichro, der völlig bewegungslos dasaß und nichts sagte.
    » Kao auch für mich, und in diesem Geschäft, glauben Sie mir, zählt das eine ganze Menge«, sagte Pal und verteilte das Salz mit seiner breiten, schaufelfingrigen Hand in kleinen Wellen. Shinichros Blick blieb fest und hart, auch als Pal in die Hände klatschte und ein paar letzte Körnchen von seinen Handflächen rieb, sie reinigte, alle noch übrigen Teufel vertrieb. Noch ein bißchen Salz, noch ein bißchen Schweigen, Shinichros Blick noch ein bißchen fester, Pals freundliches Grinsen noch ein bißchen starrer, mein Gaumen noch ein bißchen trockener. Shinichro regte sich als erster; er langte behutsam zu dem Glasaschenbecher neben mir hinüber und rieb die Zigarette methodisch hin und her, um sie restlos auszumachen, bevor er mit den gespreizten Fingern an der Tischkante entlangstrich, bis seine Hände schulterweit auseinander waren. Pals Ton klang vernünftig und gutgelaunt.
    »Und Dollars außerdem. Ich kriege Dollars. Japan. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie auch nur einen Yen dafür kriegen, aber ich, ich kriege Dollars. Ich kriege ein Gratisticket, um von hier zu verschwinden. Und einen guten Fick kriege ich außerdem.«
    Es gab einen Moment, da ihre Blicke sich trafen und die beiden Männer Bescheid wußten, aber Shinichro war nicht schnell genug. Es war schließlich nicht sein Gewerbe; es war Pals. Shinichro bewegte sich mit wilder Kraft aufwärts und vorwärts, aber das blitzende Messer, das so geschwind in Pals Hand erschienen war, faßte seine Lippe und schlitzte ihm die narbige Wange von innen zu einem schrecklichen, rohen Grinsen aus Fleisch und Blut auf. Pal wollte noch einmal zustoßen, aber diesmal packte ich seinen Arm mit beiden Händen und klammerte mich fest, warf mich mit meinem Gewicht dazwischen, so heftig ich konnte, und trotzdem hob Pal mich vom Stuhl und riß seinen Arm aus meiner Umklammerung. Beinah sofort sprang ich auf und stieß den Tisch um, und starr vor Entsetzen fand ich mich plötzlich zwischen den beiden Männern; der eine lehnte sich hilflos zurück, und das Blut floß ihm über die Brust, wie vergossene Farbe an einer Wand herunterläuft, und der andere hantierte blitzschnell mit rasiermesserscharfer Klinge. Es war ein idiotischer Akt spontaner Tapferkeit, den ich nicht noch einmal wiederholen möchte. Pal ging in die Hocke und packte die grün-goldene Plastiktüte, die vom

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